Europa

Ein Versprechen an die Gesellschaft

Pharmazeuten im Europäischen Parlament geben sich Kompass für ethische Standards ihrer Arbeit

Am 8. März 2023 veranstalteten der Europäische Verband der Krankenhausapotheker (European Association of Hospital Pharmacists, EAHP) und die Europäische Gesellschaft für Klinische Pharmazie (European Society of Clinical Pharmacy, ESCP) im Europäischen Parlament in Brüssel ein Zusammentreffen von Organisationen und Vertretern aus dem Gesundheitswesen über die intensive pharmazeutische Betreuung von Patienten.

Die Diskussion konzentrierte sich auf den Bedarf an Gesundheitsleistungen, klinisch pharmazeutische Dienstleistungen, die Zusammenarbeit von Pharmazeuten und anderen medizinischen Fachkräften, den Fachkräftemangel im Gesundheitssystem und die Auswirkungen von Medikationsfehlern, deren Häufigkeit in Europa noch weitgehend unerforscht ist.

Wie wird die Arbeit von Pharmazeuten wahrgenommen?

Vor der Veröffentlichung der „EAHP-ESCP Oath to Society“ im Oktober 2021 war vielen gar nicht bewusst, dass Pharmazeuten eine Fülle an Aktivitäten durchführen, um Patienten optimal zu versorgen. 18 Monate nach dem Publizieren wurde daher nachgefragt, wie sich die Wahrnehmung von Pharmazeuten und deren Aktivitäten zwischenzeitlich verändert hat und wie klinische Pharmazeuten und Krankenhausapotheker die Versprechen, die im Eid gegeben werden, noch weiter mit Leben erfüllen können. Vor der Veranstaltung betonte Martina Hahn, General Committee Mitglied der ESCP, dass dieses öffentliche „Versprechen an die Gesellschaft“ ein weiterer wichtiger Schritt war, um die Aufmerksamkeit für Apothekerinnen und Apotheker, klinische Pharmazeuten und Krankenhausapotheker zu erhöhen. Durch dieses Versprechen gegenüber der Gesellschaft, das mittlerweile in fast alle europäische Sprachen übersetzt und an fast alle pharmazeutischen Fakultäten in Europa verteilt wurde, kann sich nun jeder in Europa ein Bild vom Beruf des Apothekers machen. Wenn alle Apothekerinnen und Apotheker dieses „Versprechen gegenüber der Gesellschaft“ verinnerlichen und die neuen Verantwortungsbereiche annehmen, können die Menschen überall in Europa einen hoch professionellen Service zum Wohle der Gesundheit des Einzelnen und eine erhöhte Arzneimitteltherapiesicherheit in der Apotheke erwarten.

Foto: privat

Organisationen und Vertreter aus dem Gesundheitswesen trafen sich im Europäischen Parlament in Brüssel für einen interdisziplinären Austausch.

Gastgeber im Europäischen Parlament war István Ujhelyi von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten, der für eine Debatte Vertreter anderer Gesundheitsorganisationen einlud: Thomas Kanga-Tona (International Association of Mutual Benefit Societies, AIM), Juan José Fernández Romero (European Patients‘ Forum, EPF), Ber Oomen (European Specialist Nurses Organisation, ESNO), Pascal Garel (European Hospital and Healthcare Federation, HOPE) und Marc Hermans (European Union of Medical Specialists, UEMS). Sie berichteten über positive Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit klinischen Pharmazeuten und Krankenhausapothekern und beleuchteten, warum sie den multidisziplinären Austausch als besonders wichtig erachten: zur Reduktion von Medikationsfehlern und um eine verbesserte Versorgung der Patienten zu erreichen, besonders in Zeiten von Fachkräftemangel im Gesundheitswesen.

Der „Oath to Society“ ist ein Versprechen der Mitglieder von EAHP und ESCP gegenüber den Patienten und der Gesellschaft, den anderen Heilberufen und dem Gesundheitssystem. Er soll als Kompass für höchste ethische Standards, Integrität und Professionalität dienen und stellt den Dienst an der Gesellschaft über persönliche Karriereinteressen. Jeder Patient solle fair, gleich und mit Respekt behandelt werden. Das Versprechen im deutschen Wortlaut:

„Als Apothekerin bzw. als Apotheker gelobe ich, der Gesellschaft in bester Weise zu dienen, indem ich

  • alle Menschen gleich, fair und mit Respekt behandeln werde,
  • nach den höchsten ethischen Standards arbeiten sowie alle persönlichen und gesundheitlichen Informationen, die mir anvertraut werden, respektieren und schützen werde,
  • meine Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen als Teil des multidisziplinären Behandlungsteams einsetzen werde, um einen bestmöglichen Behandlungserfolg sowie eine auf jeden Patienten optimal ausgerichtete Pflege zu garantieren,
  • zur Früherkennung von Krankheiten beitragen, die Übernahme gesunder Verhaltensweisen fördern und mich an Initiativen im Bereich Public Health beteiligen werde,
  • die Patienten, ihre Betreuer sowie die Mitglieder des multidisziplinären therapeutischen Teams über die eingesetzten Arzneimittel aufklären und informieren werde, um die optimale und sichere Verwendung der Arzneimittel sowie den adäquaten Umgang mit unerwünschten Wirkungen sicherzustellen,
  • evidenzbasierte pflegerische und therapeutische Standards befolgen sowie mich kontinuierlich und lebenslang fort- und weiterbilden werde,
  • mich für die schnittstellenübergreifende Kontinuität der Therapie und Pflege einsetzen werde, um Arzneimittel-assoziierte Schäden zu vermeiden. Darüber hinaus werde ich Medikationsprozesse überwachen und kontinuierlich verbessern, um deren Sicherheit, Wirksamkeit und Kosteneffizienz zu optimieren,
  • mich für die Bereitstellung von patientenindividuell kommissionierten Medikamenten, die auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten sind, einsetzen werde,
  • die Weiterentwicklung von Praxis-, Forschungs- und Ausbildungsstandards in der Pharmazie unterstützen werde
  • zur Aus-, Fort- und Weiterbildung des künftigen Apothekenpersonals beitragen werde und
  • die Interessen der Klinischen Pharmazie bei Vertretern der Gesundheitsberufe, wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Patienten­vertretungen, Gesundheitsbehörden und in der Öffentlichkeit vertreten werde.“

In den Abschlussworten dankte Andras Süle, Präsident der EAHP, den Teilnehmenden für ihren wertvollen Input und unterstrich, dass die EAHP und die ESCP auch weiterhin an der Sichtbarkeit des Oath to Society durch Verbreitung innerhalb von Gesundheitsorganisationen und Patientenvereinigungen arbeiten werden sowie weiter auf eine Vergütung von klinisch-pharmazeutischen Dienstleistungen in Europa hinwirken möchten. Ein reger Austausch mit Patienten, Ärzten, Dienstleistern aus dem Gesundheitswesen und den Kostenträgern soll dazu weiter aufrechterhalten werden. |

Stephanie Kohl und Martina Hahn

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