Gesundheitspolitik

Keine Verschärfung bei Medizinalcannabis

Gemeinsamer Bundesausschuss ändert Arzneimittel-Richtlinie / Erleichterung bei Cannabis-versorgenden Apotheken

ks | Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am vergangen Donnerstag seine mit Spannung erwarteten Detailregelungen zur künftigen Versorgung mit medizinischem Cannabis beschlossen. Die entsprechenden neuen Regelungen in der Arzneimittel-Richtlinie halten sich nun eng im gesetzlich vorgegebenen Rahmen. So ist beispielsweise der von vielen Seiten befürchtete explizite Nachrang von Cannabisblüten vom Tisch.

Seit März 2017 kann Medizinal­cannabis unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 SGB V zulasten der GKV verordnet werden. Umfasst sind getrocknete Blüten oder Extrakte in standardisierter Qualität sowie Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon. Zugleich legte der Gesetzgeber fest, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) von 2017 bis 2022 eine Begleiterhebung zum Einsatz von Cannabis durchführt. Auf Grund­lage der Ergebnisse dieser Erhebung sollte sodann der G-BA das Nähere zum Leistungsanspruch in seiner Arzneimittel-Richtlinie regeln.

Anfang November 2022 startete der G-BA das Stellungnahme­verfahren zu seinen Vorschlägen. Und das wurde sehr leidenschaftlich geführt. Denn die Beschlussvorlage mit ihren einzelnen Optionen rief einigen Widerspruch hervor. Vor allem die Bestrebungen der Krankenkassen, die Versorgung mit Blüten nachrangig zu behandeln und stattdessen die Versorgung mit Cannabis-Fertigarzneimitteln zu bevorzugen sowie die Verordnung Fachärzten vorzubehalten, kamen nicht bei allen Marktbeteiligten gut an.

Nun ist der Beschluss gefallen. Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken betonte in der Sitzung, dass er das Stellungnahmeverfahren als „sehr wertvoll“ wahrgenommen habe. Man habe dabei breit erfahren, wie die Behandlung Schwerkranker mit medizinischem Cannabis laufe. Der Beschlussentwurf, der daraus entstanden sei, orientiere sich an den gesetzlichen Vorgaben. Mehrfach betonte Hecken, dass die nun beschlossenen Regelungen „keine zusätzlichen Anforderungen an die Verordnung von medizinischem Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten stellen, die über die gesetzlich zwingenden und für den G-BA verbindlichen gesetzlichen Verordnungsvoraussetzungen hinausgehen“. Sie schöpften den vom Gesetzgeber gegebenen Rahmen voll aus und seien ein fachlich ausgewogener und in der Versorgungspraxis sehr gut gangbarer Weg, um eine gute und rechts­sichere Versorgung sicherzustellen.

Kein Facharztvorbehalt

Tatsächlich gibt es keine einschneidenden Änderungen. Klargestellt wird aber z. B., dass nur die Erstverordnung von Cannabis sowie ein grundlegender Therapiewechsel der Genehmigung durch die Kassen bedürfen, nicht aber Folgeverordnungen, Dosisanpassungen oder der Wechsel zu anderen Blüten oder Extrakten. Verordnungen im Rahmen der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) bedürfen grundsätzlich keiner Genehmigung. Und in der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung (AAPV) oder bei Beginn einer Cannabistherapie bereits während einer stationären Behandlung besteht zwar eine Genehmigungspflicht, die Prüffrist der Kassen beträgt aber nur drei Tage. Einen Facharztvorbehalt für die Verordnung von medizinischem Cannabis gibt es nicht. Das ist vor allem in der AAPV und der SAPV von Bedeutung, weil hier weit­gehend Allgemeinmediziner die Patienten versorgen.

Beim Verband der Cannabis ver­sorgenden Apotheken (VCA) ist man erleichtert: Geschäftsführerin Christiane Neubaur erklärte, sie sei froh, dass es nicht schlimmer gekommen sei, sondern sich der G-BA an den gesetzlichen Rahmen gehalten habe. Für die Patienten sei es gut, dass es keine Einschränkungen gegenüber dem bisherigen Verfahren und bei der SAPV-Versorgung sogar eine Verbesserung gebe.

Der Beschluss tritt in Kraft, wenn das Bundesgesundheitsministe­rium ihn rechtlich nicht beanstandet und der G-BA ihn im Bundesanzeiger veröffentlicht hat. |

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