Neuordnung des Arzneimittelmarktes

Vorschläge zur Präzisierung der Substitutionspflicht

Berlin - 31.05.2010, 12:12 Uhr


Für das geplante Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der GKV liegt nun ein erster Diskussionsentwurf vor. Unter anderem ist darin vorgesehen, die Voraussetzungen für die Austauschverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 SGB V präziser zu fassen.

Vor allem im Zusammenhang mit den AOK-Rabattverträgen sorgt der gegenwärtige § 129 Abs. 1 SGB V für heftige Auseinandersetzungen: Wann kann man vom „gleichen Indikationsbereich“ für zwei Arzneimittel sprechen? Reicht es – bei Vorliegen der übrigen Substitutionsvoraussetzungen –, wenn sie zumindest für ein gemeinsames Anwendungsgebiet zugelassen sind? Oder müssen die Indikationsbereiche gänzlich übereinstimmen? Muss die Packungsgröße nummerisch identisch sein - oder genügt die Übereinstimmung der Normgröße? Die Apothekerschaft hat das Bundesgesundheitsministerium schon mehrfach aufgefordert, hier für Klarheit zu sorgen.

Im nun vorliegenden ersten Diskussionsentwurf schlägt sich das Gesundheitsministerium auf die Seite der Kassen. Dort heißt es: Bei der Abgabe eines Arzneimittels „haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt; als identisch gelten dabei Packungsgrößen mit dem gleichen Packungsgrößenkennzeichen nach der Rechtsverordnung nach § 31 Absatz 4.“

Ergänzend wird die genannte Rechtsverordnung – die Packungsgrößenverordnung – geändert. Hier ist derzeit vorgesehen, dass Arzneimittel ein Packungsgrößenkennzeichen entsprechend der Dauer der Therapie, für die sie bestimmt sind, erhalten. Genaue Stückzahlen werden nicht vorgegeben. Vielmehr wird klargestellt, dass geringfügige Abweichungen in der Packungsgröße nicht zu einer Aufhebung der Substitutionspflicht führen. N1-Packungen sind demnach für die Akuttherapie oder zur Therapieeinstellung mit Anwendungseinheiten für eine Behandlungsdauer von zehn Tagen. Dies soll auch für Packungen gelten, deren Anzahl von einzelnen Anwendungseinheiten um nicht mehr als 20 Prozent hiervon abweicht. Packungen für die Dauertherapie, die einer besonderen ärztlichen Begleitung bedarf (N2), dürfen eine Anzahl von einzelnen Anwendungseinheiten für eine Behandlungsdauer von 30 Tagen enthalten. Hier soll eine Abweichung von bis zu 10 Prozent nach oben oder unten möglich sein.  Mit N3 werden Packungen für die Dauertherapie gekennzeichnet, die für eine Behandlungsdauer von 100 Tagen vorgesehen sind – hier reduziert sich die zulässige Schwankung auf 5 Prozent. Das Nähere zur Ermittlung der Packungsgrößen soll das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information bestimmen.

In der Begründung des Diskussionsentwurfs heißt es, durch die vorgesehenen Änderungen würden Umgehungsmöglichkeiten bei der Substitutionspflicht und insbesondere von Rabattverträgen verhindert. Ob die in der Fachinformation aufgeführten Anwendungsgebiete abschließend übereinstimmen, ist aus Sicht des Ministeriums unerheblich: Aufgrund der besonderen Voraussetzungen für die Zulassung von wirkstoffgleichen Arzneimitteln nach § 24b Arzneimittelgesetz sei sichergestellt, dass diese Arzneimittel sowohl mit dem Referenzarzneimittel als auch untereinander austauschbar sind. Um die Zulassung als Generikum zu erhalten, sei es erforderlich, dass ein Arzneimittel die gleiche Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und die gleiche Darreichungsform aufweist und die Bioäquivalenz durch Bioverfügbarkeitsstudien nachgewiesen wurde. „Somit ist bereits auf Grund der Zulassung davon auszugehen, dass Generika die gleiche Wirksamkeit in all den Anwendungsgebieten aufweisen, für die das Referenzarzneimittel zugelassen wurde und ein gleiches Sicherheitsprofil aufweisen“, heißt es in der Begründung.

Dass man bei der Frage der identischen Packungsgröße nicht auf feste Stückzahlen setzt, soll pharmazeutische Unternehmer von findigen Gestaltungen der Packungsgröße zwecks Umgehung von Rabattverträgen abhalten.  


Kirsten Sucker-Sket


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