Arzneimittel und Therapie

Therapieferien für Morbus-Crohn-Patienten?

Hohes Rückfallrisiko nach Absetzen von Infliximab

In Anbetracht des chronischen Charakters von Morbus Crohn müssen sich viele Patienten auf eine langfristige, möglicherweise lebenslange Behandlung mit Biologika einstellen. Hohe Therapiekosten, Sicherheitsbedenken und der Wunsch der Patienten nach einer Pause motivieren dazu, die Auswirkungen von geplanten Therapieunterbrechungen zu erforschen. Zumindest im Fall von Infliximab scheinen diese aber keine gute Idee zu sein.

Das Ziel der Behandlung von Morbus Crohn besteht darin, die Heilung der betroffenen Darmschleimhaut zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Ein wichtiger Therapiebaustein sind dabei Tumornekrosefaktor-α(TNF-α)-Inhi­bitoren wie Infliximab, die sowohl die symptomatische als auch endoskopische Kontrolle von Morbus Crohn verbessern. Der guten Wirksamkeit stehen Unsicherheiten bei der Langzeitanwendung (z. B. Risiko für Infektionen und Tumoren) sowie die nach wie vor hohen Kosten von Biologika gegenüber. Es ist von allgemeinem Interesse zu erfahren, wie hoch das Rückfallrisiko nach Absetzen der Behandlung ist und welche Patienten eventuell auf eine lebenslange Therapie verzichten könnten.

Foto: peera/AdobeStock

Auf Infliximab verzichten? Das könnte die Urlaubsfreuden schnell schwinden lassen!

Fast jeder Zweite mit Rückfall

Eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie untersuchte das Rückfallrisiko bei Patienten mit Morbus Crohn, die nach einer Standard-Infliximab-Erhaltungstherapie für mindestens ein Jahr in klinischer, biochemischer und endoskopischer Remission waren und damit a priori ein sehr niedriges Risiko hatten, ein Rezidiv zu erleiden. 115 Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip im Verhältnis 1:1 entweder weiterhin mit Infliximab behandelt oder erhielten 48 Wochen lang ein Placebo. Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zum Rückfall.

Bei den 59 Patienten, die Infliximab weiter einnahmen, wurden keine Rückfälle beobachtet, während 23 von 56 Patienten, die Infliximab absetzten, einen Rückfall erlitten. Die Zeit bis zum Rückfall war bei den Patienten, die Infliximab absetzten, deutlich kürzer als bei denjenigen, die Infliximab fortführten (Hazard Ratio [HR] 0,080; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,035 bis 0,186; p = 0,001). Am Ende der Studie, in Woche 48, betrug das rückfallfreie Überleben 100% in der Verum-Gruppe und 51% in der Placebo-Gruppe. Der wichtigste sekundäre Endpunkt, die Zeit bis zum Verlust der Remission, war bei den Patienten, die Infliximab absetzten, signifikant kürzer als bei denjenigen, die Infliximab weiter anwendeten (HR 0,025; 95%-KI 0,003 bis 0,187; p = 0,001).

Individuelles Risiko

Die Studienautoren schlussfolgern, dass ein Absetzen von Infliximab nach Langzeitanwendung mit einem erheblichen Risiko für einen Rückfall verbunden ist. Dieses Ergebnis deckt sich mit früheren unkontrollierten und retrospektiven Studien, nach denen ein Rückfallrisiko von 30% bis 50% nach einem Jahr und fast 90% nach zehn Jahren vermutet wurde. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass das Risiko von Patient zu Patient unterschiedlich ist. Die STORI-Studie von Louis et al. mit Morbus-Crohn-Patienten in stabiler Remission unter kombinierter Therapie mit Immunsuppressiva ergab unter anderem ein geringeres Rückfallrisiko bei weiblichen Patienten und Patienten ohne vorherige ­Operation.

In der aktuellen Studie von Buhl et al. konnte dagegen keine signifikante Korrelation zwischen dem Rückfall­risiko und den demografischen Ausgangsdaten oder Krankheitsmerkmalen gesehen werden. Allerdings war sie dafür auch nicht ausgelegt. Die hohe Rückfallrate im Vergleich zur STORI-Studie könnte teilweise darauf zurückzuführen sein, dass nur etwa die Hälfte der Patienten in dieser Studie gleichzeitig Immunsuppressiva erhielt, während alle Patienten in der STORI-Studie gleichzeitig Immunsuppressiva erhielten.

Schnell wieder ansetzen?

Eine Pause von Infliximab sollte deshalb nicht zu lange dauern. Eine erneute Behandlung birgt jedoch andere Risiken, die über das Fehlen einer Remission hinausgehen, z. B. ein erhöhtes Risiko, Antikörper gegen Infliximab und Überempfindlichkeitsreaktionen zu entwickeln. Die langfristigen Auswirkungen eines Auslassversuchs über das erste Jahr hinaus müssen noch weiter erforscht werden. |
 

Literatur

Buhl SS et al. Discontinuation of Infliximab Therapy in Patients with Crohn’s Disease. NEJM Evid 2022;1(8)

Louis E et al. Maintenance of remission among patients with Crohn’s disease on antimetabolite therapy after infliximab therapy is stopped. Gastroenterology 2012;142:63-70,e5; quiz e31

Apothekerin Rika Rausch

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