Die Seite 3

Neuer Anlauf!

Dr. Thomas Müller-Bohn, Redakteur der DAZ

Ein neues Jahr hat begonnen und die Herausforderungen sind so groß wie schon lange nicht mehr. Das gilt für die Welt insgesamt, für die Politik in Deutschland und auch für die Apotheken. Die offenkundige Erkenntnis, dass etwas zu tun ist, verspricht auch Chancen. Schon vor einem Jahr schien das Interesse an den Apotheken während der Pandemie eine gute Grundlage für positive Veränderungen zu sein. Die Erhöhung des Kassenabschlags hat diese Hoffnung bitter enttäuscht. Nun sind die Apotheken durch Lieferengpässe sogar bei gängigen Arzneimitteln erneut und noch stärker ins öffentliche Interesse gerückt. Für Politik und Öffentlichkeit bietet das viele Lernmöglichkeiten: Logistik ist keine Selbstverständlichkeit. Auch patentfreie und sogar rezeptfreie Arzneimittel sind nur in engen Grenzen substituierbare Güter mit hohen Anforderungen. Flächendeckende Versorgung ist keine virtuelle Vision, sondern erfordert Präsenz vor Ort, auch in sozial schwachen und entlegenen Regionen. Das alles spricht dafür, die Apotheken, den Pharmagroßhandel und die Hersteller von Arzneimitteln für die Grundversorgung zu stärken. Das erfordert viel Geld. Doch im Vergleich zu den enormen ungeplanten Ausgaben wegen der Pandemie und für die Energieversorgung relativieren sich die Beträge. Angesichts ihrer grundlegenden Bedeutung sollte die Arzneimittelversorgung Nachbesserungen in der Milliardendimension wert sein, zumal rechtzeitige Vorsorge billiger als späteres Krisenmanagement ist.

Damit stehen die Chancen für einen neuen Anlauf zur Stärkung der Apotheken gut. Das wird neben Argumenten gute Daten erfordern. Die Belastungen der Apotheken und die Folgen für die Versorgungssicherheit müssen mit validen Zahlen und überzeugenden Prognosen deutlicher als bisher vermittelt werden. Das Ziel ist nicht das kurzfristige Schließen von Lücken, sondern die Apotheken brauchen langfristig mehr Geld, um Nachwuchs zu gewinnen und das bewährte System zu erhalten. Doch Geld allein wird nicht reichen. Ebenso unverzichtbar ist der Abbau der überbordenden Bürokratie, die längst zu einer absurden Kultur des Misstrauens geworden ist. Sie dient vor allem ihrem Selbstzweck und kostet wahrscheinlich viel mehr, als ihre Kontrollfunktion je einsparen könnte. Denn sie kostet vor allem Arbeitszeit des knappen Fachpersonals, das dringend für die eigentliche Arbeit gebraucht wird. Helfen kann da allerdings nur eine komplette Kehrtwende, keine Detailkorrektur.

Alle diese Herausforderungen gilt es aufzugreifen und die Politik mit neuen Konzepten zu überzeugen. Wer die ersten Vorschläge macht, muss sich zwar der Diskussion stellen. Das ist anstrengend, verspricht aber mehr Erfolg, als später nur auf die Ideen anderer reagieren zu müssen. Die angekündigte Strukturreform ist eine Chance, sich in einem neuen Anlauf rechtzeitig zu positionieren. Hoffen wir also für 2023 auf eine erfreuliche Entwicklung und gute Neuigkeiten. Ein gutes neues Jahr wünscht 

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