Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

20.01.2013, 08:00 Uhr


Er hat sich zu Wort gemeldet und wurde deutlich: Apotheker Dr. Hans-Rudolf Diefenbach, seines Zeichens stellvertretender Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbandes, hatte den Mut, Strukturen zu hinterfragen, denen er selbst angehört: die ABDA. Es sind die Fragen, die sich aus dem Datenskandal um den Ex-ABDA-Pressesprecher ergeben, Fragen, die mit dem Vertrauen in Strukturen unserer Berufsvertretung zu tun haben. Passend dazu, ein Bericht in der Berliner „tageszeitung“ (taz) vom Samstag, die die Suppe am Kochen hält: Unter der Überschrift „Datenklau Apothekerlobby – die Komplizen des Maulwurfs“ rollt sie die Datenklau-Affäre um den IT-Mitarbeiter im Gesundheitsministerium und dem Ex-ABDA-Pressesprecher erneut auf. Ihre Frage: Hat die ABDA doch vom Datenklau profitiert?

14. Januar 2013

Wird sie zur Mission Impossible, die Ausschüttung der Nachtdienst-Millionen an die Apotheker? Ich vertrau’s Dir mal an, liebes Tagebuch: Irgendwie beschleicht mich ein ungutes Gefühl bei diesem Thema. Und die Sorge, dass das Ganze ein Schuss in den Ofen wird. Wenn man da hört, dass Bundesinnen- und Bundesjustizministerium bereits wieder mauern und meinten, die Apotheker bekämen genügend Honorar, wenn man sieht, dass bis heute kein Referentenentwurf vorliegt und man den Vorschlag der Apotheker zur Verteilung zu ignorieren scheint, dann macht das nicht gerade Hoffnung.

Von Anfang an war in dieser Zusage der Politik der Wurm drin. Denn die Zusage war nett gemeint, aber ziemlich spontan und nicht durchdacht. Jetzt steht sie im Raum – und sie ist eine Zusage, die eingelöst werden muss. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Willi Zylajew will jetzt ran und das Problem lösen. Hoffentlich!

Die Realität im Web holt verkrustete Strukturen ein: Die „Pille danach“ bekommt man ohne großes Procedere vom Online-Doktor Dr. Ed aus England, per Express nach Hause, für 35 Euro inklusive Beratung. Wenn das kein Schnäppchen ist.

Das haben die Gynäkologenverbände in Deutschland nun davon. Ihr Mauern gegen die Freigabe der Pille erzeugt neue Strukturen. Mauern hat noch nie geholfen.

Schade, dass sich die Apotheker nicht schon längst für eine Freigabe eingesetzt haben: die Pille danach, ohne Rezept, vom Apotheker mit Beratung. Aber, liebes Tagebuch, da gibt es auch unter den Apothekerinnen und Apothekern einige, denen der Status quo lieber ist nach dem Motto: besser keine Verantwortung übernehmen. Aber das bringt uns nicht weiter.

Wie es der Zufall will, liefert die Realität auch gleich ein Beispiel, das zeigt, dass es besser wäre, wenn es das Notfallkontrazeptivum aus der Apotheke gäbe: Der betäubten und vergewaltigten Frau aus Köln, die von zwei katholischen Krankenhäusern abgelehnt wurde und dort keine „Pille danach“ erhielt, wäre Leid und Demütigung erspart geblieben, wenn sie das Notfallkontrazeptivum in der Apotheke hätte erwerben können. Jetzt macht sich die SPD dafür stark, dass das Thema rasch in den Bundestag kommt. Ein Zeichen der Apotheker wäre da richtig, liebes Tagebuch: Wir stehen bereit, wir beraten und: Die Abgabe des Notfallkontrazeptivums über die Apotheke ist sicher. 

15. Januar 2013

Schluss mit dem Schwebezustand. Ende Januar soll die endgültige Entscheidung fallen: Muss die Pharmazie in Leipzig schließen? Seit einem Jahr geht es zwischen dem Sächsischen Wissenschafts-, dem  Sächsischen Sozialministerium und der Unileitung hin und her. Neben Weiterführung und Schließung ist sogar noch die Option einer Kooperation mit Halle ins Spiel gekommen. Klar, liebes Tagebuch, eigentlich darf es nur heißen: Weiterführung. Alles andere wäre falsch oder ein Zeichen gegen die Pharmazie in Deutschland. Wir brauchen mehr Pharmazeuten in Deutschland.

16. Januar 2013

Ein Eckpunktepapier liegt vor zum ABDA-KBV-Modell – nach gut einem Jahr. Na, das geht ja mit Riesenschritten voran beim Modellprojekt Sachsen-Thüringen. Was meinst du, liebes Tagebuch, werden die ersten Apotheken dann wohl im Jahr 2017 oder gar schon 2016 die ersten Wirkstoffverordnungen beliefern dürfen? Das wäre fast ein atemberaubendes Tempo. Aber wir wollen nicht so despektierlich sein. Denn: „Mit jedem Schritt werden die Hürden höher“ bei diesen Verhandlungen. Was das bedeutet, kann man nur erahnen.

Da hängen sie, die Nacht- und Notdienst-Millionen, vor Apothekers Augen wie die Wurst vorm Hund – und noch immer keine Lösung für die Umsetzung. Da wird es auch der ABDA zu bunt. Sie droht mit bundesweiten Protesten, wenn die Regierungskoalition bis Mitte Februar keine Lösung zur Umsetzung der Nacht- und Notdienstpauschale gefunden hat. Ein Scheitern sei nicht hinnehmbar, so ABDA-Präsident Schmidt: „Das Geld wollen wir haben.“ Und falls die Regierung nicht weiß wie: die Apotheker haben eine Lösung. Nämlich: Zertifizierung der Dienste, ein Zertifikat berechtigt zur Abrechnung. So einfach. Ob das der Politik gefällt? Oder den Kassen, die den Dienst zahlen sollen?

Nächste Baustelle: der Kassenabschlag. Verhärtete Fronten zwischen den Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband. Eine einvernehmliche Lösung gibt es nicht. Die Apothekenrechenzentren rechnen seit 1. Januar mit einem Kassenabschlag von 1,75 Euro, die Kassen haben rechtliche Schritte dagegen angekündigt. Irgendwann wird ein Schiedsverfahren klären, wie hoch der Abschlag definitiv sein wird. Es ist gut, liebes Tagebuch, dass der Deutsche Apothekerverband, die ABDA nun nicht eingeknickt sind vor den angedrohten rechtlichen Schritten der Kassen. Jetzt stehen wir das mal durch.

17. Januar 2013

Noch konnte es nicht zu einem Antrittsbesuch unseres neuen ABDA-Präsidenten Schmidt bei Bundesgesundheitsminister Bahr kommen. Aber am morgigen Montag werden sich die beiden voraussichtlich begegnen, bei einem Termin der Apobank. Schmidt will das Dilemma um die Nacht- und Notdienstpauschale ansprechen. Gut so. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

18. Januar 2013

Diefenbach redet Klartext und fragt: „Ist die ABDA noch zeitgemäß?“ Der stellvertretende Vorsitzende des hessischen Apothekerverbands Dr. Hans-Rudolf Diefenbach fordert eine grundlegende Reform der ABDA-Strukturen: „Die ABDA verspielt in dieser Form ihre Existenzberechtigung. Sie sollte aufgelöst und durch andere Organisationsformen ersetzt werden.“ Deutlicher geht’s nimmer. Ob die ABDA gleich aufgelöst werden muss oder ob man vielleicht über Änderungen bestehender Strukturen reden kann, darüber sollte man durchaus nachdenken. Konkretes  Beispiel: Muss es wirklich noch 34 Mitgliedsorganisationen geben, die in allem mitreden dürfen. In einer Zeit der schnellen Nachrichten und Medien, in der eine Berufsvertretung rasch reagieren muss, muss eine Organisation flexibel und ebenso schnell reagieren. Wenn jeder seinen Senf dazu geben darf, dann sieht man am Ende die Wurst nicht mehr.

Und, liebes Tagebuch, Diefenbach spricht auch aus, was uns alle umtreibt: Wo bleibt die versprochene Aufklärung der Bellartz-Affäre? Seit Weihnachten ist praktisch keine Information mehr an die interessierte Berufsöffentlichkeit gelangt. Rasche Transparenz sieht anders aus. Es geht um nicht unerhebliche Summen.

Eine Art Quittung für die schleppende Aufklärung erhält die ABDA nun mit dem Bericht in der Berliner „tageszeitung“ (taz), die den ganzen Schlamassel erneut aufrollt. Und sogar die Frage stellt, ob die ABDA doch in den Datenklau verwickelt war. Bei einem Treffen von Bundesgesundheitsministerium (BMG) und ABDA soll dem taz-Bericht zufolge einem BMG-Mitarbeiter aufgefallen sein, dass ein ABDA-Mann ein Papier zur Apothekenbetriebsordnung dabei hatte, das eigentlich bis dato nur ministeriumsintern zirkulieren durfte. Das wirft ein böses Licht auf die Affäre. Der taz-Bericht zeigt auch: Sollte die ABDA je den Gedanken gehabt haben, mit Aussitzen wird’s einfacher, dann irrt sie.  Am besten: Alles auf den Tisch, jetzt, sofort.

Liebes Tagebuch, beschleicht dich da aber nicht auch so ein Gefühl, dass bei der ABDA erst mal ein wenig herumrechnet und überlegt wird, was man denn transparenterweise an die Öffentlichkeit gibt und was man lieber unterm Teppich halten will? Was man an Fehlern eingestehen will und was man lieber aussitzen möchte? Ist es nicht per se schon ungut, dass solche Gedanken überhaupt aufkommen? Letztlich heißt das Zauberwort doch: Vertrauen. Lässt es sich zurückgewinnen? 


Peter Ditzel


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