DAZ aktuell

Zwei Vollsortimenter als Großhandel für Apotheken verpflichtend

Forderung des BKK Dachverbands im Kampf gegen Lieferengpässe

dm/ral | Lieferengpässe sind ein Problem, das Apotheken ständig begleitet. Lösungsvorschläge gibt es viele, geholfen hat bislang keiner. Ein neuer Vorschlag kommt aktuell vom BKK Dachverband: In einem Posi­tionspapier fordert er, dass Apotheken zur Stärkung der Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln dazu verpflichtet werden sollen, nicht nur mindestens einen Vollsortimenter als Großhandel zu nutzen, sondern auch mindestens einen zweiten als „Back-up“ zu haben.

Der BKK Dachverband e. V. ist die politische Interessenvertretung von 68 Betriebskrankenkassen und vier BKK Landesverbänden mit nach eigenen Angaben über neun Millionen Versicherten. Lieferengpässe dürften ihn bei dieser Versichertenzahl häufig beschäftigen. Seine Überlegungen dazu hat er aktuell in einem Positionspapier zusammengefasst.

Meldung verpflichtend statt freiwillig

Als eine Lösung der aktuellen Lieferengpass-Situation schlägt der BKK Dachverband vor, „die bislang geltende freiwillige Selbstverpflichtung der pharmazeutischen Unternehmen zu einer verpflichteten Meldung“ umzuwandeln. „Wir fordern also, ein Frühwarnsystem zu etablieren“, heißt es. Und: „Um all diese Informationen zu bündeln, könnten die Lieferschwierigkeiten in einer öffentlich zugänglichen Datenbank transparent abgebildet werden.“ Geeignet wäre aus Sicht des Verbands die bereits existierende Lieferengpass-Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), die dahingehend schnell erweitert werden sollte.

Mit dieser Forderung nach einem Frühwarnsystem dürfte der BKK Dachverband bei der Industrie auf offene Türen stoßen: Erst Ende Mai hatte der Verband Pro Generika ein solches Frühwarnsystem für Engpässe bei unverzichtbaren Wirkstoffen gefordert.

Keine optimale Bevorratung?

Weniger einig dürfte sich der BKK Dachverband allerdings mit den Apotheken sein. Denn er fordert, dass künftig bestehende oder zu erwartende Lieferengpässe auch von Großhändlern und Apotheken verpflichtend dem BfArM angezeigt werden sollen. Zudem seien die Vorgaben zur Vorratshaltung der Apotheken zu konkretisieren und vor allem ihre Einhaltung zu prüfen, fordert er. Der BKK Dachverband meint, dass eine solche Pflicht helfen würde, schnell nachzuvollziehen, „an welcher Stelle ein Engpass besteht. Es würde etwa deutlich, ob es sich tatsächlich um einen Produktionsengpass oder um eine nicht optimale Bevorratung handelt.“ Denn ein wichtiger Punkt sei eben die Bevorratung in Apotheken: „Laut § 15 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sind Arzneimittel für mindestens eine Woche vorrätig zu halten.“ In Zeiten von Corona habe sich gezeigt, wie wichtig eine regelhafte und ausreichende Bevorratung unmittelbar in den Apotheken ist. „Allerdings scheinen Apotheken dieser Verpflichtung nicht regelhaft nachzukommen“, schreibt der BKK Dachverband. Vielmehr habe der mittlerweile dauerhaft etablierte Botendienst der Apo­theken „dazu beigetragen, dass die Bevorratung auf den pharmazeutischen Großhandel verlagert wird, der die Lagerhaltung für Apotheken übernimmt.“ Der BKK Dachverband hält deshalb regelmäßige Prüfungen (inkl. Sanktionen bei Nichteinhaltung) der Apotheken für angebracht. Eine bessere Vorratshaltung würde dann auch erleichterte Abgaberegelungen für Arzneimittel entbehrlich machen.

Großhandel soll nicht mehr frei gewählt werden können

Doch damit nicht genug, der BKK Dachverband sieht noch mehr Verbesserungsbedarf bei den Apotheken: So könnten diese frei bestimmen, welchen und wie viele Großhändler sie beauftragten. „Wählen sie nur einen, der zudem kein Vollsortimenter ist, kann der Eindruck einer schlechteren Lieferfähigkeit entstehen. Das liegt dann aber an den Bestellkonditionen und Bestellorganisationen der einzelnen Apotheke, nicht aber daran, dass die Arzneimittel tatsächlich nicht verfügbar wären“, kritisiert der Verband. Deshalb sollten Apotheken nicht nur verpflichtet werden, mindestens einen Vollsortimenter als Großhandel zu nutzen, sondern auch mindestens einen zweiten als „Back-up“.

Mit dem Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz, das am 1. April 2020 in Kraft trat, hat das BfArM unter anderem die Befugnis erhalten, Daten und Informationen zu existierenden und drohenden Lieferengpässen von pharmazeu­tischen Unternehmen und Großhändlern abzufragen. Seit dem 1. April 2020 kann das BfArM zudem Maßnahmen ergreifen, um versorgungsrelevante Engpässe abzuwenden oder abzumildern – etwa zur Kontingentierung. Und bei Arzneimitteln mit versorgungskritischen Wirkstoffen kann die Behörde seitdem eine Lagerhaltung anordnen. Bislang haben solche Änderungen Apotheken nicht direkt betroffen, das würde der BKK Dachverband jetzt offenbar gerne ändern. |

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