Arzneimittel und Therapie

Sind PPI in der Schwangerschaft vertretbar?

Geringe Assoziation zu Fehlbildungen in Beobachtungsstudie

Die Nachfrage nach Mitteln gegen Sodbrennen in der Schwangerschaft ist groß. Neben Lebensstiländerungen und Antazida kommen zunehmend auch Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) zum Einsatz. Doch wie sicher sind sie in der Schwangerschaft? Ist die Einnahme unbedenklich? Neue Erkenntnisse liefert eine aktuelle Studie aus Südkorea.

Die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) tritt häufig bei Schwangeren auf. Der Leidensdruck ist groß, darum wünschen sich viele Betroffene eine effektive Hemmung der Säure­produktion. Weltweit hat sich die Nachfrage nach Protonenpumpen-­Inhibitoren in der Schwangerschaft erhöht, obwohl die Daten zur Sicherheit nach wie vor widersprüchlich sind. In der zuletzt veröffentlichten Metaanalyse aus dem Jahr 2020 wurde über ein um 28% erhöhtes Risiko für Fehlbildungen unter PPI-Einnahme berichtet [2]. Die in der Analyse berücksichtigten Studien scheinen jedoch wichtige methodische Mängel aufzuweisen. In der aktuellen bevölkerungsbasierten Kohortenstudie aus Südkorea wurde eine mögliche Assoziation erneut untersucht.

Foto: Blue Planet Studio/AdobeStock

Relatives Risiko leicht erhöht

Hierzu wurden die Daten von knapp 2,7 Millionen Schwangerschaften von Frauen im Alter von 19 bis 44 Jahren (Mittelwert 32,1 Jahre) von Juni 2011 bis Dezember 2019 und ihren Neu­geborenen ausgewertet. Die Daten stammten von der nationalen Krankenversicherung und Gesundheits­datenbank Südkoreas. In 40.540 Schwangerschaften (1,5%) nahmen Frauen Protonenpumpen-Inhibitoren im ersten Trimester ein. Am häufigsten wurde Rabeprazol verordnet, gefolgt von Esomeprazol und Lanso­prazol. Schwangere, die PPI einnahmen, hatten im Vergleich zu Schwangeren ohne PPI häufiger eine Indikation für PPI, z. B. eine GERD. Zudem litten diese Frauen häufiger an Beschwerden wie Migräne mit Übelkeit und Erbrechen und erhielten auch häufiger Antidepressiva, Opioide oder nichtsteroidale Antirheumatika.

Das absolute Risiko für schwere kongenitale Fehlbildungen lag unter PPI-Einnahme bei 396,7 pro 10.000 Kinder versus 323,4 pro 10.000 Kinder ohne pränatale PPI-Exposition. Nach Adjustierung auf zahlreiche Einflussgrößen (Propensity Score) lag das relative Risiko für schwere kongenitale Fehlbildungen unter PPI-Einnahme mit 1,07 (95%-Konfidenz­intervall [KI] = 1,02 bis 1,13) und für kongenitale Herzfehler mit 1,09 (95%-KI= 1,01 bis 1,17) statistisch geringfügig über dem Signifikanzniveau. Für Kiefer-Gaumen-Spalten (RR = 1,02; 95%-KI = 0,72 bis 1,43), Hydrocephalus, einen „Wasserkopf“ (RR = 0,94; 95%-KI = 0,54 bis 1,63) und Hypospadie, eine Fehlbildung der männlichen Harnröhre (RR = 0,77; 95%-KI = 0,51 bis 1,17) konnte keine statistisch signifikante Zunahme unter PPI-Exposition ermittelt werden. Keine Assoziation konnte zwischen den einzelnen PPI und Endpunkten festgestellt werden – mit einer Ausnahme: Das relative Risiko für schwere kongenitale Fehlbildungen war unter Esomeprazol minimal erhöht (RR = 1,10; 95%-KI = 1,02 bis 1,20).

Geschwisteranalyse zeigt keine Assoziation

Darüber hinaus wurde eine Geschwisteranalyse durchgeführt – insgesamt wurden die Daten von 16.730 Familien ausgewertet, in denen ein Kind während der Schwangerschaft einer PPI-Exposition ausgesetzt war und ein Kind nicht. In dieser Analyse konnte keine Assoziation zwischen PPI-­Einnahme und kongenitalen Fehl­bildungen beobachtet werden.

Fazit

Die Studienautoren kommen abschließend zu dem Ergebnis, dass die PPI-Einnahme während dem ersten Trimenon der Schwangerschaft nicht mit einem substanziell erhöhten Fehlbildungsrisiko assoziiert ist. Obwohl die relativen Risiken für schwere kongenitale Fehlbildungen und kongenitale Herzfehler unter PPI-Einnahme leicht erhöht waren, könne man diese Assoziationen laut der Studienautoren in Anbetracht des Studiendesigns und der Größe des Punktschätzwertes nicht als klinisch bedeutsam erachten. Diese Einschätzung wird durch die Ergebnisse der Geschwisteranalyse unterstrichen – größere teratogene Effekte unter PPI-Einnahme werden daher nicht vermutet. |

Literatur

[1] Choi A et al. Association between proton pump inhibitor use during early pregnancy and risk of congenital malformations. JAMA Network Open 2023;6(1):e2250366, doi: 10.1001/jamanetworkopen.2022.50366

[2] Li CM et al. Systematic review with meta-analysis: the risks of proton pump inhibitors during pregnancy. Aliment Pharmacol Ther 2020;51(4):410-420, doi: 10.1111/apt.15610

Apothekerin Dr. Martina Wegener

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