Arzneimittel und Therapie

Parkinson-Fluktuationen glätten

Subkutane Levodopa-Pumpe verlängert On- und reduziert Off-Zeiten

Könnte doch das anfänglich gute Ansprechen auf eine Levodopa-­Therapie ewig andauern! Statt­dessen leiden Patienten mit fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung unter einem ständigen Wechsel aus Phasen guter und schlechter Beweglichkeit. Doch es gibt Hoffnung: aktuelle Studienergebnisse zeigen, dass subkutane Levodopa-Pumpen hier Abhilfe schaffen könnten.

Auch wenn die perorale Levodopa-Therapie der Goldstandard in der Behandlung des idiopathischen Parkinson-Syndroms ist, währt ihre Effektivität nicht lange. Gut fünf Jahre nach Beginn der Therapie entwickeln Patienten Fluktuationen in motorischen und nicht motorischen Funktionsbereichen (On-off-Phänomen). Während sie in der On-Phase gut beweglich sind – bei überschießenden Plasmaspiegeln dann aber auch unwillkürliche und störende Überbewegungen (Dyskinesien) auftreten – kommt es in den immer länger werdenden Off-Phasen zu extremer Unterbeweglichkeit. Grund hierfür sind stark schwankende Levodopa-Plasmaspiegel, die durch dessen kurze Halbwertszeit, eine krankheitsassoziierte unregelmäßige Magenentleerung und intestinale Resorptionsstörungen bedingt sind. Mit fortschreitender Erkrankung können diese Schwankungen aufgrund der versiegenden Dop­amin-Speicherkapazitäten im Striatum nicht mehr kompensiert werden, und es resultiert eine unphysiologische pulsatile Dopamin-Rezeptor-Stimulation.

Foto: Юлия Блажук/AdobeStock

Stellschrauben der Therapie

Bislang wurde versucht, der abnehmenden Mobilität und den Fluktuationen individuell durch Hinzunahme von Darreichungsformen mit veränderter Levodopa-Freigabe, Verordnung von Kombinationspartnern (Hemmer der Monoaminoxidase-B oder der Catechol-O-Methyltransferase) und höheren Dosierungen in kürzeren Zeitabständen zu begegnen. Problematisch ist dabei vor allem, dass auch Dyskinesien induziert werden. Seit einiger Zeit besteht die Möglichkeit, Apomorphin über eine subkutane Pumpe und Levodopa inhalativ oder in Gelform über eine jejunale Pumpe zu verab­reichen. Die letztgenannte Option ist aber mit einer perkutanen endoskopischen Gastrostomie und Anlage einer Jejunalsonde (JET-PEG) sowie damit einhergehenden Risiken und Herausforderungen verbunden, was viele Patienten trotz vorteilhafter Auswirkungen auf das pharmakokinetische Profil von Levodopa vermutlich abschreckt.

Eine weitere, aber noch nicht zugelassene Innovation sind tragbare Pumpen, die Levodopa subkutan und kontinuierlich zuführen. Die Vorteile einer solchen Therapie liegen auf der Hand: Schwankungen in den Levodopa-Plasmaspiegeln und damit in der Symptomatik würden mit dieser wenig invasiven Technik der Vergangenheit angehören, und die meist komplexen Therapieschemata ließen sich drastisch vereinfachen. Um subkutan verabreicht werden zu können, muss jedoch Levodopa und sein Decarboxylase-Hemmer Carbidopa in einer konzentrierten Lösung und bei physiologischem pH-Wert vorliegen. Die Formulierung ABBV-951 erfüllt diese Kriterien und enthält die phosphorylierten Prodrugs Foslevo­dopa/Foscarbidopa. Ein Zulassungs­antrag wurde bereits im Mai 2022 bei der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA eingereicht.

Ermutigende Studienergebnisse

Die subkutane Pumpentherapie mit ABBV-951 überzeugte nun in einer multizentrischen Phase-III-Studie mit 141 Patienten im fortgeschrittenen Parkinson-Stadium, deren Erkrankung durch ihre aktuelle Medikation nicht gut kontrolliert war. Die randomisierte, doppelblinde Untersuchung lief über zwölf Wochen, wobei die ersten vier Wochen als Optimierungs­phase dienten, gefolgt von einer achtwöchigen Erhaltungsphase.

Von Beginn an zeigte sich unter der Pumpentherapie eine deutliche und signifikante Verbesserung der On-off-Problematik im Vergleich zur peroral therapierten Kontrollgruppe, die Placebo-Infusionen erhielt (s. Abb.).

Abb.:Mittlere Veränderungen in den On- und Off-Zeiten (95%-Konfidenz­intervall)vom Ausgangswert bei subkutaner Foslevodopa/Foscarbidopa-Gabe im Vergleich zur Placebogruppe mit oraler Levodopa/Carbidopa-Gabe. In beiden Gruppen nahmen im Studienverlauf die On-Zeiten ohne störende Dyskinesien (Summe aus On-Zeiten ohne jegliche Dyskinesie und On-Zeiten mit nicht störender Dyskinesie) zu und die Off-Zeiten korrespondierend ab. Der positive Effekt auf die Verbesserung der motorischen Fluktuationen war allerdings unter der subkutanen Therapie signifikant stärker ausgeprägt. Zeiten, in denen sich die Patienten im On- beziehungsweise Off-Zustand befunden haben, wurden in standardisierten 24-Stunden-Parkinson-Tage­büchern erfasst und auf 16-stündiges Wachsein normalisiert (nach [1]).

 

Bei subkutaner Gabe verbrachten die Patienten gemäß eigener Angaben in standardisierten Parkinson-Tagebüchern viel mehr Zeit in der On-Phase als vor Studienbeginn und das, ohne dabei störende Dyskinesien zu verspüren. Konkret betrugen die Unterschiede in der zum jeweiligen Ausgangs­niveau verlängerten On-Zeit in Woche 12 plus 2,72 Stunden für subkutanes Foslevodopa/Foscarbidopa gegenüber plus 0,97 Stunden für Placebo-Infusion plus orales Levodopa/Carbidopa (p = 0,0083). Insgesamt steigerte sich die im Dyskinesie-freien On-Zustand verbrachte Zeit bei Teilnehmern der Verumgruppe um 25% (Kontrollgruppe 7%). Korrespondierend dazu nahmen die lähmenden Off-Zeiten bei subkutaner Verabreichung signifikant ab: Am Studienende waren Patienten im Vergleich zum Ausgangswert täglich 2,75 Stunden weniger im „Off“ gegenüber 0,96 Stunden weniger unter Placebo-Infusion plus oralem Levodopa/Carbidopa (p = 0,0054). Besonders interessant war auch die Beobachtung, dass von einer morgendlichen Akinese signifikant seltener Patienten unter subkutaner Therapie betroffen waren als Patienten der Kontrollgruppe (17% vs. 63% in der letzten Studienwoche).

Mit der „Glättung“ der Fluktuationen ging eine Zunahme der gesundheitsbezogenen Lebensqualität einher, auch Verbesserungen im Bereich Schlafstörungen trugen hierzu bei. Hervorzuheben ist, dass Teilnehmer, die Foslevodopa/Foscarbidopa subkutan erhielten, eine geringere Inzidenz von Stürzen (8%) im Vergleich zu denjenigen hatten, die Levodopa/Carbi­dopa oral erhielten (18%).

Psychiatrische Neben­wirkungen

Das allgemeine Sicherheitsprofil wurde als gut eingestuft, therapielimitierend wirkten vor allem Reaktionen an der Infusionsstelle. Am häufigsten traten Erytheme, Schmerzen, Cellulitis und Ödeme auf, wobei generell keine systemischen Komplikationen ausgelöst wurden. Nebenwirkungen führten bei 22% der Patienten in der Verumgruppe zum vorzeitigen Studienabbruch, meist während der Optimierungsphase, während es in der Placebogruppe nur einen Studienabbrecher (1%) gab. Die Autoren vermuten, dass sich das Auftreten von Reaktionen an der Infusionsstelle durch intensivere Schulungen minimieren lässt. Erwähnenswert ist auch die höhere Rate an Halluzinationen oder Psychosen, welche bei 15% der Teilnehmer in der subkutanen Verumgruppe im Vergleich zu 3% der Teilnehmer in der oralen Kontrollgruppe berichtet wurde. Vermutlich erhöht eine kontinuierliche dopaminerge Therapie das Risiko für derartige Ereignisse, so die Forschenden. Insgesamt gibt die aktuelle Studie Anlass zur Hoffnung, dass subkutane Levodopa-Infusionen bald als Behandlungsoption für Patienten mit Parkinson und motorischen Komplikationen zur Verfügung stehen könnten. |

Literatur

[1] Soileau MJ et al. Safety and efficacy of continuous subcutaneous foslevodopa-foscarbidopa in patients with advanced Parkinson’s disease. Lancet Neurol 2022;21:1099-1109

Apothekerin Dr. Verena Stahl

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