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„Ungeeignet und überflüssig“

Dr. Kai Christiansen schildert seine Sicht auf die Präqualifizierung

cm/dab | Im Februar 2022 hatte die Redaktion die DAZ-Leser dazu aufgerufen, ihre absurdesten Geschichten zum Thema Präqualifizierung zum Besten zu geben. Gemeldet hat sich auch Dr. Kai Christiansen, Präsident der Apothekerkammer Schleswig-Holstein. Gegenüber der DAZ berichtete er von seinen persönlichen Erfahrungen mit der Präqualifizierung und erläuterte, was sich aus seiner Sicht dringend ändern muss.
Foto: AK Schleswig-Holstein

Dr. Kai Christiansen sieht bei der Präqualifizierung einen großen Reformbedarf.

Dr. Kai Christiansen ist selbst Apothekeninhaber und kennt die Problematik der Präqualifizierung aus eigener Erfahrung. Es ärgert ihn, dass immer wieder dieselben Unterlagen eingefordert würden, die ohnehin selbstverständlich seien, wie etwa die Betriebserlaubnis. Außerdem sei das Erbringen mancher Nachweise ein „irrer Aufwand, den man keinem Mitarbeitenden zumuten kann“. Daher kümmere er sich als Inhaber, wie viele seiner Kollegen, selbst darum. „Die Regelungen schießen an vielen Stellen deutlich über das Ziel hinaus und ergeben letztlich keinen Sinn mehr,“ so Christiansen. Als Beispiel nannte er die Liege zum Anmessen von Kompres­sionsstrümpfen. Er hätte sie in seiner Offizin nie gebraucht, aber um den Vorschriften gerecht zu werden, müsse er nachweisen, dass sie vorhanden sei. Seiner Meinung nach ist das „einfach übertrieben“. Außerdem hält er die Präqualifizierung in der aktuellen Form für die Apotheken „schlichtweg ungeeignet und überflüssig“. Für die ohnehin streng regulierten Apotheken bringe sie „keine Zugewinne bei der Qualität“. Bei anderen Leistungserbringern müsse man eventuell genauer hinschauen, aber für Apo­theken sei ein „anderes System“ nötig, so der Kammerpräsident.

Für ihn wäre ein erster Schritt, dass nicht alle fünf Jahre alle Unterlagen eingereicht werden müssen. Der Präqualifizierungs-Prozess könne einmal durchlaufen und die Gültigkeit der unveränderten Angaben regelmäßig per Unterschrift bestätigt werden.

Christiansen unterstützt zudem den Vorschlag von DAV-Vize Dr. Hans-Peter Hubmann, den dieser beim Wirtschaftsforum Ende April eingebracht hat. Danach sollte eine Präqualifizierung für Apotheken nur notwendig sein, sollten sie Hilfsmittel handwerklich verändern wollen. Für Christiansen ist weiterhin eine Beschwerde­stelle für Patienten denkbar. Apotheken könnten dann anlassbezogen überprüft werden. Auch am Selbstverständnis der Präqualifizierungs­agenturen müsse sich etwas ändern: „Von der AfP etwa, die über einige Ecken zur ABDA gehört, erwarte ich deutlich mehr Service und Unterstützung für die Apotheken, als das bisher der Fall ist.“

Hilfsmittelversorgung aufgeben?

Christiansen sieht, dass sich die Hilfsmittelversorgung für die Apotheken „in vielen Fällen eher nicht“ rechnet. Es seien Anschaffungen und teilweise Umbauten nötig. Die Krankenkasse erstatte bei einigen Hilfsmitteln jedoch nur „den Einkaufspreis minus 10 Prozent – das kann sich nicht lohnen“. Er wisse aber, dass viele Kollegen nicht auf die Hilfsmittelversorgung verzichten könnten: „Gerade auf dem Land sind viele Apotheken noch Vollversorger. Wenn sie keine Hilfsmittel mehr abgeben würden, würde das für die Patientinnen und Patienten vielerorts bedeuten, dass sie weite Wege in Kauf nehmen müssten“, erklärt er. Allerdings weiß Christiansen auch von vielen Apothekeninhabern, die das Hilfsmittelgeschäft mittlerweile auf­gegeben haben. Oft sei es die Prä­qualifizierung, die dabei den letzten Ausschlag gäbe.

Wie kann sich etwas ändern?

Die Präqualifizierung falle vor allem in den Aufgabenbereich des DAV, der für die Apothekerschaft die Verträge mit der GKV schließe. Es müsse um politische Unterstützung geworben werden. Wer die Chance hätte, mit Politikern ins Gespräch zu kommen, solle das unbedingt tun und Handlungsbedarf deutlich machen. „Wir haben gute Argumente, die wir breit streuen müssen,“ so Christiansen.

Seiner Meinung nach sollte nicht nur die Präqualifizierung, sondern auch die Apothekenbetriebsordnung ent­bürokratisiert werden. Der Apothekerschaft könne man „ruhig ein bisschen Vertrauen schenken“, ohne dass dieses gleich ausgenutzt würde. Das habe man in der Pandemie unter Beweis gestellt, indem man mit allen Freiheiten, wie Botendienst oder gelockerten Abgaberegeln, nachweislich „sehr verantwortungsvoll“ umgegangen sei. Die Apotheker würden bei solchen Gelegenheiten nicht danach streben, mehr verdienen zu können, sondern für ihre Kunden Probleme zu lösen – „wenn es sein muss, auch zulasten der eigenen Apotheke. Das muss endlich an den Schreibtischen der Kassen und der Politik ankommen.“ |

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