Die Seite 3

Keine falsche Zurückhaltung!

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Es war mal wieder Deutscher Apothekertag. In gewohnter Tradition folgte auf Düsseldorf München und doch lief es in diesem Jahr deutlich anders ab als in den Jahrzehnten zuvor. Die Corona-Pandemie als Zäsur – das gilt auch für die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker: Der DAT 2022 verfügte erstmals über ein Motto („Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit“), über digitale Abstimmungsgeräte sowie über ausführ­liche Impulsvorträge zur Einstimmung in die Megathemen Nachhaltigkeit und Klima­schutz. Alle Delegierten aus den Kammern und Verbänden waren persönlich vor Ort, nachdem es 2021 noch eine Hybridveranstaltung gab und 2020 zur Komplettabsage gekommen war.

Ja, das „Apotheker-Parlament“ strahlte große Freude und vor allem viel Zuversicht aus. In der 274 Seiten umfassenden ­Antragsmappe lag der Schwerpunkt jedoch nicht auf Themen rund um das DAT-Motto, sondern auf Fragen bezüglich der Sicherstellung der Versorgung. Mit den pharmazeutischen Dienstleistungen, den Impfungen, den Corona-Sonderregeln sowie der möglichen Cannabis-Legalisierung sind die Diskussionen nicht weniger, sondern mehr und kontroverser geworden. Die ­Delegierten nutzten die Anlässe für zahlreiche kluge Wortbeiträge, doch mangelte es im Anschluss oftmals an der Bereitschaft auch Flagge zu bekennen und ­abzustimmen. Das Verweisen von Anträgen in einen Ausschuss der ABDA wurde so zur neuen Tradition beim DAT 2022.

Das ist eine problematische Entwicklung und kann nicht gerade förderlich sein für das standespolitische Selbstverständnis von uns Apothekern. Gerade bei grundlegenden, richtungsweisenden Entscheidungen sollten sich die Delegierten nicht in falscher Zurückhaltung üben. Denn was wäre die Alternative? Wichtige Anträge einfach zu übergehen oder sie in die Ausschüsse oder andere Gremien der ABDA zu verweisen, wo sie im schlimmsten Fall versanden und nie wieder Aufmerksamkeit erfahren?

Immerhin besteht die Chance, auch aus dem DAT 2022 Erfahrungen zu ­ziehen. Im nächsten Jahr wird es zum Beispiel erst mal kein Schwerpunktthema mehr geben. So relevant die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz auch ist: Sie darf die Standes­vertretung nicht ­davon ablenken, sich mit den brennenden Fragen hinsichtlich ­Berufsbild, Ordnungspolitik und Apo­thekenökonomie zu befassen.

So manche Delegierte fühlten sich während der Antragsberatungen daher regelrecht abgehängt. Durch die Preissteigerungen bei Waren, Dienstleistungen und Energieträgern wird die Luft für viele Apotheken in nächster Zeit immer dünner. Hinzu kommen die gravierenden Spar­pläne aus der Politik. Auf dieser Grund­lage wird es immer schwieriger sein, die eigene Zukunft nachhaltig zu gestalten.

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