DAZ aktuell

Frühwarnsystem dringend gebraucht

Diskussion zu Lieferengpässen in der Onkologie

dm/ral | Verglichen mit anderen Medizinrichtungen ist die Onkologie hinsichtlich Lieferengpässen noch gut gestellt. Ganz davor gefeit ist sie jedoch nicht – und die Folgen nicht verfügbarer Wirkstoffe wiegen bei Krebspatienten deutlich schwerer als bei vergleichsweise harmlosen Erkrankungen. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) hat Lieferengpässe daher kürzlich im Rahmen einer Online-Pressekonferenz thematisiert.

Gemeinsam mit verschiedenen Vertretern von Fachgesellschaften sowie dem BfArM-Präsidenten Professor Broich erörterte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), wie Krebs­patienten künftig besser vor Arzneimitteleng­pässen geschützt werden können.

Warum das dringend notwendig ist, verdeutlichte Professor Thomas Seufferlein aus Ulm, der sich bei der Deutschen Krebsgesellschaft vor allem mit dem Thema Leitlinien beschäftigt. Er betonte, dass sich die Versorgung in der Onkologie in Deutschland zwar auf einem hohen Niveau befindet und vor allem nach Evidenz und weniger nach Ökonomie ausgerichtet ist. Dennoch kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Lieferengpässen. Damit diese nicht in Versorgungsengpässe münden, sind Seufferlein zufolge präventive Maßnahmen wichtig. „Wir brauchen wirklich ein präventives Frühwarnsystem“, sagte Seufferlein.

Versorgungsengpass führt oft zu Therapieabbruch

Professor Matthias Beckmann, Leit­linienbeauftragter der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, rückte vor allem die von Arzneimittelengpässen betrof­fenen Patienten in den Mittelpunkt. Zentral sei hier der Verlust des Vertrauens. Weil Alternativen nicht immer gleichwertig seien, führe ein Wechsel der Therapie oft auch zu einem Abbruch der Therapie.

Professor Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO in Berlin und Mitglied im BfArM-Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen, verdeutlichte anhand von Schaubildern, wie zahlreich die Lieferengpässe in der Onkologie in den vergangenen Jahren waren und welche Ursachen ihnen hauptsächlich zugrunde lagen.

Während sich Arzneimittelhersteller bei Lieferengpässen als Grund gerne auf eine unerwartet gesteigerte Nachfrage berufen, führen manchmal auch ganze Marktrücknahmen von Arzneimitteln zu Lieferengpässen. Viel häufiger führen laut Wörmann in der Onkologie jedoch Herstellungs­probleme zu Lieferengpässen.

Optimierungsbedarf sieht Wörmann bei den bisherigen Maßnahmen gegen Lieferengpässe vor allem bei der Vorratshaltung und der sozialen Verantwortung der Arzneimittel-Hersteller. Wie bereits Seufferlein betonte, fehlt auch laut Wörmann vor allem ein Frühwarnsystem, das frühzeitig Informationen über Lieferengpässe von der pharmazeutischen Industrie liefert. Aber auch die verschiedenen Einkaufsgemeinschaften von Apotheken nahm Wörmann in die Pflicht, diese müssten mehr Solidarität zeigen.

KI-Projekt des BfArM soll helfen

Auch der Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Professor Karl Broich, machte deutlich, dass Arzneimittelengpässe Patienten verunsichern und in den Apotheken eine Menge Arbeit machen. Im Sinne eines Frühwarn­systems sprach er ein KI-Projekt (künstliche Intelligenz) des BfArM an, zur „Koordinierung der Produk­tion wichtiger Wirkstoffe“. Damit sollen künftig auch Ausfallszenarien simuliert werden können. |

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