Arzneimittel und Therapie

Direkte orale Antikoagulanzien im Vergleich

Apixaban punktet mit geringerem Risiko für gastrointestinale Blutungen

In einer multinationalen Kohortenstudie wurde die Sicherheit direkter oraler Antikoagulanzien (DOAK) in der Therapie von Patienten mit Vorhofflimmern untersucht. Darin eingeschlossen waren auch Patienten über 80 Jahre sowie solche mit chronischen Nierenerkrankungen. ­Apixaban wies in allen untersuchten Patientenkollektiven und im direkten Vergleich mit anderen DOAK ein geringeres Risiko für gastrointestinale Blutungen bei ansonsten ähnlichem Risikoprofil auf.

Der Einsatz direkter oraler Antiko­agulanzien hat in den letzten Jahren zugenommen, da im Gegensatz zu Vit­amin-K-Antagonisten aufwendige Gerinnungskontrollen entfallen und das Einnahmeschema einfacher ist. Obwohl auch aktuelle Leitlinien den Einsatz von Apixaban (Eliquis®), Dabigatran (Pradaxa®), Edoxaban (Lixiana®) und Rivaroxaban (Xarelto®) bei der Neueinstellung von Patienten mit Vorhofflimmern dem Einsatz von Vit­amin-K-Antagonisten vorziehen, gibt es bislang keine Auswahlkriterien, welcher Wirkstoff zu bevorzugen ist. Von der aktuellen Studie können erstmalig Hinweise auf großer Datenbasis zum Sicherheitsprofil der Substanzen in direktem Vergleich zueinander und unter Berücksichtigung der Dosierung, des Patientenalters sowie der Nierenfunktion abgeleitet werden.

Großes Patientenkollektiv

In der Studie wurden anonymisierte Patientendaten aus Frankreich, Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den USA aus elektronischen Datenbanken verwendet. Der Beobachtungszeitraum wurde definiert von Januar 2010 (bzw. 2012 für die fran­zösische Datenbank) bis Dezember 2019. Einschlusskriterien waren ein neu ­diagnostiziertes Vorhofflimmern und ein Alter von mindestens 18 Jahren. Ausgeschlossen wurden unter anderem Patienten, die jemals eines der untersuchten DOAK eingenommen oder bis zu 180 Tage vor Studienbeginn ein anderes orales Antikoagulans erhalten hatten, sowie Patienten mit Mitralklappenstenose, Hyper­thyreose oder mechanischen Herzklappen.

Die Einteilung der 527.226 Patienten in Gruppen erfolgte nach der Erstverordnung eines direkten oralen Antikoagulans. Innerhalb der Studie wurden Apixaban (n = 281.320), Dabigatran (n = 61.008), Rivaroxaban (n = 172.176) und Edoxaban (n = 12.722) jeweils paarweise miteinander verglichen. Endpunkte waren ischämischer Schlaganfall oder systemische Embolie, intra­kranielle Hämorrhagie, gastrointestinale Blutungen sowie die ­Gesamtmortalität.

Keine Unterschiede bei anderen Endpunkten

Für Apixaban ergab sich ein geringeres Risiko für gastrointestinale Blutungen im Vergleich zu Dabigatran (Hazard Ratio [HR] = 0,81; 95%-Kon­fidenzintervall [KI] = 0,70 bis 0,94), Edoxaban (HR = 0,77; 95%-KI = 0,66 bis 0,91) und Rivaroxaban (HR = 0,72, 95%-KI = 0,66 bis 0,79). Aus anderen Studien war dieses geringere Risiko unter Apixaban im Vergleich mit anderen DOAK bereits bekannt – erstmalig wurde es in dieser Studie auch im Vergleich zu Edoxaban gezeigt. Hinsichtlich der anderen Endpunkte konnten keine substanziellen Unterschiede zwischen den verschiedenen direkten oralen Antikoagulanzien gefunden werden. Bei Patienten, die 80 Jahre und älter waren (n = 101.397), waren die Ergebnisse konsistent. Ein geringeres Risiko für gastrointestinale Blutungen unter Apixaban versus Rivaroxaban sowie Apixaban versus Dabigatran konnte auch für Probanden mit einer chronischen Nieren­erkrankung (n = 71.430) gezeigt werden. Bezüglich der anderen Endpunkte gab es in dieser Subgruppe keine Unterschiede zwischen den verschiedenen direkten oralen Antikoagulanzien.

Geringere Dosierung bei Rivaroxaban problematisch?

Erhielten Probanden eine niedrigere Dosierung eines direkten oralen Antikoagulans als die Standarddosierung, so zeigte sich ein geringeres Risiko für einen ischämischen Schlaganfall oder eine systemische Embolie unter Apixaban versus Rivaroxaban (HR = 0,68, 95%-KI = 0,46 bis 1,01) sowie ­unter Dabigatran versus Rivaroxaban (HR = 0,67, 95%-KI = 0,49 bis 0,94). Dieses Ergebnis wirft die Frage auf, inwieweit geringere Dosierungen von Rivaroxaban geeignet sind, um Schlaganfälle effektiv zu vermeiden. Die Studienautoren schlagen vor, Patienten mit niedrigeren Dosierungen von Rivaroxaban deshalb sorg­fältig zu überwachen, bis durch weitere Studien Klarheit in dieser Frage gewonnen wird.

Es wird sich zeigen, inwieweit den Ergebnissen dieser breit angelegten Studie in Zukunft Rechnung getragen wird und ob in Zukunft Apixaban zu dem führenden Antikoagulans bei der Behandlung des Vorhofflimmerns werden wird. |

Literatur

Lau WCY et al. Comparative effectiveness and safety between apixaban, dabigatran, edoxaban, and rivaroxaban among patients with atrial fibrillation. Ann Intern Med 2022;175(11):1515-1524, doi: 10.7326/M22-0511

Apotheker Dr. Christian Redmann

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