Arzneimittel und Therapie

Suizidgefahr bannen

Ketamin könnte schnelle Hilfe bieten

mab | Der Bedarf an Pharmaka, die akut suizidgefährdeten Patienten helfen können, ist groß. Zwar weisen Antidepressiva einen antisuizi­dalen Effekt auf, der jedoch erst nach einigen Wochen Anwendungsdauer erreicht wird. Die häufig eingesetzten Hypnotika und Anxiolytika wirken zwar schnell, die wissenschaftliche Evidenz zu deren Einsatz ist jedoch gering. Dass das ursprünglich zur Narkosetherapie entwickelte Ketamin auch antidepressive Effekte aufweist, wurde in mehreren Studien gezeigt. Nun wurde auch ein möglicher anti­suizidaler Effekt des NMDA-Rezeptor-Antagonisten in einer Doppelblind-Studie in Frankreich untersucht. Dazu wurden 156 Personen im Alter über 18 Jahren, die aufgrund von akuten Selbstmordgedanken ein Krankenhaus aufgesucht hatten, randomisiert in zwei Gruppen aufgeteilt. 83 Probanden erhielten neben der Standardmedikation im Abstand von 24 Stunden 40 Minuten Kochsalzlösung infundiert, die übrigen 73 Ketamin (0,5 mg/kg Körper­gewicht). Und das Narkosemittel schien effektiv zu sein: Nach drei Tagen befanden sich signi­fikant mehr Probanden (63%) in der Ketamin-Gruppe in Remission als in der Placebo-Gruppe (31,6%, Odds Ratio [OR]: 3,7, p < 0,001). Die Subanalyse zeigte, dass auch die Grunderkrankung eine Rolle zu spielen scheint, wie stark anti­suizidal der Effekt von Ketamin ausfällt. So war die Remissionsrate an Tag 3 in der Gruppe mit bipolaren Störungen am größten (OR = 14,1), gefolgt von Depressionen (OR = 1,3) und sonstigen psychotischen Erkrankungen (OR = 3,7). Da die Wirkung im Vergleich zu Placebo auch anhielt (Remissionsrate in Woche 6 unter Ketamin 69,5%, unter Placebo 56,3%) und auch keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auftraten, sehen die Autoren in Ketamin ein geeignetes Pharmakon, um akut suizidgefährdeten Personen schnell zu helfen. Nun sollen weitere Studien zum Langzeiteffekt und der Sicherheit von Ketamin folgen. |

Literatur

Abbar M et al. Ketamine for the acute treatment of severe suicidal ideation: double blind, randomised placebo controlled trial. BMJ 2022. doi: 10.1136/bmj-2021-067194

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