Geschmackswahrnehmung

Calciumkanäle haben Geschmack

14.01.2010, 06:50 Uhr


Calcium kommt einem beim Thema Geschmack nicht unbedingt als erstes in den Sinn. Wie japanische Wissenschaftler nun herausgefunden haben, spielen Calciumkanäle auf der

Die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter werden über entsprechende Rezeptoren direkt vermittelt. Auch die so genannte fünfte Geschmacksrichtung umami, die vor allem von Glutamat vermittelt wird, ist rezeptorabhängig. Daneben gibt es aber noch weitere Verbindungen, die zwar nicht selbst schmecken, aber den Geschmack von Speisen modulieren (so genannter Kokumi-Effekt). Für sie kennt man bislang keine entsprechenden Rezeptoren. Wie die Geschmacksmodulation vor sich geht, ist noch weitgehend unerforscht. Für die Lebensmittelindustrie wäre das Wissen darum hoch interessant. Könnte man den Kokumi-Effekt gezielt hervorrufen, ließen sich z. B. Lebensmittel herstellen, die nur ein Minimum an Zucker oder Salz enthalten, aber dennoch süß bzw. salzig schmecken.

Japanische Wissenschaftler sind dem Mechanismus der Geschmacksmodulation nun ein Stück weit auf die Spur gekommen. Ausgehend davon, dass Calciumkanäle auf der Zunge nahe an den Rezeptoren für süß und umami lokalisiert sind und dass Glutathion, das an der Vermittlung des Kokumi-Effekts beteiligt ist, mit Calciumkanälen interagiert, nahmen die Wissenschaftler diesen Kanaltyp genauer unter die Lupe. Sie entwarfen verschiedene kleine Moleküle, die Glutathion ähnelten und untersuchten, wie stark sie Calciumkanäle aktivierten. Anschließend setzten sie die Moleküle aromatisiertem Wasser (süß, salzig etc.) zu und ließen geschulte Geschmackstester die Geschmacksintensität einschätzen. Die Ergebnisse zeigten einen klaren Zusammenhang: Je stärker eines der Moleküle die Calciumkanäle aktivierte, desto stärker beeinflusste es auch den Geschmack der Wasserproben. Um das Ergebnis zu überprüfen, untersuchten die Studienautoren anschließend verschiedene bekannte Calciumkanalaktivatoren, darunter auch Calcium selbst, und fanden bei allen eine gewisse Geschmacksverstärkung. Durch die Gabe eines synthetischen Calciumkanalblockers ließ sich der Geschmack dagegen verringern.

Quelle: Ohsu, T. et al.: J. Biol. Chem. 2010; 285 (2): 1016-1022


Dr. Beatrice Rall


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