Deutscher Apothekertag 2022

Mit neuem Selbstbewusstsein zu neuen Zielen

Rückendeckung für Novellierung der Approbationsordnung und Stärkung der Kompetenzen

du | Anträge zur Novellierung der Approbationsordnung, aber auch zur Ausbildung der PTA sowie zu Fragen zur Positionierung der Apotheke in Sachen Arzneimitteltherapiesicherheit, Selbstmedikation, Impfungen und Gesundheitsfragen wurden im Antragsblock „Pharmazeutische Kompetenz“ behandelt. Hier gab es vor allem zur Novellierung der Approbationsordnung großen Diskussionsbedarf.
Foto: Alex Schelbert/DAZ
BAK-Präsident Thomas Benkert wünschte sich Rückenwind.

Seit Mai liegt ein Positionspapier zur Novellierung der Approbationsordnung vor, erarbeitet an einem Runden Tisch unter Federführung der Bundesapothekerkammer. Beteiligt waren Hochschullehrer, Vertreter von Verbänden wie dem Bundesverband deutscher Krankenhausapotheker, die DPhG, die Adexa und auch der Bundesverband der Pharmaziestudierenden. Dieses Papier wurde am Freitag, den 9. September 2022, an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening und BAK-Präsident Thomas Benkert persönlich übergeben. Mit dem ersten Antrag unter dem Punkt „Pharmazeutische Kompetenz“ sollte diesem Antrag Rückenwind gegeben werden. Hier wird der Verordnungsgeber aufgefordert, die Approbationsordnung für Apotheker auf Basis des Positionspapiers zu überarbeiten. Die Weiterentwicklung der Ausbildung dürfe dabei weder zu einer Reduktion der Betreuungsintensität noch zu einer Reduktion der Studienplätze führen. BAK-Präsident Thomas Benkert betonte noch einmal, dass auch die neue Approbationsordnung den Absolventen die Tätigkeit in allen Gebieten der Pharmazie ermöglichen soll. Der BAK sei es wichtig gewesen, bei der Forderung nach einer neuen Approbationsordnung mit einer Stimme zu sprechen, daher der runde Tische unter Einbeziehung aller wichtiger Gruppen. Herausgekommen ist ein Positionspapier, das eine Stärkung der klinischen Pharmazie und Pharmakologie sowie eine wissenschaftliche Arbeit vorsieht bei einer Verlängerung der Studiendauer um zwei Semester. Die Diskussion ließ erahnen, wie dort um einen tragfähigen Kompromiss gerungen worden ist. Prof. Dr. Frank Dörje, Vizepräsident der ADKA und Mitglied des Runden Tisches, betonte, dass es ein guter demokratischer Prozess gewesen sei. Keine der Gruppen hätte sich voll umfänglich durchsetzen können, alle hätten Federn lassen müssen. Mit Verweis darauf, dass es ja letztlich ein vom Bundesministerium für Gesundheit gesteuerter Prozess ist, bei dem noch Einlassungen möglich sind, bat er um Zustimmung zu dem Antrag.

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Prof. Dr. Frank Dörje saß für die ADKA mit am Runden Tisch.

Mit zwei Semestern mehr nicht zu schaffen

Für Irritationen sorgt schon seit Längerem die fehlende Zustimmung der Pharmaziestudierenden, obwohl Vertreter des BPhD mit am Runden Tisch saßen und wohl dort den Kompromiss mitgetragen haben. Die neue BPhD-Präsidentin Miriam Sprafke hatte Gelegenheit, im Rahmen der Antragsberatung zu erklären, warum der BPhD bei seiner Mitgliederversammlung im Mai das Papier abgelehnt hat. Man unterstütze zwar viele Punkte des Positionspapiers, auch die Stärkung der Fächer Klinische Pharmazie und Pharmakologie plus die wissenschaftliche Arbeit. Aber mit zwei Semestern mehr könne man das nicht abdecken. Schon jetzt würden nicht wenige aufgrund von Überlastung scheitern. Man könne die Attraktivität des Studiums nicht steigern, wenn man den Studierenden noch mehr aufbürden würde.

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BPhD-Präsidentin Miriam Sprafke fürchtet ein überfrachtetes Studium.

Es folgte eine Diskussion, in der dazu aufgerufen wurde, den Antrag dringend abzulehnen und das Positionspapier noch einmal grundlegend zu überarbeiten. Doch gerade davor wurde ausdrücklich gewarnt, weil so der Prozess um mindestens 10 Jahre zurückgeworfen würde. Letztlich wurde der Antrag mit einer großen Mehrheit von 92,3% angenommen. Dem Folgeantrag zur Erhöhung der Studienplätze stimmten nahezu alle Delegierten zu. Damit soll dem steigenden Bedarf an Approbierten, der sich auch aus einer Ausweitung der Teilzeitstellen ergebe, Rechnung getragen werden. Laut Berechnung der ABDA fehlen derzeit etwa 1000 bis 1300 Apotheker pro Jahr.

Duale PTA-Ausbildung?

Doch nicht nur der Bedarf an Approbierten ist zurzeit nicht zu decken, auch der der PTA. Schon die Ausbildung selbst hat an Attraktivität ver­loren, der Ausbildungsberuf steht im Wettbewerb mit anderen aus dem medizinischen Bereich, in denen eine Vergütung gezahlt wird. Deshalb hatte die Apothekerkammer des Saarlandes einen Antrag auf dreijährige duale Ausbildung mit entsprechender Ausbildungsvergütung gestellt. Dieser Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Unter anderem mit dem Argument, dass so die Qualität der Ausbildung leiden würde. Die Ausbildung zum Beispiel in der Rezeptur müsste dann in den Apotheken geleistet werden. Verwiesen wurde auf das PTA-Reformgesetz, nach der die PTA-Ausbildung auch in Teilzeit erfolgen könne, was Freiraum für die Arbeit in Apotheken zum Beispiel am Freitag oder nachmittags gebe, aber auch denjenigen ent­gegenkomme, die kleine Kinder oder pflegende Angehörige haben.

Grundlage für Ausbildungs­vergütung

Zustimmung erhielt der Antrag der Landesapothekerkammer Brandenburg, mit dem der Gesetzgeber aufgefordert wird, eine Grundlage für eine Ausbildungsvergütung während der PTA-Ausbildung zu schaffen. So soll eine Gleichstellung mit anderen Gesundheitsfachberufen wie der Pflegefachkraft, medizinisch-technischen Laborassistenten und -assistentinnen und den Physiotherapeutinnen und -therapeuten erzielt werden.

Homöopathie in Weiterbildung streichen?

Nicht abgestimmt wurde der Antrag zur Änderung der Musterweiterbildungsordnung, in der die Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren und Homöopathie“ geändert werden sollte in „Phytopharmazie und Naturheilverfahren“. Benkert hatte darauf verwiesen, dass das Problem bekannt sei und sich schon eine Arbeitsgruppe damit beschäftigen würde. Es gehe nicht nur um die Namensänderung zur Weiterbildung. Klar sei, dass Homöopathika in den Apotheken bleiben sollen.

Einheitliches Fort- und ­Weiterbildungsportal?

In Zeiten der Corona-Pandemie haben sich digitale Fortbildungsformate bewährt. Vor diesem Hintergrund hatte die Apothekerkammer Berlin die Einrichtung eines einheitlichen Portals der Bundesapothekerkammer beantragt, um damit den Zugang zu allen akkreditierten Fort- und Weiterbildungen für Apothekerinnen und Apotheker der einzelnen Kammern zugänglich zu machen. Auch andere Anbieter sollten dort zu finden sein. Der Antrag wurde abgelehnt. Unter anderem mit Verweis auf die Zuständigkeit der Landesapothekerkammern, die hierzu auf ihre Mitgliedsbeiträge zurückgreifen. Auch die zusätzlichen Kosten wurden als Argument gegen diesen Antrag angeführt.

Fortbildungspunkte für Prüfer

Die Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz hatte beantragt, die bundeseinheitliche Fortbildungsrichtlinie so zu ändern, dass auch Prüfer von Staatsexamina, Weiterbildungen und Pseudo Customer Fortbildungspunkte für ihre Tätigkeit erhalten. Dieser Antrag erhielt eine knappe Mehrheit.

Umstrittene Gesundheitskioske

Auch das Thema Gesundheitskioske, ein Projekt, das im Koalitionsvertrag verankert ist, beschäftigte die Delegierten. Die Apothekerkammer Berlin hatte ein Fortbildungskonzept für Apothekenberufe angeregt, das diese als Gesundheitslotsinnen und -lotsen im Sinne des Koalitionsvertrags befähigt, die Apotheken als Gesundheitszentren zu stärken. In der Antragsberatung wurde unter anderem die prekäre Personalsituation in den Apotheken als Ablehnungsargument angeführt. Man habe einfach nicht die Kapazitäten, noch zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. Befürworter des Antrags sehen das Potenzial, Apotheken vor Ort als Gesundheitskioske zu etablieren. Eine Mehrheit der Hauptversammlung sprach sich schlussendlich dafür aus, diesen Antrag nicht abzustimmen. Mit einem Ad-hoc-Antrag positionierten sich die Delegierten in dieser Frage letztlich so, dass sie die Finanzierung der etablierten Strukturen im Gesundheitswesen gestärkt wissen möchten und dass teure Parallelstrukturen unbedingt zu vermeiden sind. Dieser Antrag wurde mit übergroßer Mehrheit angenommen.

AMTS in Heimen

Mit den neuen pharmazeutischen Dienstleistungen haben Patienten mit Polymedikation in der ambulanten und häuslichen Versorgung Anspruch auf eine erweiterte Medikationsanalyse. Um auch die Arzneimitteltherapiesicherheit in den Pflegeeinrichtungen zu verbessern, möchte der Berliner Apotheker-Verein/Apotheker-Verband Berlin das Pflegepersonal durch Apotheken zu AMTS-Aspekten beraten und schulen. Solche AMTS-verbessernden Leistungen würden den Krankenkassen erhebliche Kosten ersparen, sie müssten zusätzlich vergütet werden. Bei der Weiterentwicklung der pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) ist zudem darauf zu achten, dass auch Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen einen Anspruch auf pDL haben. Knapp 70% der Delegierten stimmten diesem Antrag zu.

OTC nur in Apotheken vor Ort

Die Presse- und Kommunikationsabteilung der ABDA erhielt den Auftrag, das Themenfeld rund um die OTC-Arzneimittel und die Bedeutung der Apotheker für die Selbstmedikation ihrer Presse- und Kampagnenarbeit stärker in den Fokus zu rücken. „Die Apotheke vor Ort ist dabei als einzige Beratungs- und Abgabestelle für Arzneimittel in den Fokus zu rücken“, so die Aufforderung in dem entsprechenden Antrag. Dieser Antrag wurde mit 98% der Stimmen angenommen.

Testen auch bei Symptomen

Zudem stimmte die Hauptversammlung einem Antrag mit übergroßer Mehrheit zu, der dazu auffordert, die Corona-Virus-Testverordnung so anzupassen, dass in den Apotheken auch symptomatische Personen getestet werden dürfen. Dies sei schon gelebte Praxis, für die Rechtssicherheit notwendig sei. In einem Adhoc-Antrag wurde zudem gefordert, nur noch heilberufliche Testeinrichtungen zuzulassen. So solle dem Wildwuchs der Testzentren entgegengewirkt und eine hohe Qualität der Testungen gesichert werden.

Apotheker in STIKO berufen

Und nachdem schon die Apotheken jetzt aktiv in die Impfungen gegen Grippe und COVID-19 eingebunden sind, forderte die Hauptversammlung den Bundesgesundheitsminister und die obersten Landesbehörden auf, in der nächsten Berufungsperiode einen Apotheker oder eine Apothekerin in die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut zu berufen. Doch letztlich kristallisierte sich in der Diskussion heraus, dass vielleicht eher der Gemeinsame Bundesausschuss der richtige Adressat sei, weil es ja in erster Linie um Erstattungsfragen gehe. Eine Teilnahme der Bundesapothekerkammer an der G-BA-Beratung zur Schutzimpfungsrichtlinie ist wohl schon vorgesehen. Mit einem Ad-hoc-Antrag zu dieser Thematik sprach sich die Hauptversammlung mit großer Mehrheit dafür aus, ein Teilnahmerecht an diesen Beratungen gemäß § 11 Absatz 5 der Geschäftsordnung des G-BA zu erwirken. |

 

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