Arzneimittel und Therapie

Olokizumab überzeugt bei rheumatoider Arthritis

Interleukin-6-Inhibitor ist ähnlich wirksam wie Adalimumab

Im Krankheitsgeschehen der rheumatoiden Arthritis spielen entzündungsfördernde Zytokine wie ­Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) und die Interleukine (IL) 1 und 6 ­eine entscheidende Rolle. An diesen Targets setzen viele Therapeutika an. Neben den bewährten Wirk­stoffen überzeugt nun der neue Antikörper Olokizumab, der Interleukin 6 neutralisiert.

Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine chronische Autoimmunerkrankung mit Entzündungen in den Gelenken. Zur Erstbehandlung ist Methotrexat (MTX) nach wie vor der Therapiestandard. Reicht MTX alleine nicht aus – etwa bei hoher Krankheitsaktivität oder Vorliegen ungünstiger Prognosefaktoren –, wird mit einem Biologikum kombiniert, allen voran mit dem TNF-α-Blocker Adalimumab (z. B. Humira®). Effektive Alternativen dazu sind die IL-6-Rezeptor-Antikörper Tocilizumab (Roactemra®) und Sarilumab (Kev­zara®) sowie oral verfügbare Janus­kinase-Inhibitoren, z. B. Baricitinib (Olumiant®) oder Tofactinib (Xeljanz®).

Für Betroffene, die auf keine bisherige Behandlung ansprechen, könnte sich mit dem neuen Antikörper Olokizumab eine weitere subkutane Therapieoption eröffnen. Im Gegensatz zu Tocilizumab und Sarilumab bindet Olokizumab nicht am IL-6-Rezeptor, sondern neutralisiert direkt Interleukin 6.

Foto: Icons-Studio/AdobeStock

Bis zu ein Viertel der Patienten mit rheumatoider Arthritis spricht auf keine aktuelle Therapieoption an. Daher besteht Bedarf an neuen Wirkstoffen wie Olokizumab.

In Kombination mit MTX

Die internationale, klinische Phase-III-Studie CREDO 2 erstreckte sich über einen Zeitraum von 24 Wochen. Eingeschlossen wurden 1648 Patienten mit moderater bis schwerer rheumatoider Arthritis, die nicht ausreichend auf eine Behandlung mit Methotrexat angesprochen hatten. Die Studienteilnehmer wurden in vier Gruppen randomisiert, und zwar auf eine Behandlung mit Olokizumab 64 mg subkutan alle zwei bzw. vier Wochen oder auf Adalimumab 40 mg oder Placebo jeweils alle zwei Wochen. Alle Probanden erhielten zusätzlich Methotrexat. Der primäre Endpunkt der Studie war ein ACR20-Ansprechen nach den Kriterien des American College of Rheumatology in Woche zwölf. Ein ACR20-Ansprechen bedeutet einen Rückgang der Zahl der schmerzhaften und geschwollenen Gelenke um mehr als 20% sowie eine Verbesserung um mehr als 20% in drei von fünf weiteren Bereichen (Gesamtbeurteilung der Krankheitsaktivität durch Arzt bzw. Patient, Patientenbeurteilung des Schmerzes, Funktionsbehinderungsindex, akute Phase Parameter). Wie bereits in der CREDO-1-Studie gezeigt, erreichten auch in der CREDO-2-Studie mehr Patienten beider Olokizumab-Arme diesen primären Endpunkt im Vergleich zur Placebogruppe (Olokizumab zweiwöchentlich 70,3% bzw. vierwöchentlich 71,4% versus Placebo 44,4%) [1]. In der Adalimumab-Gruppe kam es bei 66,9% zu einem ACR20-Ansprechen. Somit lässt sich der IL-6-Blocker Olokizumab gleichwertig zum Standardtherapeutikum Adalimumab einstufen.

Verbesserungen im Alltag

Gut abgeschnitten hat Olokizumab zudem in der Beurteilung des Therapieerfolgs aus Patientensicht. So spiegelten sich die nachlassenden Beschwerden auch in den Ergebnissen des etablierten Short-Form-Gesundheitsfragebogens (SF-36) wider. Die Patienten gaben darin an, dass sich Schlaf, Erschöpfung und Beeinträchtigung bei der Arbeit oder im Haushalt erheblich verbesserten. Insgesamt wurde die Olokizumab-Therapie gut vertragen. Die Nebenwirkungen waren mild bis moderat, am häufigsten traten Infektionen der oberen Atem­wege und des Harntrakts auf.

Die Open-Label-Studie CREDO 4 sammelt derzeit Langzeiterfahrungen zur Wirksamkeit und Sicherheit von Olokizumab. Geachtet wird hier unter anderem auf gastrointestinale Perforationen, die sich unter IL-6-Blockade entwickeln können, aber während der 24-wöchigen Studiendauer von CREDO 1 und 2 bisher nicht auftraten. Aufgrund der positiven Studienergebnisse rechnen führende Rheumaexperten im kommenden Jahr mit einer Zulassung von Olokizumab in Europa und den USA. In Russland ist der Antikörper bereits seit 2020 auf dem Markt. |

Literatur

[1] Smolen JS et al. Olokizumab versus placebo or adalimumab in rheumatoid arthritis. N Engl J Med 2022; 87:715-726, doi: 10.1056/NEJMoa2201302

[2] Efficacy and Safety of Olokizumab in Subjects With Moderately to Severely Active Rheumatoid Arthritis (CREDO 4). Studienregister ClinicalTrials.gov, Registernummer: NCT03120949

[3] Neuer Wirkstoff erweitert Therapiespektrum bei Rheumatoider Arthritis. Meldung der Medizinischen Universität Wien, 25. August 2022

[4] Rheumatoide Arthritis: Olokizumab erzielt gute Wirkung in Phase-3-Studien. Meldung des Deutschen Ärzteblatts, 2. September 2022

[5] Nasonov E et al. Olokizumab, a monoclonal antibody against interleukin 6, in combination with methotrexate in patients with rheumatoid arthritis inadequately controlled by methotrexate: efficacy and safety results of a randomised controlled phase III study. Ann Rheum Dis 2022;81(4):469-479, doi: 10.1136/annrheumdis-2021-219876

[6] Olokizumab: Full prescribing information. Medizinische Gebrauchsinformationen des Gesundheitsministeriums der Russischen Föderation, Stand: September 2021

[7] Strand V. et al. OP0063 Olokizumab improves patient reported outcomes in moderate to severely active rheumatoid arthritis patients inadequately controlled by methotrexate (MTX-IR): results from the phase 3 randomized controlled trial, CREDO 2. Ann Rheumat Dis 2002;81:43-44, doi:10.1136/annrheumdis-2022-eular.1977

[8] Feist E et al. Efficacy and safety of olokizumab in a phase III trial in patients with moderately to severely active RA inadequately controlled by TNF-α inhibitor therapy. Rheumatol 2021;60, keab247.132, doi.org/10.1093/rheumatology/keab247.132

Apothekerin Dr. Ines Winterhagen

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