Aus den Ländern

„Die Apotheke vor Ort ist ein Mehrwert für sich“

Parlamentarischer Abend der baden-württembergischen Apotheker in Berlin

BERLIN (ks) | Die Apotheke vor Ort versorgt nicht nur mit Arzneimitteln und managt Engpässe. Mit vielen weiteren Angeboten ist sie für die Menschen und ihre gesundheitlichen Bedürfnisse da. Sie verdient daher politische Wertschätzung und darf nicht kaputtgespart werden. Diese klare Botschaft vermittelten Baden-Württembergs Apothekerinnen und Apotheker vergangene Woche bei einem parlamentarischen Abend in Berlin.

Es ist eine gute Tradition: Wenn der Frühling beginnt, laden Landesapothekerkammer und -verband Baden-Württemberg Bundestagsabgeordnete aus ihrem Bundesland zum parlamentarischen Abend in die Berliner Landesvertretung Baden-Württembergs. Am 28. März war es wieder so weit. Rund zehn Abgeordnete mischten sich unter die Verbands- und Kammervertreter und hatten bei einem schwäbisch-badischen Buffet Gelegenheit für Gespräche. Gekommen waren vor allem Unionspolitiker aus verschiedenen Politikbereichen, aber auch FDP-Abgeordnete sowie die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Heike Baehrens.

Foto: LAV

Tatjana Zambo fordert Wertschätzung für die Apotheken ein.

Bevor das Buffet eröffnet wurde, präsentierte LAV-Präsidentin Tatjana Zambo einige Zahlen rund um die Apotheke, zu den Ausgaben der Krankenkassen und der Entwicklung des OTC-Markts. Zugleich machte sie deutlich, was aus diesen Zahlen nicht unmittelbar hervorgeht: Dass die Steigerungen bei den Arzneimittelausgaben 2022 deutlich unterhalb der Inflationsrate gelegen haben, die finanziellen Einmaleffekte durch die Corona-Pandemie bei den Apotheken aufgezehrt sind, die Personal- und Betriebskosten steigen – und die Apotheken nicht nur seit zehn Jahren keine Honoraranpassung hatten, sondern durch den seit Februar 2023 erhöhten Apothekenabschlag sogar noch zusätzlich belastet sind.

Kein Geld für Luftschlösser

Bedenkt man noch, was die Apotheken derzeit zu leisten haben, um die anhaltenden Lieferengpässe zu managen und die Patienten und Patientinnen zu versorgen, wird das Bild noch düsterer. Dass das Bundesgesundheitsministerium derzeit plant, ihnen 50 Cent für diese Arbeit zu zahlen, macht es nicht besser. Für Zambo ist diese Honorierung schlicht ein Witz. „Wo ist da die Wertschätzung?“, fragt sie. „Will man uns überhaupt noch?“ Wenn kein Geld da sei, sollte man sich aus ihrer Sicht eher überlegen, ob man für rund 700 Millionen Euro wirklich 1000 Gesundheitskioske schaffen wolle. Für Zambo sind das schlicht „Luftschlösser“ – das Geld sieht sie an anderer Stelle besser aufgehoben. Angesichts der Versprechungen im Koalitionsvertrag der Ampel, die Apotheken zu stärken und für bürokratische Entlastung zu sorgen, ist für sie jetzt höchste Zeit zu handeln. Die Apotheken warteten seit über zehn Jahren auf die Einlösung politischer Versprechen.

Zambo zeigte auch auf, was die Apotheken konkret „brauchen und berechtigt fordern“. Festgehalten hat dies die ABDA kürzlich in ihrem zehn Punkte umfassenden Forderungskatalog. Das ist unter anderem die nötige Handlungsfreiheit beim Engpassmanagement samt einem angemessenen finanziellen Ausgleich. Zudem eine Erhöhung des Fixums auf 12 Euro und eine zusätzliche Pauschale für jede Betriebs­stätte. Aber auch Retaxationen müssen „auf das sachlich gebotene Maß“ zurückgeführt, das Inkassorisiko beim Herstellerrabatt beseitigt und die Bürokratie weiter abgebaut werden. Zambos abschließender Appell: „Geben Sie den Apotheken jetzt die Wertschätzung, die sie brauchen!“

Apotheken vor Ort schaffen Mehrwert

Foto: LAV

Martin Braun zeigte auf, welchen Mehrwert Apotheken bieten.

Kammerpräsident Martin Braun wandte sich sodann dem „Mehrwert Apotheke“ zu. Beispielsweise leisteten die Apotheken vor Ort einen erheblichen Beitrag bei der Substitutionsversorgung Opioidabhängiger. Während die Zahl der Patienten steige, sinke die Zahl der Substitutionsärzte. Apotheken könnten helfen, Versorgungslücken zu schließen. So gebe es in Baden-Württemberg circa 230 Apotheken, die die lokale Versorgung in enger Abstimmung mit den Ärzten übernähmen – die ganze Öffnungszeit über und auch am Wochenende und Feiertagen. Eine Aufgabe, die viel Menschlichkeit und Einfühlungsvermögen bedürfe, wie Braun betonte.

Kehrseite dieses Angebots sei, dass Apotheken immer häufiger Ziel von Überfällen seien, bei denen es die Täter auf Methadon & Co. abgesehen haben. Kein Verständnis hat Braun, wenn nun im Raum stehe, Apotheken sollten künftig auch Cannabis zu Genusszwecken abgeben. Er betonte nochmals den heilberuflichen Konflikt, der sich hierdurch ergebe. Zumal der Cannabis-Markt schon jetzt – bei Medizinalcannabis! – fragwürdige Formen annehme. Braun verwies etwa auf das Online-Angebot für Cannabis-Rezepte und Cannabis von Dr. Ansay – dem Start-up des gleichnamigen Hamburger Anwalts, der mittlerweile in Karatschi (Pakistan) firmiert.

Braun setzt auf ganz andere Leistungen der Apotheken: das Impfen und die pharmazeutischen Dienstleistungen. Hier gebe es noch viel Potenzial. So könnten mit dem niedrigschwelligen Angebot von Grippe- und COVID-19-Schutzimpfungen die Impfquoten weiter erhöht werden. Kein Verständnis hat Braun daher für den vergangene Woche kursierenden Entwurf für eine COVID-19-Vorsorgeverordnung des Bundesgesundheitsministeriums, mit der die Apotheken aus dem Impfgeschehen weitgehend ausgeschlossen wären.

Die pharmazeutischen Dienstleistungen bezeichnete Braun als einen „Meilenstein“ für die Patientenversorgung – allerdings nicht für die Apotheken-Honorierung. Es sei ein guter Anfang gemacht, aber doch noch etwas zu tun. Angesichts all dieser Leistungen resümierte der Kammerpräsident: „Die Apotheke vor Ort ist ein Mehrwert für sich und als solcher unterstützenswert.“ |

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