Welt-Aids-Tag 2009

Neue Targets für Impfung und Therapie

Berlin - 24.11.2009, 07:00 Uhr


Jährlich infizieren sich weltweit etwa 2,7 Millionen Menschen mit HIV. In den Industrienationen können die Infizierten dank neuer Therapien ein fast normales Leben führen. Diese Fortschritte haben bei uns dazu geführt, dass

Wer sich heute in Deutschland mit HIV infiziert, kann mit einer annähernd normalen Lebenserwartung rechnen, muss sich aber darauf einstellen, sein gesamtes Leben lang ein- bis zweimal täglich Medikamente einzunehmen. Moderne antiretrovirale Arzneimittel setzen an verschiedenen Punkten an.

Reverse-Transkriptase-Inhibitoren hemmen das Enzym Reverse Transkriptase und verhindern die Umschreibung der einsträngigen viralen RNA in eine doppelsträngige DNA. Integrase-Inhibitoren hemmen die Integrase, neben der Reversen Transkriptase und der Protease eines der essenziellen Enzyme, die das HI-Virus für seine Replikation und Ausbreitung im menschlichen Körper benötigt. Protease-Inhibitoren hemmen das Virus-Enzym, das die Virusproteine auf die richtige Länge schneidet und verhindern dadurch, dass neue HIV-Viren zusammengesetzt werden.

Andere Wirkstoffe verhindern das Andocken des Virus an die Zelle, indem sie beispielsweise Rezeptoren oder Korezeptoren an der Zelloberfläche blockieren, die HIV benötigt, um den Prozess des Eindringens vorzubereiten. Unter dem Oberbegriff Entry-Inhibitoren werden Attachment-Inhibitoren, Korezeptor-Antagonisten und Fusionsinhibitoren zusammengefasst.

In der Regel werden antiretrovirale Arzneimittel in Kombinationen eingesetzt, weil das Virus ansonsten durch Mutationen rasch resistent wird. Im Idealfall wird die Bildung neuer Viren durch die Therapie vollständig unterdrückt, und die Zahl der freien Viren im Blut, die Viruslast, nimmt ab. Im optimalen Fall ist HIV nicht mehr nachweisbar, und die Zahl der Helferzellen nimmt zu, das Immunsystem erholt sich.

Einen Impfstoff gegen HIV gibt es immer noch nicht. Im Oktober 2009 wurden im Wissenschaftsmagazin Science bislang unbekannte Antikörper gegen das HI-Virus beschrieben, die einen neuen Ansatzpunkt für die Impfstoffherstellung schaffen. US-Forscher haben im Blut eines Langzeit-HIV-Infizierten zwei Breitband-Antikörper gefunden, die vermutlich erklären, warum der Mann auch ohne Therapie nicht an Aids erkrankt. Die neu entdeckten Antikörper binden an ein Epitop des Oberflächenproteins gp120 und neutralisierten im Laborversuch mehr als 75 Prozent aller HI-Viren. Die Forscher hoffen, mit diesem Epitop einen möglichen Ansatzpunkt für einen Impfstoff gefunden zu haben. Ob ein Impfstoff mit diesem Bestandteil allerdings auch bei anderen Menschen in der Lage ist, die Breitband-Antikörper zu bilden, die sie bei einer Infektion vor einer Erkrankung schützen würde, bleibt abzuwarten.

Quellen/Literatur
Pressematerial der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der Deutschen Aids-Stiftung und der Deutschen Aids-Hilfe e.V. zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember.
Pozniak A, Arribas JR, Walmsley S, Satellitensymposium: Initiating HIV therapy: open a world of possibilities; Köln, 11.
November 2009, 12. Europäischer Aids-Kongress, veranstaltet von MSD Sharp & Dohme GmbH, Haar.
Walker LM, Phogat SK, Chan-Hui PY, et al.: Broad and potent neutralizing antibodies from an african donor reveal a new HIV-1 vaccine target. Science 2009:326(5950); 285–9.


Dr. Bettina Hellwig