Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Die Generation Z

Jung, anspruchsvoll, vernetzt mit hoher Selbstachtung

Prof. Dr. Andreas Kaapke 

Mit der Generation Z ist nicht zu spaßen, denn die Angehörigen dieser Alterskohorte wissen, was sie wollen, und dies vergleichsweise genau. Zur Generation Z zählt man die Geburtsjahrgänge 1995 bis 2012. Deren Jugendjahre sind von einem sehr hohen Tempo des Wandels bestimmt gewesen. Die vorderen Geburtsjahrgänge haben den 11. September 2001 aus der Brille des Kindes mitbekommen, außerdem den DM-Euro-Wechsel, das Platzen der Internet-Blase sowie die Wirtschafts- und Bankenkrise. Alle, egal wann im Zeitkorridor geboren, haben die Frage der Migration und der Merkel-Botschaft „Wir schaffen das“ bis hin zur Corona-Pandemie und nun die neuesten Herausforderungen miterlebt. Sie stehen mehrheitlich aber noch nicht voll im Beruf, sondern von kurz davor bis zu einem „das ist noch weit hin“.

Der technologische Fortschritt verlief in dieser Zeit rasant, was die Generation aber als selbstverständlich wahrgenommen hat und als gegeben hinnimmt, mithin damit im Durchschnitt besser umzugehen weiß als alle Generationen zuvor. Weil man damit sozialisiert wurde und wird, ist es eben ganz normal. Die sogenannten Digital Natives empfinden die Turbo-Geschwindigkeit der digitalen Transformation als weit weniger schlimm als die Kohorten zuvor. Ob der Globalisierungs-Trend auf hohem Niveau bestehen bleibt, weiß man noch nicht. Die Klima-, Energie- und auch Lieferkrise lässt die globale Welt in einem zweifelhaften Licht erscheinen und diese junge Generation hinterfragt stark, ob dies alles so sein muss. Spätestens wenn klar wird, dass das Gas zum Heizen aus Russland kommt, werden Selbstverständlichkeiten zur Makulatur. Man ist international vernetzt, es gehört zum Establishment dazu, dass man Freunde auf der ganzen Welt hat und pflegt und doch gleich­zeitig regional verwurzelt ist und größtenteils bleiben wird. Diese Ambivalenz macht die Gruppe auch nicht immer greifbar. Alles soll Sinn ergeben, alles wird hinterfragt und doch steht „Fun“ ganz oben auf der Agenda.

Sharing Economy ist nicht nur okay, sondern erstrebenswert, man muss das Auto nicht besitzen, es soll aber jederzeit verfügbar sein, an jedem Ort, an dem man gerade selbst ist. Dies lässt sich auf alles andere übertragen. Diese Generation will, dass vieles, wenn nicht alles ermöglicht wird nach ihren Werten. Sie liebt die Individualität, ist aber hinreichend opportunistisch, also anpassungsfähig. Gegenüber dem Neuen, auch Technolo­gischem ist man aufgeschlossen und offen, man probiert gerne aus, verwirft aber auch schnell. Der Wandel ist die neue Kontinuität. Und diese Generation bevorzugt Erlebnisse vor Produkten.

Nun ist jedem Leser klar, dass bei allen Stereotypen nicht alles auf alle zutrifft, dass diese Beschreibungen vielfach übertrieben sind, dass es häufig sehr viel schwächere Ausprägungen gibt und eben auch jede Ausprägung ihre Gegenausprägung kennt.

Dennoch treffen wir diese Generation nun an den Hochschulen, z. B. beim Pharmaziestudium, oder bei einer Ausbildung zur PTA/PKA, wir erleben sie also als Mitarbeiter mit all den Ansprüchen, Erwartungen und Wünschen, die sich eben einfügen müssen in ein Team, in dem neben den Babyboomern und der Generation X auch noch die Generation Y anzutreffen ist. Nun war das Aufeinandertreffen von Generationen schon immer herausfordernd, jedoch ist die Kluft zwischen den vom Arbeitsethos getriebenen Babyboomern und der nach Sinnstiftung und Work-Life-Balance ausgerichteten Generation Z sehr ausgeprägt. Ist es immer hinzubekommen, den Erwartungen der Generation Z nicht nur gerecht zu werden, sondern sie zu verstehen und verstehen zu wollen? Zudem gibt es ja auch Kunden der Generation Z, zwar in Apotheken noch in einer echten Minderheit, aber bald als die nachrückende Kundschaft mit der weitverbreiteten Grundhaltung „Ich-Alles-Sofort“.

Es darf nicht falsch verstanden werden, die Mitglieder der Generation Z sind Kinder dieser Zeit. Ihr gesellschaftspolitisches Gewissen muss man sich leisten können oder wollen. Und die oft auch unangenehmen Fragen stellen das Selbstbild der früher Geborenen gehörig auf den Kopf. Es ist vorschnell analysiert, wenn man alles abtut und zusammenfassend feststellt, dass es der Generation Z zu gut geht. Anders wird ein Schuh draus. Ihr geht es so gut, weil man ggf. zuvor bestimmte Werte vernachlässigt hat, und es ist leichter, freiwillig zu verzichten, als im Verzicht groß geworden zu sein. Deren Fragen sind deshalb mehr als richtig und überfällig. Die Attitüde, die dabei bisweilen an den Tag gelegt wird, freilich nicht. Und die Schizophrenie ist auch hier hinreichend ausgeprägt. Ein Bewerber auf einen Job im Verkauf in einem Einzelhandelsgeschäft stellte als erste eigenständige Frage nach den üblichen Ritualen zur Person und zum Unternehmen im entsprechenden Bewerbungs­gespräch die Frage nach dem Homeoffice-Anteil. Der Arbeit­geber, ob der Frage vor dem Hintergrund des Stellenprofils überrumpelt, fragte nach, was sich der Bewerber vorstellen würde. Ja, schon mehr als 50 Prozent. Wenig verwunderlich, dass es zu keiner Einigung kam. Die Ansprüche werden artikuliert, die Lösungen aber dann oft von den anderen erwartet. Was es im Miteinander nicht einfacher macht! |

 

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

 

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