Wirtschaft

Medizinalcannabis bald per Drohne?

Online-Apotheke Cannalivery setzt auf Streichung aus Betäubungsmittelgesetz

mp | Zugang zu legalem Cannabis haben in Deutschland derzeit nur Patienten, die mit Medizinalcannabis als Arzneimittel behandelt werden. Da dieser Zugang nicht überall gleich gut ist, will Apotheker Michael Thiebes zukünftig Kunden per Drohne beliefern.

„Wir haben ein Versorgungs­problem, weil nicht alle Apotheken in dem Thema super fit sind. Und ein Versorgungsproblem haben wir leider auch, weil es immer weniger Apotheken gibt“, erklärt Michael Thiebes, der mit seiner Schwester Stephanie Spahn einen Apothekenverbund in Nieder­kassel betreibt, im Gespräch mit der DAZ. Vor rund einem Jahr begannen sie, die auf Cannabis spezialisierte Online-Apotheke Cannalivery aufzubauen.

Strategischer Partner und Investor ist der Cannabis-Importeur und Logistiker Cannamedical. Ende März wurden erste Rezepte über Cannalivery beliefert. Noch bewegen sich seine Kunden im Bereich um die einhundert, sagt Thiebes. Doch die Kundenzahl steige täglich.

Heute läuft der Prozess so ab: Patienten oder deren behandelnde Ärzte können ihre Verordnung über ein Cannabis-Arzneimittel an die Apotheke schicken. Sobald es im Original vorliegt, wird das Arzneimittel binnen 48 Stunden beliefert und nach Vorlage des Personalausweises abgegeben. Apothekenmitarbeiter beraten die Patienten telefonisch. Bald möchte die Apotheke Beratungen per Videochat anbieten.

In Ballungsräumen Lieferung in sieben Stunden geplant

Mithilfe von Cannamedical soll auch die Lieferung effizienter werden. Und zwar mit Fahrrad­kurieren und Lieferungen per Drohne. Nächstes Jahr sollen in Ballungsräumen wie Köln, Hamburg, München oder Berlin Lieferungen innerhalb von sieben Stunden möglich werden.

Drohnenlieferungen sind schon seit Jahren im Gespräch, vor allem durch Ankündigungen des Onlineversandhändlers Amazon. Doch selbst dessen Drohnen-Marke „Amazon prime Air“ hat nicht mehr vorzuweisen als ein erstes Pilotprojekt in Kalifornien, das Ende 2022 startete.

Und nun will eine Versandapo­theke schon in einem Jahr Arzneimittel per Drohne liefern, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen? Für Cannamedical und Apotheker Michael Thiebes ist das realistisch. Sie gehen davon aus, dass das Betäubungsmittelgesetz keine Hürde sein wird.

Bereits in den im vergangenen Herbst von der Bundesregierung beschlossenen und mittlerweile aufgrund von europarechtlichen Problemen „auf Eis“ gelegten Eckpunkten zur kontrollierten Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken hieß es: „Cannabis (Pflanze, Cannabisharz) und THC werden dabei künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelge­setzes (BtMG) eingestuft. Genusscannabis, Medizinalcannabis und Nutzhanf werden vollständig aus dem Anwendungsbereich des BtMG ausgenommen und die jeweiligen rechtlichen Rahmen­bedingungen werden in einem gesonderten Gesetz festgelegt.“

Laut Cannamedical-CEO David Henn haben sich die zuständigen Ministerien im März 2023 auf diese Idee geeinigt.

In den am vergangenen Mittwoch vorgestellten Eckpunkten zur Legalisierung von Genusscannabis findet sich dazu allerdings keine Aussage, es heißt lediglich: „Die Rahmenbedingungen für den Umgang werden in einem gesonderten Gesetz geregelt.“ Gut möglich, dass in dem Gesetz­entwurf, der laut Bundesgesundheitsministerium Ende dieses Monats vorgelegt werden soll, die Einstufung als Betäubungsmittel revidiert wird.

Patienten mit abgelehnter Kostenübernahme sollen beraten werden

Auf eine breitere Versorgung mit Medizinalcannabis fühlt sich Apotheker Michael Thiebes vor­bereitet. Auch dabei unterstützt der strategische Partner Canna­medical. Bis Ende 2023 soll ein Team aus Anwälten und Fachärzten als Berater für Patienten bereitstehen, deren Krankenkassen die Anträge zur Kostenübernahme ihrer Cannabistherapie ablehnen.

„Wenn sich die rechtliche Lage ändert, dann sind wir bereit, Patienten zu versorgen, die vorher nicht den Zugang zu medizinischem Cannabis hatten“, sagt Thiebes im Gespräch mit der DAZ. „Unser Ziel ist, dass wir uns auf dieses Thema spezialisieren und Patienten versorgen können.“ |

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