DAZ aktuell

Ärzte sollen COVID-19-Arzneimittel künftig selbst abgeben

BMG will wirksame Arzneimittel schneller an die Patienten bringen

ks | Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) arbeitet man an einer Rechtsverordnung, die Ärzten ermöglichen soll, Arzneimittel zur Behandlung von COVID-19 selbst zu dispensieren. Dafür soll es auch eine Vergütung geben. Der Apothekerverband Nordrhein reagierte prompt mit einem Gegenvorschlag.

Der Corona-ExpertInnenrat der Bundesregierung hatte es schon Anfang Juni gefordert, das BMG griff es kurz darauf in seinem 7-Punkte-Plan für seine Corona-Herbststrategie auf: COVID-19-Patienten sollen im ambulanten Bereich bzw. in der Frühphase der Erkrankung einen besseren und schnelleren Zugang zu antiviraler Medikation erhalten. Im 7-Punkte-Plan hieß es, der Corona-ExpertInnenrat solle hierfür ein Konzept erarbeiten und dabei auch „die Rolle des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und die der Apotheken“ prüfen. Flankierend sollte diese Strategie durch eine Kampagne bei der Kassenärztlichen Bundesver­einigung und bei Hausärzten und Hausärztinnen unterstützt werden.

Anfang Juli bestärkte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sein Vorhaben im Bundestag und auf Twitter: Er habe mehr als eine Million Dosen Paxlovid gekauft, von denen aber noch nicht einmal 30.000 eingesetzt worden seien. Es müsse daher dafür gesorgt werden, dass geeignete Patienten diese Medikamente auch schnell bekommen. Mit den Haus­ärzten arbeite er daran, dieses Vor­haben umzusetzen. Denn: Kurz nach der Infektion bei älteren Menschen eingesetzt, senke das antivirale Arzneimittel das Risiko für Krankenhauseinweisung um 90 Prozent, die Sterblichkeit um 70 Prozent. Doch es kommt viel zu selten zum Einsatz, stattdessen dümpeln die vom Bund beschafften Arzneimittel in den Großhandelslagern.

Zu komplizierter Weg über die Apotheke?

Mittlerweile sind Lauterbach, der ExpertInnerat und der Hausärzteverband offenbar weiter. Wie aus Ministeriumskreisen zu hören ist, ist eine Rechtsverordnung in Vorbereitung, die Ärzten ermöglicht, die Arzneimittel für COVID-19-Patienten – neben Paxlovid wird der monoklonale Antikörper Evusheld genannt – nicht nur zu verordnen, sondern auch selbst abzugeben. Beides sollen sie auch vergütet bekommen. Das Apothekenprivileg soll hier also bewusst durchbrochen werden, um die Prozesse zu beschleunigen. Zu hören ist, dass es ein „gut vorbereitetes System“ geben soll, bei dem auch auf Kontraindikationen eingegangen wird: Welche sind nur relativ, welche lassen sich etwa durch das Absetzen eines anderen Arzneimittels vermeiden? Schon der PCR-Befund soll künftig mitteilen, ob der Patient ein „Idealpatient“ sein könnte. Damit würde der Hausarzt informiert und könnte nach der Verordnung das Arzneimittel direkt abgeben. Weitere Einzelheiten der geplanten Rechtsverordnung bleiben allerdings abzuwarten.

Bislang erhalten Apotheken für den Aufwand, der ihnen im Zusammenhang mit der Abgabe von vom Bund beschafften antiviralen Arzneimitteln zur Behandlung von COVID-19-Patienten entsteht, eine Vergütung von 30 Euro zzgl. Umsatzsteuer je Packung. Für den Botendienst gibt es 8 Euro inkl. Umsatzsteuer dazu. Seit Ende Juni ist Apotheken auch die unbegrenzte Bevorratung mit dem Arzneimittel erlaubt.

AVNR-Chef: Den Weg zum Arzt sparen!

Dass Apotheken die neuen Ideen aus dem BMG nicht gefallen, dürfte nicht überraschen. Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, hat sich umgehend mit einer anderen Idee zu Wort gemeldet. Er dreht den Spieß um: Nicht die Beschaffung über die Apotheke hält er für problematisch, sondern den Gang zum Arzt: „Nach einem positiven PCR-Testergebnis erst noch in die Arztpraxis zu gehen, um sich Paxlovid abzuholen, bedeutet für die Patienten, dass wertvolle Zeit für eine schnelle Therapie verloren geht“, erklärt er gegenüber der DAZ. „Die bessere Lösung wäre die direkte Abgabe von Paxlovid an die Patienten durch Apotheken nach Vor­lage eines positiven PCR-Ergebnisses – ggf. auch nach telefonischer Rücksprache mit dem Arzt.“ So sei es auch in den USA jetzt möglich, so Preis. Er ist überzeugt: Gerade die gute Erreichbarkeit und langen Öffnungszeiten der Apotheken ermöglichten eine sichere und ­verzögerungsfreie Versorgung und Therapie. Zudem: „Die zahlreichen Interaktionen von Paxlovid mit anderen Arzneimitteln bedürfen sowieso der Fachkunde der Pharmazeuten.“ Und der AKNR-Vorsitzende weist auf einen weiteren Punkt hin: Die richtige Lagerung, über die man sich in Arztpraxen möglicherweise nicht so viele Gedanken macht. „Gerade bei den aktuell heißen Temperaturen muss bei so einem wichtigen Medikament wie Paxlovid und Evusheld die Wirksamkeit und Qualität durch korrekte Lagerung gewährleistet bleiben“, mahnt Preis. Laut Apothekenbetriebsordnung müssen Apotheken eine Lagerung unterhalb einer Temperatur von 25 Grad Celsius sicherstellen. Auch die Anlieferung der Arzneimittel durch den Großhandel erfolgt temperaturkontrolliert.

Nun muss sich zeigen, wie sich die Pläne des BMG konkretisieren. |

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