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Bürokratie ohne Ende?

Thomas Müller-Bohn, Redakteur der DAZ

Die Bürokratie gilt als größtes Ärgernis im Apothekenalltag. Sie ist Ausdruck des Misstrauens, kostet Zeit, die im Umgang mit den Patienten fehlt, und schreckt den Nachwuchs ab. Dieser Hintergrund war eine Herausforderung für den ApothekenRechtTag, der als Teil der Interpharm am Freitag voriger Woche online stattfand (s. Berichte ab Seite 45). Denn dabei ging es vielfach um Themen, die mit Bürokratie und mit Belastungen für die Apotheken verbunden sind. Darum waren manche Botschaften leider eher unangenehm – und doch war es eine spannende, gelungene und wichtige Veranstaltung. Denn die Vorträge haben auch gezeigt, wie Apotheken gut mit einigen formalen Anforderungen zurechtkommen und Fallstricke umgehen können. Damit bot der ApothekenRechtTag praktische Hilfen für den Alltag.

Außerdem haben die Vorträge gezeigt, welche Regeln hilfreich sind und wo Probleme liegen. Das Spektrum ist riesig. Manchmal ist der Aufwand geringer, als es zunächst scheint. Die Arbeitszeiterfassung lässt sich wohl ziemlich pragmatisch erledigen. Manchmal lassen die Regeln auch Möglichkeiten zu, um Probleme zu lösen, z. B. bei Importen oder Rezepturen gegen Lieferengpässe. Manchmal bieten die Vorschriften sogar Schutz vor Entwicklungen, die das Apothekensystem auszuhebeln drohen, z. B. bei der Honorierung für Plattformen. Manchmal macht erst der Blick auf die Details deutlich, wo künftige Probleme liegen, wie bei den neuen Regeln für PTA ohne Aufsicht. Dass dieser neue Status für PTA bei einem Wechsel des Apothekenleiters oder des Arbeitsplatzes für ein Jahr verloren geht, dürfte den Nutzen auf ärgerliche Weise beschränken.

Manchmal überholt sich die Bürokratie sogar selbst. Wenn gleichzeitig, aber unab­hängig voneinander in Deutschland und auf der EU-Ebene Definitionen für eine künftige elektronische Patientenkurzakte diskutiert werden, ist der Mehraufwand vorhersehbar. Der europäische Gesundheitsdatenraum dürfte dazu führen, dass viele Konzepte in den einzelnen EU-Staaten wieder neu gestaltet werden müssen. So wird die Digitalisierung weiterhin neue Kosten verursachen, aber keinen Nutzen bringen.

Darum ist es wichtig, Wege für den Umgang mit der Bürokratie aufzuzeigen und den Finger in die Wunden zu legen, wo die Politik versagt. Dies alles hat der ApothekenRechtTag getan. Das größte Problem ist wohl, dass immer wieder neue Anforderungen dazukommen. Jede einzelne Regel mag einen Grund haben und vielleicht sogar gut gemeint sein. Doch ein politisches oder gar gesamtgesellschaftliches Streben nach weniger Bürokratie ist überhaupt nicht zu erkennen. Es wird immer einen Grund geben, irgendetwas noch genauer prüfen und festlegen zu wollen. Doch das führt zu Bürokratie ohne Ende. Darum ist zu fragen: Muss das wirklich sein? Gibt es ernsthaft einen Missstand? Oder gibt es vielleicht sogar einen Ansatz, viele Vorgaben zu einer einzigen Regel zusammenzufassen? Bürokratieabbau kann nur gelingen, wenn sich die Haltung ändert. Eine wesentliche Frage für die Apotheke ist: Wie viele Detailregelungen sind nötig, wenn der Einsatz von qualifiziertem Personal ohnehin vorgeschrieben ist?

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