Ernährung

Mehr Cholin

Versorgung über Ernährung nicht immer gedeckt

Eine ausgewogene und vollwertige Ernährung sollte die Versorgung mit allen Nährstoffen, Vitaminen und Spurenelementen sicherstellen. Gelingt dies nicht, sind Nahrungsergänzungsmittel eine Option. Aktuell steht Cholin im Fokus, dessen endogene Syn­these den Bedarf nicht deckt. Zudem verändert sich dieser in bestimmten Lebenssituationen wie beispielsweise in der Schwangerschaft und in der Stillzeit. | Von Claudia Bruhn 

Cholin ist eine quartäre Ammoniumverbindung (s. Abb. 1) die erstmalig aus Schweinegalle isoliert wurde, woraus sich ihre Bezeichnung ableitet (altgriechisch cholé = Galle). Im menschlichen Organismus erfüllt Cholin viele wichtige Funktionen:

  • Als Grundbaustein von Phosphatidylcholinen (Lecithinen) und Sphingomyelinen ist Cholin essenzieller Bestandteil aller Zellmembranen sowie der Myelinscheiden der Nervenzellen.
  • Mithilfe der Cholin-Acetyltransferase wird aus Cholin und Acetyl-Coenzym A der Neurotransmitter Acetylcholin gebildet.
  • In der Leber wird Cholin für die Synthese des Lipopro­teins Very-Low-Density-Lipoprotein (VLDL) benötigt.
  • Cholin wird in Leber und Nieren zu Trimethylglycin (Betain) oxidiert, das an zahlreichen Methylierungs­reaktionen, darunter auch epigenetischen DNA-Methylierungen, beteiligt ist. Betain remethyliert außerdem das zelltoxische Homocystein zur Aminosäure Methionin.
  • In der Lunge sind Phosphatidylcholine wichtiger Bestandteil des Surfactant.

Die endogene De-novo-Synthese von Cholin erfolgt über den PEMT-Weg, wobei Phosphatidylethanolamin durch die Phosphatidylethanolamin-N-Methyltransferase (PEMT) mithilfe von S-Adenosylmethionin methyliert wird. Alternativ kann die Substanz über den CDP-Cholin-Weg (CDP-Cholin: Cytidindiphospho-Cholin), durch Hydrolyse von Phosphatidyl­cholinen gebildet werden. Der Cholin-Metabolismus ist eng mit anderen Stoffwechselwegen wie beispielsweise dem von Folsäure und Methionin verknüpft (s. Abb.

2 [1]).

Abb. 1: Strukturformel von Cholin

Zufuhrempfehlungen für die Aufnahme über die Nahrung

Da Cholin vom Körper synthetisiert werden kann, gilt es als semiessenzieller Nährstoff. Die Eigensynthese reicht jedoch zur Bedarfsdeckung nicht aus. Es gibt verschiedene Zufuhrempfehlungen für Cholin, wobei die aktuellste 2016 von einer Arbeitsgruppe der Europäischen Behörde für Lebensmittel­sicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) veröffentlicht wurde. Die EFSA-Empfehlungen sind nicht das Ergebnis randomisierter kontrollierter Studien. So basiert der Wert von 400 mg für Erwachsene auf der beobachteten mittleren Cholin-Aufnahme in gesunden Bevölkerungsgruppen in der EU (circa 370 mg pro Tag) sowie einer Depletions-Repletions-Studie. Dabei wurde ermittelt, welche Menge an Cholin notwendig ist um die leeren Speicher bei Probanden nach einer Cholin-armen Diät wieder aufzufüllen. Bei Teilnehmern, die in dieser Untersuchung infolge eines Cholin-Mangels Organdysfunktionen aufwiesen, konnten diese mit einer Cholin-­Dosis von 400 mg pro Tag pro 70 kg Körpergewicht normalisiert werden. Die Zufuhrempfehlungen für alle anderen Altersgruppen wurden aus diesem Wert von 400 mg abgeleitet. Die Werte in Tabelle 1 sind somit nicht als rigide Grenzen zu betrachten. Eine Cholin-Aufnahme unterhalb dieser Empfehlung bedeutet nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht, dass ein gesundheitsgefährdender Mangel besteht [3].

Tab. 1: Empfehlungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und des Institute of Medicine (IOM) für die angemessene tägliche Aufnahme von Cholin.
Alters­gruppen
Zufuhrempfehlung pro Tag [mg]
tolerier­bare obere Zufuhrgrenze (IOM)
EFSA (2016)
IOM
(1998)
0 bis 6 Monate
120
125
k.A.
7 bis 11 Monate
160
150
k.A.
1 bis 3 Jahre
140
200
1000
4 bis 6 bzw. 4 bis 8 Jahre (IOM)
170
250
1000
7 bis 10 Jahre
250
11 bis 14 bzw. 9 bis 13 Jahre (IOM)
340
375
2000
15 bis 17 bzw. 14 bis 18 Jahre (IOM)
400
männlich: 550, weiblich: 400
3000
≥ 19 Jahre
400
männlich: 550 weiblich: 425
3500
Schwangere
480
450
3000
Stillende
520
550
3500

Im Gegensatz zu anderen Nährstoffen oder Vitaminen wie beispielsweise Vitamin D sind derzeit auch keine Biomarker bekannt, aus denen sich Referenzbereiche für die Plasmakonzentrationen ableiten lassen [1]. Die tolerierbaren Obergrenzen für die Cholin-Zufuhr stammen aus dem Jahr 1998 (s. Tab. 1 [2]). Diese wurden gesetzt weil man davon ausgeht, dass das Prinzip „So viel wie möglich“ bei der Cholin-Zufuhr nicht gesund ist. Nicht resorbiertes Cholin wird von der Darmflora zu Trimethylamin (TMA) umgewandelt, das gut resorbiert werden kann und in der Leber zu Trimethylamin-N-oxid (TMAO) oxidiert wird. Zurzeit wird kontrovers diskutiert, ob diese Substanz das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhen kann [4, 5]. Für eindeutige Aussagen zu einem Zusammenhang zwischen der Cholin-Aufnahme und dem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wird die derzeitige Datenlage als unzureichend eingeschätzt [1]. Die Obergrenzen der Cholin-Zufuhr sind sehr hoch, sodass sie selbst von Menschen, die täglich große Mengen an Cholin-reichen Nahrungsmitteln wie Eiern, Hering und tierischen Innereien (Hühner-, Schweine- und Rinderleber, Hühner­herzen) verzehren, kaum erreicht werden können. Deshalb konzentriert sich die Forschung vorrangig auf Zusammenhänge zwischen einer geringen Cholin-Zufuhr und dem Risiko für verschiedene Erkrankungen wie beispielsweise Leber- und Augenkrankheiten, genetisch bedingte metabolische Störungen oder kognitive Einschränkungen [6 – 9].

Cholin und Lebererkrankungen

Zahlreiche auf dem Markt verfügbare Nahrungsergänzungsmittel, die Cholin enthalten, verwenden gesundheitsbezogene Angaben wie „Schützt die Leber“ oder „Beitrag zur Erhaltung einer normalen Leberfunktion und zu einem normalen Fettstoffwechsel“ (s. Tab. 2). Der Hintergrund ist, dass Cholin für die Synthese von VLDL benötigt wird, die Triglyceride aus der Leber aufnehmen und in extrahepatische Gewebe transportieren. Es wird diskutiert, dass sich bei Cholin-Mangel Triglyceride in der Leber anreichern und die Entstehung einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) begünstigen. Außerdem können bei Cholin-Mangel Muskelschäden auftreten, diagnostisch erkennbar an erhöhten Kreatinkinase-Spiegeln [10]. Die Daten, die bisher zum Zusammenhang zwischen Cholin-Aufnahme und NAFLD vorliegen, werden jedoch als unzureichend eingeschätzt [1].

Tab. 2: Beispiele für Nahrungsergänzungsmittel mit Cholin
Präparat
(Beispiele)
Cholin-Gehalt pro empfohlener Tagesdosis
weitere Inhaltsstoffe (Auswahl)
gesundheitsbezogene Angaben laut Hersteller
Cholin Zein Pharma
600 mg
-
trägt zu einem normalen Fettstoff­wechsel bei
Femibion 1
130 mg
Eisen, Folsäure, Iod, weitere Vitamine, Selen
für den besonderen Bedarf in der Frühschwangerschaft (bis Ende zwölfter Woche)
Orthomol Cholin Plus
165 mg
Silymarin
mit Cholin als Beitrag zur Erhaltung einer normalen Leberfunktion (…) Cholin trägt zu einem normalem Fett- und Homo­cystein-Stoffwechsel bei
Orthomol Natal
100 mg
Eisen, Folsäure, Iod, Lutein, weitere Mineralstoffe, Omega-3-Fettsäuren, weitere Vitamine, Selen, Zeaxanthin, Milchsäurebakterien
wichtige Mikronährstoffe in Schwangerschaft und Stillzeit
Pangea
100 mg
Extrakte aus Artischocke, Bittermelone, Curcuma longa, Löwenzahn, Schwarzer Pfeffer, Vitamine B2 und B6
Beitrag zur Erhaltung einer normalen Leberfunktion und zu einem normalen Fettstoffwechsel
Pure encapsulations All-in-one 50+
100 mg
Calcium, Folat, Lutein, Selen, weitere Spurenelemente, weitere Vitamine, Zeaxanthin
50+ Basisversorgung
Vita Gerin forte
40 mg
Eisen, Folsäure, weitere Mineralstoffe, weitere Vitamine, Omega-3-Fettsäuren
zur Unterstützung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit
Vitamin B Complete Hevert
35 bis 70 mg
B-Vitamine, Inositol
Beitrag zu Leberfunktion, Fett- und Homocystein-Stoffwechsel

Bedeutung von Cholin in der Schwangerschaft

Cholin ist für die gesunde Entwicklung des Fötus unverzichtbar. Eine aktuelle Metaanalyse liefert Hinweise, dass sich eine niedrige Cholin-Zufuhr in der Schwangerschaft bzw. niedrige Plasmaspiegel negativ auf die neuronale Entwicklung des ungeborenen Kindes auswirken und das Risiko für Neuralrohrdefekte erhöhen können [11]. Schwangeren wird eine erhöhte Aufnahme von Cholin über die Ernährung oder Nahrungsergänzungsmittel empfohlen (s. Tab. 1). Unter den Nahrungsergänzungsmitteln, die speziell für die Schwangerschaft und Stillzeit entwickelt wurden, gibt es derzeit jedoch nur wenige mit Cholin (s. Tab. 2). Wie in allen anderen Bevölkerungsgruppen basiert die Zufuhrempfehlung auf Schätzwerten, da die tatsächlich notwendigen Mengen derzeit nicht bekannt sind. Kontrollierte klinische Studien zu den Auswirkungen unterschiedlicher Zufuhrmengen auf die Gesundheit des Kindes können ethisch problematisch sein, insbesondere für die Teilnehmerinnen, die in die Kontrollgruppe randomisiert werden. Es ist schon seit Längerem bekannt, dass sich in der Schwangerschaft die intestinale Resorption von Eisen erhöht. Möglicherweise existieren Mechanismen, über die auch die Cholin-Aufnahme im Darm bei Schwangeren gesteigert oder die endogene Synthese angeregt wird. Bereits bekannt ist, dass die Transkription des Gens für das Enzym PEMT, das die körpereigene Bildung von Cholin katalysiert, durch Östrogene positiv reguliert wird [10]. In einer kürzlich publizierten Studie des Instituts für Ernährungsmedizin der Universität Lübeck wurde bei 283 Frauen zwischen der 13. und 41. Schwangerschaftswoche die Cholin-Aufnahme über einen Zeitraum von sieben Tagen untersucht. 79% der Schwangeren ernährten sich mischköstlich (omnivor), 21% vegetarisch oder vegan. Die Teilnehmerinnen wurden gebeten, in einem Online-Fragebogen Art und Menge der konsumierten Cholin-reichen Lebensmittel sowie gegebenenfalls eingenommene Nahrungsergänzungsmittel mit Cholin anzugeben. Die mediane Cholin-Zufuhr betrug rund 260 mg ± 141 mg pro Tag und lag damit deutlich unter der EFSA-Empfehlung für die Schwangerschaft von 480 mg pro Tag, die nur von 7% der Frauen erreicht wurde. Weitere Auswertungen zeigten einen signifikanten Unterschied der Cholin-Aufnahme zwischen Schwangeren mit einer omnivoren Ernährungsweise gegenüber Vegetarierinnen und Veganerinnen (rund 269 ± 141 mg pro Tag vs. 205 ± 101 mg pro Tag, p < 0,0001, [12]). Wir baten den Leiter der Studie, Prof. Dr. Martin Smollich, um eine Einordnung der Ergebnisse (s. Interview).

Cholin-Zufuhr bei veganer Ernährung

Der höchste Gehalt an Cholin findet sich in Lebensmitteln tierischer Herkunft, vor allem Eiern, Hering, rotem Fleisch und Innereien wie Hühner-, Schweine- und Rinderleber oder Hühnerherzen (s. Tab. 3). Dennoch sind auch in pflanzlichen Lebensmitteln wie Hülsenfrüchten (z. B. Sojabohnen, Linsen, Erbsen, Erdnüssen), Gemüse (vor allem Brokkoli, Rosen- und Blumenkohl) sowie Nüssen und Samen, deren reichlicher Verzehr Veganern empfohlen wird, moderate Cholin-Mengen enthalten. Eine realistische Bestimmung der Cholin-Aufnahme bei veganer Ernährung wird dadurch erschwert, dass in den Nährstofflisten (außer für Tofu und Sojadrinks) keine Cholin-Konzentrationen für typische vegane Basis-­Produkte enthalten sind, wie beispielsweise Kichererbsen, Tempeh oder Seitan sowie für vegane Fertigprodukte (Quark-, Käse-, Joghurt-, Fleisch-, Wurst- und Fisch-Alternativen)[13, 14]. Infolgedessen kann die tatsächliche Cholin-Aufnahme bei veganer Ernährung derzeit nur unzureichend erfasst werden. Ein weiterer Aspekt, der bei der Einschätzung des Cholin-Bedarfs von Veganern diskutiert werden könnte, ist der Betain-Gehalt, der für viele Lebensmittel bekannt ist [13]. Cholin wird in vielen Geweben in einer zweistufigen irreversiblen Reaktion in Betain umgewandelt, das bei der Methionin-Synthese als Methylgruppendonator für Homocystein dient (s. Abb. 2). Wie Tabelle 3 zeigt, ist der Betain-Gehalt einiger Lebensmittel mit nur moderatem Cholin-Gehalt sehr hoch, während bei Cholin-reichen Lebensmitteln häufig nur ein geringer Betain-Gehalt festgestellt wird. Es wurde diskutiert, ob durch eine hohe Betain-Aufnahme Cholin gegebenenfalls „eingespart“ werden könnte, sodass der Cholin-Bedarf bei Betain-reicher Ernährung (nicht nur bei Veganern) niedriger wäre [15, 16].

Tab. 3: Cholin- und Betain-Konzentrationen (gerundet) in ausgewählten Lebensmitteln. Die angegebenen Mengen sind das Gesamt-Cholin. Nahrungs-Cholin kommt in wasserlöslichen Formen (freies Cholin, Phosphocholin, Glycerophosphocholin) und fettlöslichen Verbindungen wie Phosphatidylcholinen (Lecithinen) and Sphingomyelinen vor [13].
Cholin-Gehalt pro 100 g [mg]
Betain-Gehalt pro 100 g [mg]
Cholin-reiche Lebensmittel
Hühnerleber
290
11
Rinderleber, gebraten
418
6
Kochschinken
125
3
Shrimps (Konserve)
71
219
Hühnerei
251
0,5
Betain-reiche Lebensmittel
Spinat, gekocht
25
645
Rote Bete (Konserve)
6
297
Weißbrot
27
201
Salzbrezeln
38
236

Der beispielhafte Speiseplan in Tabelle 4 zeigt für omnivore und vegane Ernährungsweisen, wie durch eine bewusste Auswahl Cholin-reicher Lebensmittel die von der EFSA empfohlenen Zufuhrmengen erreicht werden können. Dabei sind für Ovo-Lacto-Vegetarier insbesondere die Lecithin-reichen Hühnereier eine verlässliche Cholin-Quelle. Außerdem enthalten auch manche Getränke nicht unerhebliche Mengen an Cholin, wie Vollmilch (14 mg/100 g), Buttermilch (18 mg/100 g), Bier (10 mg/100 g), Weißwein (5 mg/100 g) oder Kaffee (3 mg/100 g).

Tab. 4: Beispielhafter Speiseplan für eine ausreichende Cholin-Zufuhr. Der omnivore Speiseplan enthält 1904 kcal, der vegane 2351 kcal. Getränke, Öle, Kräuter und Gewürze sind nicht berücksichtigt.
omnivore Ernährung
vegane Ernährung
Nahrungsmittel
Cholin-­Gehalt [mg]
gesamt
[mg]
Nahrungsmittel
Cholin-­Gehalt [mg]
gesamt
[mg]
Frühstück
Rührei aus 2 Eiern (à 60 g)
301
321
Müsli:
103
in 5 g Butter gebraten
2
Haferflocken (40 g)
13
1 Scheibe Roggenbrot (40 g)
7
je 10 g Sonnenblumenkerne, Rosinen
5,5; 1
1 Glas Orangensaft (100 g)
11
Paranüsse, Kürbiskerne
4, 6
je 5 g Sesam, Mandeln
1,25; 3
Banane (100 g)
10
Sojamilch (250 g)
59
Mittagessen
Lachsfilet (125 g)
82
129
Tofu (150 g), frittiert
28
138
in 10 g Butter gedünstet
4
Rosenkohl (200 g), gekocht
81
150 g gekochter Spinat
37
Kartoffelstampf (200 g)
29
Naturreis (60 g)
6
Abendessen
Hamburger
34
63
2 Scheiben Roggenbrot (80 g)
14
55
Pommes (100 g)
22
Guacamole (Avocado 150 g, Tomate 50 g)
25
mit Mayonnaise (15 g)
7
Linsen-Cashew-Aufstrich (20/7 g)
11
Rote Bete-Apfel-Rohkost (60/40 g)
5
Zwischenmahlzeiten / Snacks
Cracker aus Weizenmehl (50 g)
16
21
Erdnüsse, geröstet und gesalzen (40 g)
21
21
1 Apfel (150 g)
5
Muffin (90 g)
39
39
Sojabohnen (Edamame), geröstet und gesalzen (70 g)
81
94
1 Orange (150 g)
13
Summe Cholin-Aufnahme
573
411

Fazit

Es gilt als gesichert, dass die endogene Cholin-Synthese nicht bedarfsdeckend ist. Die publizierten Zufuhrempfehlungen sind nicht einheitlich und nur Schätzwerte. Ob eine unterhalb dieser Grenzen liegende Cholin-Aufnahme negative gesundheitliche Konsequenzen hat, wurde bislang noch nicht in groß angelegten randomisierten Studien geprüft. Listen mit den Cholin-Gehalten von Lebensmitteln sind unvollständig bezüglich veganer Basis- und Fertigprodukte. Deshalb kann die Cholin-Versorgung bei veganer Ernährung zurzeit nicht zuverlässig bestimmt werden. Wegen der hohen Obergrenzen für die gesundheitlich unbedenkliche tägliche Cholin-Aufnahme sind bei der zusätzlichen Einnahme von Supplementen, die ohnehin häufig nur niedrig dosiert sind, keine negativen Konsequenzen zu befürchten. |

Abb. 2: Metabolismus von Cholin CDP-Cholin: Cytidindiphospho-Cholin, PEMT: Phosphatidylethanolamin-N-Methyltransferase


Literatur

 [1] EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA). Dietary Reference Values for choline. EFSA Journal 2016;14(8):4484, doi: 10.2903/j.efsa.2016.4484

 [2] Institute of Medicine (US) Standing Committee on the Scientific Evaluation of Dietary Reference Intakes and Its Panel on, Choline. Dietary Reference Intakes for Thiamin, Riboflavin, Niacin, Vitamin B6, Folate, Vitamin B12, Pantothenic Acid, Biotin, and Choline. National Academies Press (US) 1998, www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK114308/

 [3] Wiedeman AM, Barr SI, Green TJ et al. Dietary choline intake: Current state of knowledge across the life cycle. Nutrients 2018;10:1513

 [4] Zheng Y, Li Y, Rimm EB et al. Dietary phosphatidylcholine and risk of all-cause and cardiovascular-specific mortality among US women and men. Am J Clin Nutr 2016;104:173-180

 [5] He S, Jiang H, Zhuo C et al. Trimethylamine/Trimethylamine-N-oxide as a key between diet and cardiovascular diseases. Cardiovasc Toxicol 2021:21:593–604

 [6] Hwang JS; Shin YJ. Role of choline in ocular diseases. Int J Mol Sci 2021;22:4733

 [7] Wortmann, SB, Mayr JA. Choline-related-inherited metabolic diseases—A mini review. J Inherit Metab Dis 2019;42:237–242

 [8] Poly C, Massaro JM, Seshadri S et al. The relation of dietary choline to cognitive performance and white-matter hyperintensity in the Framingham Offspring Cohort. Am J Clin Nutr 2011;94:1584–1591

 [9] Nurk E, Refsum H, Bjelland I et al. Plasma free choline, betaine and cognitive performance: the Hordaland Health Study. Br J Nutr 2013;109:511-519

[10] Resseguie ME,da Costa KA, Galanko JA et al. Aberrant estrogen regulation of PEMT results in choline deficiency-associated liver dysfunction. J Biol Chem 2011;286:1649–1658

[11] Obeid R, Derbyshire E, Schön C. Association between maternal choline, foetal brain development and child neurocognition; systematic review and meta-analysis of human studies. Adv Nutr 2022;13:2445-2457

[12] Roeren M, Kordowski A, Sina C, Smollich M. Inadequate choline intake in pregnant women in Germany. Nutrients 2022;14:4862

[13] Zeisel SH, Mar MH, Howe JC et al. Concentrations of choline-containing compounds and betaine in common Foods. J Nutr 2003;133:1302–1307

[14] USDA Database for the Choline Content of Common Foods, 2. Ausgabe. Information des US Department of Agriculture, Stand: Januar 2008, www.ars.usda.gov/ARSUserFiles/80400535/Data/Choline/Choln02.pdf

[15] Dilger RN, Garrow TA, Baker DH. Betaine can partially spare choline in chicks but only when added to diets containing a minimal level of choline. J Nutr 2007;137:2224–28

[16] Hoffman MC, Olincy A, D‘Alessandro A et al. Effects of phosphatidylcholine and betaine supplements on women‘s serum choline. J Nutr Intermed Metab 2019;16:100094

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin und Autorin in Berlin. Seit 2001 schreibt sie Beiträge für Zeitschriften des Deutschen Apotheker Verlags sowie für medizinische Fachverlage.

Offizielle Empfehlungen fehlen noch

In der Schwangerschaft ist die Cholin-Aufnahme oft zu gering – Ein Interview

Im November 2022 veröffentlichte die Fachzeitschrift Nutrients eine Studie, in der die Cholin-Aufnahme bei Schwangeren in Deutschland untersucht worden war. Sie wurde am Institut für Ernährungsmedizin des Universitäts­klinikums Schleswig-Holstein in Lübeck unter der Leitung von Prof. Dr. rer. nat. Martin Smollich durchgeführt. Wir baten ihn um eine Einordnung der Ergebnisse.

Prof. Dr. rer. nat. Martin Smollich

DAZ: Welche Bedeutung hat diese Studie? Sind an Ihrem Institut weitere Untersuchungen zum Thema Cholin geplant?

Smollich: Unsere Studie war die erste, die die Cholin-Aufnahme einer Gruppe von Schwangeren in Deutschland untersucht hat, 
und zwar differenziert nach der Ernährungsweise (omnivor vs. vegetarisch/vegan) und nach der Cholin-Quelle (normale Nahrung vs. Nahrungsergänzungsmittel). Die Er­gebnisse zeigen, dass dem Thema Cholin in der Schwangerschaft bisher vermutlich zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde, und zwar auch von den Herstellern von Nahrungsergänzungsmitteln, die explizit für Schwangere beworben werden. In Folgestudien werden wir uns die Beratungssituation von Schwangeren anschauen: Welches Vorwissen zu Cholin haben Gynäkologinnen und Hebammen, welche Empfehlungen geben sie, und gibt es hier möglicherweise weiteren Aufklärungsbedarf?

DAZ: Wie bewerten Sie Diskussionen, ob bei unzureichender Cholin-Zufuhr z. B. ein Risiko für Neuralrohrdefekte besteht? Könnte die Ver­sorgung mit Folsäure, die ja bei Schwangeren in Deutschland in der Regel sehr gut ist, eine zu geringe Cholin-Aufnahme kompensieren?

Smollich: In einer aktuellen Metaanalyse [11] wurde sehr gut herausgearbeitet, dass es deutliche Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen niedriger Cholin-Zufuhr in der Schwangerschaft nicht nur mit Neuralrohrdefekten, sondern auch mit kognitiven bzw. anderen neuronalen Endpunkten gibt. Die verfügbaren Daten erlauben bisher aber nicht, unterschiedliche Effekte von Folat und Cholin klar zu unterscheiden, da beide Substanzen physiologisch eng zusammenhängen.

DAZ: In Ihrer Studie nahmen nur 5% der Schwangeren Cholin-haltige Nahrungsergänzungsmittel ein. Erwarten Sie in absehbarer Zeit ärzt­liche Empfehlungen für die Cholin-Supplementierung in der Schwangerschaft, ähnlich wie bei Folsäure und Iodid?

Smollich: Bis es offizielle Empfehlungen gibt, wird es vermutlich noch etwas dauern – was aber auch an der Langwierigkeit solcher Prozesse liegt. Vor allem angesichts der Tatsache, dass sich immer mehr Schwangere vegetarisch oder vegan ernähren und beide Ernährungsformen mit einer besonders niedrigen Cholin-Aufnahme einhergehen, sind solche Empfehlungen sinnvoll. Allerdings haben auch viele omnivore Schwangere eine Cholin-Zufuhr, die unterhalb der angemessenen Zufuhr liegt.

DAZ: Vielen Dank für das Gespräch!

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