Apothekertage

Apothekertage 2022

Nach jahrelanger Corona-Pause fanden viele Veranstaltungen dieses Jahr wieder in Präsenz statt

Von Thomas Müller-Bohn | Nach zwei Jahren online fanden 2022 auch der Deutsche Apothekertag und die Expopharm wieder in Präsenz statt. Die Quintessenz der diskutierten Anträge sowie das Wichtigste aus den Apothekertagen der Länder aus dem vergangenen Jahr zusammengefasst.

Die Apothekertage in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern konnten dieses Jahr wieder in Präsenz abgehalten werden. Auch der Deutsche Apothekertag öffnete seine Tore auf dem Münchener Messegelände. Der für den 14. und 15. Mai in Osnabrück geplante Niedersächsische Apothekertag fiel allerdings pandemiebedingt aus. Als neuer Termin ist der 12. bis 14. April 2024 vorgesehen.

Thüringer Apothekertag

Am 24. und 25. Juni fand im Kongresszentrum von Bad Langensalza der Thüringer Apothekertag statt. Kammerpräsident Ronald Schreiber betonte dort die Bedeutung der Apotheken für die Versorgung. Mit Blick auf die Beratungsfunktion der Apotheken verwies er besonders auf das Modellprojekt ARMIN, die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen. Weitere Perspektiven vermittelte der Vortrag des Berliner Zukunftsforschers und Bestsellerautors Max Thinius. Im Rahmen des Apothekertages wurde die Johann-Bartholomäus-Trommsdorf-Medaille an Dr. Uta Müller verliehen, die seit 2012 die Abteilung „Wissenschaftliche Entwicklung“ bei der ABDA leitet. In seiner Laudatio würdigte Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbandes, Müllers großes Engagement bei der Gestaltung und Realisierung des ARMIN-Projekts in Thüringen. Derzeit begleitet sie die Thüringer Apotheker bei der wissenschaftlichen Auswertung des Modellvorhabens.

Deutscher Apothekertag

Der Deutsche Apothekertag (DAT) fand vom 14. bis 16. September als Präsenzveranstaltung in München in der gewohnten Verbindung mit der Fachmesse Expopharm statt. Nur Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ließ sich online zuschalten. Gemäß einem Beschluss der Haupt­versammlung vom Vorjahr stand der Apothekertag unter dem Motto „Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit“, das in einem Themenforum und vielen Anträgen ausführlich berücksichtigt wurde. In Verbindung mit der Debatte über die angekündigte, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht beschlossene Erhöhung des Apothekenabschlags und den zahl­reichen Anträgen ergab sich ein dicht gedrängtes Programm mit einem Schwerpunkt bei der Antragsdebatte. Allerdings entfiel die ursprünglich geplante Politikerrunde aufgrund von termin­bedingten Absagen.

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening machte deutlich, dass der Berufsstand verärgert über die Sparpläne sei. Vielmehr erwarte sie eine Aufwertung und die nachhaltige Unterstützung des „Biotops wohnortnahe Arzneimittelversorgung“. Dieses System sei vergleichsweise klein und beanspruche nur 1,9 Prozent der GKV-Gesamtausgaben – 2005 waren es noch 2,8 Prozent. Dieses System müsse vor Kapitalinteressen geschützt werden. Für Sparmaßnahmen gebe es nichts mehr zu holen. Dazu seien die Apotheker nicht mal angehört worden. Sie verwies auch auf den Widerspruch zu den Leistungen der Apotheken in der Pandemie und kritisierte den Plan, mit Gesundheitskiosken Parallelstrukturen aufzubauen, statt die bestehenden Strukturen zu stärken. Die neuen Dienstleistungen hob sie als Quantensprung für den Berufsstand hervor, weil die Apotheker damit erstmals selbst honorierte Leistungen auslösen können. Trotz aller Probleme plädierte sie für Zuversicht.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Virtueller Ministerbesuch

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach betonte in seinem Online-Grußwort, er hätte den Apothekern die Belastung durch die Sparpläne gern erspart, wolle die Lasten aber fair verteilen. Er betonte das große Potenzial der Apotheken als zentrale Dienst­leister auch in unterversorgten Gebieten, besonders für mehr Präventionsleistungen. Bezüglich der Sparpläne verwies er auf Effizienzreserven, die zu heben seien, versicherte aber den Apotheken, neue Perspektiven durch neue Leistungen zu eröffnen. In der Diskussion wurde zurückgewiesen, dass in Apotheken noch Effizienz­reserven bestünden.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Geschäftsbericht der ABDA

ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz hob die Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen als „historisch“ hervor. Er betonte die weiteren neu gewonnenen Kompetenzen der Apotheken und ihrer Organisationen bei Impfungen, Schulungsanforderungen für diese Impfungen, der Richtlinie für die praktische PTA-Ausbildung, der Impfsurveillance für Impfungen in Apotheken und bei Funktionen der Digitalisierung. Schmitz sieht darin große Erfolge für die Erreichung langfristiger Ziele. Er kritisierte die anstehende Honorarkürzung vor dem Hintergrund der Mühen in der Pandemie und verwies auf Bestrebungen der EU, ihren Einfluss auf die nationalen Gesundheitssysteme weiter auszu­bauen. Das werde auch die Datenschutzanforderungen massiv betreffen.

Klima, Gesundheit, Pharmazie

Bei der Eröffnung des Apothekertages berichtete Klimaforscher Prof. Dr. Markus Rex über „Mosaic“, die von ihm geleitete größte Polarexpedition der Geschichte mit dem Forschungsschiff „Polarstern“. Er beschrieb Klimaveränderungen in der Arktis und erklärte die Folgen für die gemäßigten Breiten. Im Themenforum ging es um die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit. Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann beschrieb gesundheitliche Folgen der Umweltverschmutzung und berichtete, wie Hitze den Kreislauf und das Gehirn belastet und zu Aggressivität führt. Dr. Martin Herrmann, Vorsitzender der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit, erklärte, die Gesundheit sei das zentrale Element, für das in der Klimakrise zu handeln sei. Wesentlich sei, vom Wissen zum Handeln zu kommen.

Eröffnung der Expopharm

Der DAV-Vorsitzende Thomas Dittrich betonte die große Rolle der Apotheken an der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems in der Pandemie und die Bedeutung von Lieferengpässen. Der dadurch entstehende organisatorische Aufwand koste etwa 15.000 Euro pro Apotheke und Jahr. Dittrich hob die Bemühungen der Apotheken bei der Digitalisierung hervor und mahnte, die Selbstverwaltung schaffe sich selbst ab, weil die Verhandlungen so oft scheiterten. Mit Blick auf die Inflation forderte Dittrich „eine bessere Vergütung statt zusätzlicher Beschneidungen“.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Viele Anträge

Die folgenden (hier stark verkürzt dargestellten) Anträge wurden von der Hauptversammlung angenommen:

  • Die Arbeit in Apotheken soll klimafreundlich gestaltet werden, ohne die ordnungsgemäße Arzneimittelver­sorgung zu beeinträchtigen. Gesundheitliche Folgen des Klimawandels sollen in die Aus-, Fort- und Weiterbildung integriert werden. Apotheken sollen zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit beraten. Apotheker und ihre Organisationen sollen selbst ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten.
  • Eine Arbeitsgruppe soll prüfen, inwieweit Vorschriften für den Apothekenbetrieb durch nachhaltigere und klimafreundlichere Regelungen ersetzt werden können.
  • Ein Modellprojekt zu ressourceneffizienten und kostengünstigen Identifizierungsmethoden für Ausgangsstoffe soll unterstützt werden.
  • Die Bonpflicht soll für den ganzen Einzelhandel abgeschafft werden.
  • Die ABDA und ihre Mitgliedsorganisationen sollen ihren ökologischen Fußabdruck bis 2030 verringern.
  • Der Gesetzgeber soll sichere und verlässliche ordnungspolitische Rahmenbedingungen für die inhabergeführten örtlichen Apotheken schaffen. Dazu gehört die Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation, die nicht durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz gefährdet werden darf. Bei allen Regelungen soll zum Wohl der Patienten das Ziel berücksichtigt werden, die Arzneimittelversorgung vor Ort zu sichern. Aktivitäten von Großkonzernen auf dem Arzneimittelmarkt sollen kontinuierlich überprüft werden.
  • Apotheken und andere für die Arzneimittelversorgung relevante Betriebe sollen bei Energie- und Rohstoffknappheit besonders unterstützt werden, um Versorgungsengpässe zu vermeiden.
  • Die Produktion von Wirkstoffen und Arzneimitteln soll unter hohen Umwelt- und Sozialstandards wieder verstärkt in der EU stattfinden.
  • Der Produktionsstandort Europa für Arzneimittel soll gefördert werden.
  • Arzneimittelhersteller sollen gemeinsam mit Apothekern nach Lösungen für die Versorgung mit kontingentierten Arzneimitteln suchen.
  • Ausnahmeregeln der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung sollen dauerhaft gelten: Austausch bei nicht vorrätigen Arzneimitteln, Verordnungsmöglichkeit für die größte Packungsgröße im Entlassmanagement, Taxierung des tatsächlichen Einkaufspreises von Fertigarzneimitteln in Parenteralia bei Nichterzielbarkeit des vereinbarten Preises, Erweiterung der Ermächtigungsmöglichkeiten für Ausnahmeregelungen in Krisenlagen, Herstellungsmöglichkeit für Desinfektionsmittel in öffentlichen Apotheken als Biozid ohne EU-Zulassung.
  • In § 17 Abs. 2 Sätze 1, 2 und 4 ApBetrO soll „Bote“ durch „Personal“ ersetzt werden, damit Zustellpersonen in einem weisungsgebundenen Auftragsverhältnis zur Apotheke stehen müssen.
  • Zum Schutz vor bedrohlichen oder belästigenden Anrufen im Notdienst sollen geeignete Maßnahmen ergriffen werden.
  • Die Verpflichtung von Arzneimittelherstellern zur bedarfsgerechten Bereitstellung von Arzneimitteln gemäß § 52b AMG soll auf die Belieferung von Krankenhausapotheken ausgedehnt werden.
  • Die nicht ordnungsgemäße Meldung von Lieferengpässen gemäß § 52b AMG soll mit Sanktionen für die Hersteller belegt werden.
  • Der Anspruch von GKV-Versicherten über 60 Jahren auf eine Influenza-Impfung mit quadrivalentem Impfstoff soll unbefristet weiter gelten.
  • Die Privilegierung der Apotheken hinsichtlich der Herstellungserlaubnispflicht soll um das Abpacken/Umpacken, Kennzeichnen und Rekonstituieren von Impfstoffen erweitert werden.
  • Die Patienten sollen einen Rechtsanspruch auf ein interdisziplinäres sektorübergreifendes Medikationsmanagement erhalten. Dafür sollen die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
  • Die Ärzte werden mit Blick auf die pharmazeutischen Dienstleistungen zum konstruktiven interprofessionellen Dialog eingeladen.
  • Hersteller sollen mit einer einheit­lichen Kennzeichnung auf die Verträglichkeit von Augentropfen mit harten und weichen Kontaktlinsen hinweisen.
  • Diese Information soll an einer festgelegten Stelle in die ABDA-Datenbank aufgenommen werden.
  • Die ABDA soll einen Aktionsplan zum Fachkräftemangel entwickeln.
  • Die EU-Kommission soll bei der Novellierung des EU-Arzneimittelrechts an der Rechtsform der Richt­linie festhalten und sich am Ziel ausrichten, die flächendeckende und hochwertige Versorgung sicherzustellen. Die bewährte deutsche Arzneimitteldefinition, die zulassungs- und erlaubnisfreie Herstellung von Rezepturen und Defekturen in Apotheken und die Packungs­beilage auf Papier sollen erhalten bleiben.
  • Die Zuständigkeiten und Handlungsspielräume der EU-Mitgliedstaaten im Gesundheits­bereich sollen erhalten bleiben.
  • Die Approbationsordnung für Apotheker soll auf der Grundlage der Ergebnisse des Runden Tisches überarbeitet werden. Dabei sollen sich weder die Betreuungsintensität noch die Zahl der Studienplätze verringern.
  • Die Zahl der Pharmazie-Studien­plätze soll in den nächsten fünf Jahren bundesweit so erhöht werden, dass der Bedarf im Arbeitsmarkt gedeckt werden kann.
  • Prüfer bei Staatsexamina und Weiterbildungsprüfungen sowie Pseudo Customer sollen für diese Tätigkeiten Fortbildungspunkte erhalten.
  • Der Gesetzgeber soll eine Grundlage dafür schaffen, dass PTA-Schüler während der Ausbildung eine Vergütung erhalten.
  • Die Arzneimitteltherapiesicherheit in stationären Pflegeeinrichtungen soll verbessert werden, insbesondere durch Beratung und Schulung des Personals sowie durch Medikationsberatungen. Diese Leistungen sind angemessen zu vergüten. Bei der Weiterentwicklung der pharmazeutischen Dienstleistungen sollen auch die Ansprüche von Pflegeheimbewohnern beachtet werden.
  • OTC-Arzneimittel und die Rolle der Apotheken bei der Selbstmedikation sollen in der Öffentlichkeitsarbeit stärker thematisiert werden.
  • Auch symptomatische Patienten sollen in Apotheken auf SARS-CoV-2 getestet werden dürfen.
  • Die Bürgertestungen auf SARS-CoV-2 sollen auf heilberufliche Einrichtungen beschränkt werden.
  • Die vorhandenen ambulanten Strukturen der Gesundheitsversorgung sollen gestärkt werden, statt knappe Mittel für neue Parallelstrukturen wie Gesundheitskioske einzusetzen.
  • In der nächsten Berufungsperiode soll ein Apotheker bzw. eine Apothekerin in die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut berufen werden.
  • Die Apotheker sollen über die Bundesapothekerkammer an den Beratungen des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Schutzimpfungsrichtlinie teilnehmen.
  • Für alle Patienten soll künftig initial durch die Krankenkasse eine elektronische Patientenakte angelegt werden (Opt-Out-Verfahren).
  • Die Digitalisierung der öffentlichen Apotheken soll vorangetrieben werden. Den Apotheken sollen weitere honorierte digitale An­wendungen ermöglicht werden.
  • Das Einlösen von E-Rezepten soll möglichst kurzfristig auch über die elektronische Gesundheitskarte ermöglicht werden.
  • Die Einrichtung und die laufenden Kosten für KIM- und TIM-Adressen sollen auch für Apotheken refinanziert werden.
  • Krankenkassen sollen einzelne Apps, die nicht als digitale Gesundheitsanwendungen gelistet sind, nicht in einem bestimmten Indikationsgebiet bewerben dürfen.
  • Der Gesetzgeber soll eine sach­gerechte Erhöhung des Apothekenhonorars vornehmen. Maßnahmen mit gegenteiliger Wirkung sollen abgelehnt werden.
  • Die Apothekenhonorierung soll erhöht werden, um so die Gehälter der Apothekenmitarbeiter im Rahmen eines zwischen Adexa und Ada vereinbarten Mitarbeiterpaktes deutlich anzuheben.
  • Der Apothekenabschlag gemäß § 130 Abs. 1 SGB V soll als Netto­betrag festgeschrieben werden.
  • Die Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung arzneimittel­bezogener Patientendaten in der elektronischen Patientenakte soll gemäß § 346 Abs. 2 SGB V vergütet werden.
  • Die Unterstützung der Versicherten bei der Verarbeitung arzneimittelbezogener Patientendaten im Rahmen der Verwendung einer Digitalen Gesundheitsanwendung in der elektronischen Patientenakte soll gemäß § 346 Abs. 4 SGB V vergütet werden.
  • „Onboarding-Tätigkeiten“ sollen als Dienstleistungen der Apotheken vergütet werden.
  • Die Vergütung für pharmazeutische Dienstleistungen soll regelmäßig angepasst werden. Es soll finanzieller Spielraum für weitere Dienstleistungen geschaffen werden.
  • Die Vergütung für die Versorgung mit Grippeimpfstoffen soll auskömmlich gestaltet werden. Es sollen Daten über die Höhe des Aufwands erhoben werden. Für nicht genutzte saisonale Impfstoffe soll eine Rückerstattung erfolgen.
  • Die Krankenkassen sollen den zusätzlichen Aufwand zur Versorgung bei Nicht-Verfügbarkeit verordneter Arzneimittel erstatten.
  • Die Apotheken sollen nicht mehr für Ausfälle bei Herstellerrabatten haften müssen. Für das Inkasso der Herstellerabschläge sollen sie angemessen vergütet werden.
  • Retaxationen zu Rabattverträgen sollen nur noch in den Fällen und in der Höhe zulässig sein, in denen bzw. in der der Krankenkasse ein nachzuweisender Schaden entstanden ist. Für das Entlassmanagement soll ein erweiterter Handlungsspielraum ohne Retaxgefahr eingeräumt werden. Bei Rabattvertragsänderungen soll eine Friedenspflicht bestehen. Bei Retaxverfahren sollen die Krankenkassen keine kommerziellen Dienstleister mit Erfolgs­beteiligung einsetzen dürfen. Apotheken sollen Abrechnungsfehler nachträglich heilen können.
  • Apotheken sollen von bürokratischen Hürden entlastet werden. Gemeinsam mit anderen betroffenen Berufsgruppen des Gesundheitswesens soll dazu ein gemeinsamer Aktionsplan erstellt werden. Dazu soll ein sektorübergreifender Runder Tisch initiiert werden. Die Krankenkassen sollen den Versicherten ein patientenfreundliches Verfahren zur Zuzahlungsbefreiung ermöglichen. Außerdem soll eine Arbeitsgruppe zur „Entbürokratisierung im Apothekenwesen“ entstehen. Bürokratische Belastungen sollen systematisch erfasst werden. Weitere Bürokratisierung soll verhindert werden.
  • Die Präqualifizierung von Apotheken für die Abgabe von Hilfsmitteln soll abgeschafft werden. Ersatzweise soll diese für apothekenübliche Hilfsmittel, bei denen keine handwerkliche Zurichtung erforderlich ist, automatisch als erfüllt gelten.

Ab in den Ausschuss

Die folgenden Anträge wurden in Ausschüsse verwiesen:

  • Neue Gesetze sollen auf Klimaneutralität und Nachhaltigkeit geprüft werden. Die benötigten Ressourcen für den Arzneimittelmarkt sollen ermittelt werden. Die Pharma­industrie soll nachhaltige und umweltschonende Verpackungs­konzepte verwenden.
  • Bei der Zulassung von Arznei­mitteln sollen Umweltrisiken berücksichtigt und ggf. Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Die Pharmakovigilanz soll um eine Ökopharmako­vigilanz erweitert werden.
  • Ökotoxikologische und weitere umweltrelevante Daten sollen in die ABDA-Datenbank integriert werden.
  • Arzneimittel- und Kosmetikher­steller sollen unaufgefordert keine Werbemittel zusenden. Add-ons für apothekenpflichtige Arzneimittel sollen verboten werden.
  • Arzneimittel mit besonderem Risikopotenzial sollen vom Versandhandel ausgenommen werden.
  • Die flächendeckende Versorgung in ländlichen Regionen soll durch organisatorische und finanzielle Maßnahmen gesichert werden.
  • Lieferengpässe sollen durch Apotheken systematisch erfasst und vom BfArM ausgewertet werden.
  • Im Notdienst sollen bei Nicht-­Erreichbarkeit des Arztes bei Arzneimitteln ein Aut-simile-Austausch und bei Verbandstoffen die Abgabe eines vergleichbaren Artikels zu­lässig sein.
  • In Apotheken sollen in dringenden Fällen Dauermedikamente an chronisch Kranke ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden können.
  • Die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen sollen apothekenpflichtig werden.
  • Der Gesetzgeber soll für eine sinn- und zweckentsprechende Klarstellung oder Änderung der Gesetzes­lage zum Rezeptur- und Defekturprivileg sorgen, um Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, die durch gerichtliche Entscheidungen zutage getreten sind.
  • Die Apotheken sollen die unabhängige Beratung zu digitalen Gesundheits-, Pflege- und Versorgungs­anwendungen übernehmen. Die Beratungskompetenz für diese Aufgaben soll gezielt gefördert werden.
  • Der Gesetzgeber soll die mit der Einführung des E-Rezeptes ver­bundenen Verluste ausgleichen.

Weitere Anträge wurden übergangen, zurückgezogen oder abgelehnt, nachzulesen in der AZ Ausgabe 38 und der DAZ 38 ab Seite 41.

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Die Expopharm fand 2022 wieder in Präsenz in München statt.

Scheele-Tagung

Foto: DAZ/tmb

Scheele-Tagung in Warnemünde: Der Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern fand wieder im Rahmen des Fortbildungsprogramms der Scheele-Tagung statt.

Der Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern fand nach drei Jahren Corona-Pause am 12. November in Warnemünde wieder an einem Samstagvormittag im Rahmen des Fort­bildungswochenendes der Scheele-­Tagung statt. Die gesundheitspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen oder deren Vertreter stellten dort ihre Positionen vor. Kammerpräsident Dr. Dr. Georg Engel erklärte, dass die Apotheken bei ihrer alltäglichen Arbeit vielfach arzneimittelbezogene Probleme lösen, aber darauf werde zu wenig hingewiesen. Außerdem betonte er die enorme Geschwindigkeit, mit der die Apotheken auf die Pandemie eingegangen seien. Auch künftig könnten die Apotheken das Gesundheitssystem mit erweiterten Zuständigkeiten unterstützen, aber nur mit einer angemessenen Finanzierung. Hintergrund der Statements war das für Februar 2023 erwartete Ergebnis einer vom Landtag eingesetzten Kommission zur künftigen Gesundheitsversorgung, dem die Politiker nicht zu sehr vorgreifen wollten. Christine Klingohr (SPD) kündigte an, das Gesundheitssystem in dem dünn besiedelten Land werde sich künftig ändern. Die Apotheken könnten und wollten mehr Arbeit übernehmen. Harry Glawe (CDU) fürchtete, dass die neue Landesregierung nötige Maßnahmen bis zur nächsten Legislatur ver­zögern werde. Glawe erklärte, dass die Apotheker wie andere Berufsgruppen einen finanziellen Zuwachs bräuchten. Torsten Koplin (Linke) bekräftigte, dass es bei den Apotheken „rumort“, weil sie durch Bürokratie bedrängt und nun auch noch durch Kürzungen belastet würden. Er forderte, die GKV-Beiträge auf alle Einkommensarten auszudehnen, um auch Unternehmen mit hoher Wertschöpfung und wenigen Beschäftigten an der Finanzierung zu beteiligen. Barbara Becker-Hornickel (FDP) beschrieb die inhabergeführten Apotheken als „wunderbares Beispiel“ für ein funktionierendes Versorgungssystem mit selbstständigen Unter­nehmern. Sie sprach sich für Entbürokratisierung und weitere Dienstleistungen in Apotheken aus. Als mög­liches Konzept für dünn besiedelte Regionen beschrieb Dr. Harald Terpe (Grüne) eine Orientierung an regionalen Bedarfssituationen wie bei den Gesundheitsregionen, die in der Pandemie in Mecklenburg-Vorpommern definiert wurden. Wenn die Gesundheitsversorgung zur Daseinsvorsorge gehöre, müsse sich ihre Struktur ändern. Dazu könnte eine Sicherstellungszulage für Apotheken in unterversorgten Gebieten gehören. Dies sei mit der Stellung der inhabergeführten Apotheken vereinbar. Dieser mögliche neue Sicherstellungszuschlag wurde daraufhin zum zentralen Thema der Podiumsdiskussion (DAZ 46, S. 67). |

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