DAZ aktuell

Der höhere Kassenabschlag kommt

Bundestag beschließt GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

jb/ks | Allen Protesten zum Trotz hat der Deutsche Bundestag am 20. Oktober das GKV-Finanz­stabilisierungsgesetz beschlossen. Damit ist auch die Erhöhung des Kassenabschlags von 1,77 auf 2 Euro für die kommenden zwei Jahre so gut wie in trockenen Tüchern. Diese Woche Freitag muss das Gesetz nochmals den Bundesrat passieren – doch weiterer Widerstand gegen das Einspruchsgesetz ist nicht zu erwarten.

Voraussichtlich ab Februar oder März 2023 müssen Apotheken den Krankenkassen für die Dauer von zwei Jahren einen Abschlag von 2 Euro je Rx-Arzneimittel gewähren. Der Bundestag hat dem Spargesetz, das diese Regelung beinhaltet, nun grünes Licht gegeben. Und auch der federführende Gesundheitsausschuss des Bundesrats empfiehlt der Länderkammer, das Gesetz zu billigen und den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Es wird damit aller Wahrscheinlichkeit nach im November, möglicherweise aber auch erst im Dezember im Bundesgesetzblatt verkündet werden und dann einen Tag später in Kraft treten. Die Regelung zum Apothekenabschlag wird am „ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalender­monats“ wirksam.

Änderungsantrag der Union chancenlos

Dass die Argumente der Apothekerschaft gegen diese Belastung kein Gehör finden würden, zeichnete sich bereits im Gesetzgebungsverfahren ab. Zwar gab es einen Änderungs­antrag der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, den höheren Abschlag zu streichen – dieser hatte gegen die Stimmen der Ampelfraktionen jedoch keine Chancen.

Overwiening: „Schwarzer Tag für die Apotheken“

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sprach von einem „schwarzen Tag für die Apotheken in Deutschland“. In den vergangenen zweieinhalb Jahren hätten sie der Politik geholfen, die Pandemie zu meistern. „Als Dank dafür wird ausgerechnet jetzt, wo die Apotheken wegen Infla­tion und Energiekrise selbst Hilfe und Entlastung bräuchten, die Vergütung gekürzt“. Dabei, so Overwiening, habe es bis zuletzt finanzielle Spielräume bei der Gestaltung des Gesetzes gegeben. Doch Bundesregierung und Parlament hätten diese einfach nicht für die Apotheken vor Ort nutzen wollen. Im Hinblick auf die Gesetzgebung in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode erklärte die ABDA-Präsidentin, dass in ihren Augen die Politik in die falsche Richtung unterwegs ist. Sie müsse umkehren und Apotheken entlasten. „Dafür werden wir kämpfen“, verspricht Overwiening.

Zugeständnis an Ärzte

Erfolgreicher war die Ärzteschaft mit ihren Protesten. Zwar konnten sie den Wegfall der sogenannten Neupatientenregelung nicht verhindern. Allerdings sollen Haus- und Fachärzte nun extrabudgetäre Zuschläge von bis zu 200 Prozent zur Versichertenpauschale erhalten, wenn sie Patienten, die durch die Terminservice­stellen vermittelt werden, schnell behandeln. Außerdem soll der Zuschlag für Hausärzte für eine Vermittlung eines Termins bei einem Facharzt auf 15 Euro erhöht werden. Aus Sicht der Kassenärztlichen Bundes­vereinigung ist dies aber nur ein vermeintliches Zugeständnis – die Zuschläge seien keine Kompensation, sondern „bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein“.

Biosimilar-Austausch um ein Jahr verschoben

Das Gesetz enthält noch eine weitere Regelung, die die Apotheken betrifft: So soll die Biosimilar-Substitution in den Apotheken um ein Jahr verschoben werden. Eigentlich hätten bereits seit August dieses Jahres Biologicals gegen Biosimilars sowie Biosimilars untereinander ausgetauscht werden dürfen – analog zur Generikasubstitution. Dies wird aber nun vertagt, weil es noch Unklarheiten gibt. Zudem soll sich zunächst auf Präparate konzentriert werden, die nicht vom Patienten selbst angewendet werden.

Belastungen bringt das Gesetz überdies für die Pharmaindustrie. Für das Jahr 2023 ist unter anderem ein um 5 Prozentpunkte erhöhter Herstellerabschlag insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel vorgesehen. Zudem wird das Preismoratorium bis Ende 2026 verlängert. Neu ist eine Ausstiegs-Regelung für bekannte Arzneimittel mit neuem Anwendungsgebiet. Etwas nachgegeben hat der Gesetzgeber auch bei der Umsatzschwelle für Orphan Drugs: Für sie müssen Hersteller den Zusatznutzen künftig belegen, wenn der Umsatz in einem Jahr 30 Millionen Euro übersteigt – zunächst war eine Absenkung dieser Schwelle von jetzt auf 50 Millionen auf 20 Millionen Euro angedacht.

Ziel des Gesetzes ist, das für die kommenden Jahre prognostizierte Milliardendefizit der Kassen abzufedern. Der Beitrag der Apotheken mit 120 Millionen Euro ist dabei marginal. Andere Maßnahmen, die das Gesetz vorsieht, etwa die Abschmelzung der Finanz­reserven der Kassen, die Erhöhung des Bundeszuschusses zur GKV, der erhöhte Herstellerabschlag und nicht zuletzt die Erhöhung der Beiträge für die Versicherten, spülen den Kassen sicher mehr Geld in die Kassen – allerdings auch nur kurzfristig und nicht nachhaltig. |

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