Arzneimittel und Therapie

Vier auf einen Streich

Bilastin, Dexibuprofen, Paracetamol / Ibuprofen und Levodropropizin ab sofort nicht mehr Rx

mab | In den letzten beiden Sitzungen am 26. Januar 2021 und 13. Juli 2021 hatte der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfohlen, das Antihistaminikum Bilastin, den schmerz- und entzündungshemmenden Wirkstoff Dexibuprofen, die schmerz- und entzündungshemmende Kombination aus Paracetamol und Ibuprofen sowie den Hustenstiller Levodropropizin aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Am vergangenen Freitag hat der Bundesrat nun den Änderungen zugestimmt.

Das antiallergisch und entzündungshemmende Bilastin und seine Ester sind nun in festen oralen Darreichungsformen bis zu einer Dosis von maximal 20 mg für Erwachsene und Kinder ab zwölf Jahren auch ohne ärztliche Verschreibung erhältlich. Der Wirkstoff zeichnet sich durch seinen schnellen Wirkeintritt innerhalb von 30 bis 60 Minuten nach Einnahme und seine lange Wirkdauer von 24 Stunden aus. Er kann eingesetzt werden zur Behandlung von saisonaler und perennialer Rhinokonjunktivitis und Urtikaria. Bilastin wirkt nicht sedierend und weist aufgrund seiner fehlenden Interaktion mit dem Cytochrom-P450-System ein geringes Wechselwirkungspotenzial mit anderen Arzneimitteln auf. Bei älteren Patienten oder Nierenfunktionsstörungen sind keine Dosisanpassungen notwendig. Die Entlassung aus der Verschreibungspflicht wird mit den gesammelten Erfahrungen mit anderen in der Selbstmedikation erhältlichen Antihistaminika der zweiten Generation (Loratadin, Cetirizin) begründet. In Deutschland ist aktuell nur ein Bilastin-haltiges Präparat zugelassen, Bitosen® von der Berlin-Chemie AG.

Foto: WoGi/AdobeStock

Neue Analgetika für die Selbstmedikation

Auch von Dexibuprofen, das als orale Tablette in einer maximalen Einzeldosis von 200 mg (maximale Tagesdosis 600 mg, maximaler Packungsinhalt 4 g) zur Behandlung von leichten bis mäßigen Schmerzen bis zu maximal vier Tagen aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde, ist aktuell nur ein Präparat mit 200 mg Dexibuprofen pro abgeteilter Form in Deutschland erhältlich: Dexibuprofen Fairmed Healthcare 200 mg Filmtabletten. Das S-(+)-Enantiomer des Racematgemischs Ibuprofen soll einigen Studienautoren zufolge bei einer signifikant geringeren Dosis (50%) eine ähnliche schmerz- und entzündungshemmende Wirkung entfalten wie das Racemat­gemisch. Diese Hypothese wird jedoch nicht von allen Wissenschaftlern gestützt. Da jedoch die Nebenwirkungsspektra von Dexibuprofen und Ibuprofen im Wesentlichen gleich sind und Ibuprofen seit Langem in Dosierungen bis 400 mg verschreibungsfrei erhältlich ist, kann eine Anwendung in der Selbstmedikation erwogen werden.

Auch die Kombination aus Paracet­amol (max. Einzeldosis 500 mg, max. Tagesdosis 3 g) und Ibuprofen (max. Einzeldosis 200 mg, max. Tagesdosis 1200 mg) kann künftig ohne ärztliche Verschreibung erworben werden. Das Wirkstoffduo soll den Experten zufolge eine stärkere analgetische Wirkung hervorrufen als die Einzelsubstanzen allein, ohne jedoch deren Kinetik zu verändern. Da beide Substanzen seit Langem verschreibungsfrei erhältlich sind, kann auch von einem ähnlichen Nebenwirkungsprofil wie bei den Einzelsubstanzen ausgegangen werden. Aktuell sind in Deutschland Kombinationspräparate von Ratiopharm GmbH, Acino AG und Ever Pharma GmbH (Duoval®) erhältlich.

Hustensaft für Kinder

Als Vierter im Bunde kann auch das S-Enantiomer von Dropropizin, Levodropropizin, künftig zur antitussiven Therapie für maximal sieben Tage bei Erwachsenen und Kindern ab zwei Jahren ohne Rezept erworben werden. Derzeit sind zwei zugelassene Präparate (Quimbo® Tropfen und Quimbo® Saft, Pädia GmbH) in Deutschland erhältlich. Die anti­tussive Wirkung von Levodropropizin wird über die Einwirkung auf den Tracheobronchialbaum erreicht, wobei der genaue Wirkmechanismus weiterhin unklar ist. Da Dropropizin bereits seit den 1960er-Jahren verschreibungsfrei als Hustenmittel erworben werden kann und das Nebenwirkungsspektrum (sehr selten allergische Reaktionen, Magen-Darm-Beschwerden) von Levodropropizin im Vergleich zu anderen, nicht verschreibungspflichtigen Antitussiva relativ gering ist, hat der Bundesrat der Entlassung aus der Verschreibungspflicht zugestimmt. Die Neuregelung der Verordnung tritt am ersten Tag des ersten Kalendermonats nach Verkündung der Verordnung in Kraft. |

Literatur

20. Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV), Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 29. Dezember 2021

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