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Gesetze und Regelungen: Wann haftet die Filialleitung?

Rechtswidrige Anweisungen im Filialverbund

„Was ich machen soll, ist nicht legal“ – diesen Satz hört ADEXA-Rechts­anwältin Minou Hansen immer wieder von Filialleiterinnen und Filial­leitern. Bei einem Webinar erklärte sie, welche Gefahren Führungskräften der Apotheke drohen.
Foto: Angela Pfeiffer/Adexa

Minou Hansen

Der Gesetzgeber hat an mehreren Stellen definiert, welche Rolle Filialleiterinnen und Filialleiter im Verbund haben. Zu den wichtigsten Rechtsgrundlagen gehört die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), § 2 Abs. 1 Nr. 5: „Apothekenleiter ist bei einer Filialapotheke nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 des Apotheken­gesetzes der vom Betreiber benannte Verantwortliche.“ Weiter heißt es in § 2 Abs. 2 ApBetrO: „(…) Neben dem Apothekenleiter nach Absatz 1 Nr. 5 ist auch der Betreiber für die Einhaltung der zum Betreiben von Apotheken geltenden Vorschriften verantwortlich.“ Gemeint sind also sowohl Hauptapothekenleitung als auch Filialleitung.

Zu den wichtigsten Themen bei Haftungsfragen gehören Hansen zufolge Fälle, wenn PTA in der Apotheke, aber keine Approbierten vor Ort sind, und auch die Abgabe von Rx-Arzneimitteln ohne Rezept oder pharmazeutische Tätigkeiten von PKA. Corona-Regeln inklusive Gefährdungsbeurteilungen könnten im Herbst und Winter ebenfalls wieder an Bedeutung gewinnen.

PTA allein in der Apotheke

Mitunter komme es vor, dass PTA allein, sprich ohne vertretungsberechtigte Kolleginnen oder Kollegen, in der Apotheke arbeiten würden, so Hansen. So wird teilweise verlangt, die Apotheke schon einmal zu öffnen, ohne dass eine Apothekerin vor Ort ist. Nur seien laut § 3 Abs. 5 Satz 3 Ap­BetrO PTA „vom Apothekenleiter zu beaufsichtigen oder von diesem durch einen Apotheker beaufsich­tigen zu lassen“.

Verstöße gelten als Ordnungswidrigkeit (§ 36 Nr. 2d ApBetrO) und werden mit Geldbußen von bis zu 5000 Euro geahndet. Theoretisch wäre sogar der Widerruf der Approbation (§ 7 Bundesapothekerordnung, BApO) möglich – auch wenn die Maßnahme wohl eher selten zum Tragen kommt.

Foto: BCFC/AdobeStock

PKA im Handverkauf

Ähnlich kritisch ist zu bewerten, wenn PKA z. B. nicht verschreibungspflich­tige Präparate (OTC) oder Rx-Präparate abgeben. Die ADEXA-Juristin verweist hier auf § 3 Abs. 5 ApBetrO: „Es ist verboten, pharmazeutische Tätigkeiten von anderen Personen als pharmazeutischem Personal auszuführen oder ausführen zu lassen (…).“

Mögliche Rechtsfolgen für die Apo­theken- oder Filialleitung sind Geld­bußen in Höhe von bis zu 5000 Euro (§ 25 ApoG). Die gleiche Summe müssten auch PKA berappen. „Die Zusage der Hauptapothekenleitung, etwaige Bußgelder oder die Verantwortung zu übernehmen, greift nicht nach außen“, warnt Minou Hansen. Allen Beteiligten drohe ein Verfahren vor der Landes­apothekerkammer.

Rx-Arzneimittel ohne Rezept

Auch die Praxis, verschreibungspflichtige Arzneimittel an Stammkunden – mitunter nur ein Blister – ohne Rezept abzugeben, sei laut Hansen kritisch zu bewerten. In § 48 Arzneimittelgesetz (AMG) ist klar geregelt, dass Kundinnen oder Kunden eine ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Verschreibung vorzulegen haben. Verstöße sind eine Straftat. Der Apotheken- bzw. der Filialleitung droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe (§ 98 Nr. 13 Arzneimittelgesetz).

Gefährdungsbeurteilung in Corona-Zeiten

Zuletzt noch ein Blick auf die Pandemie. Im Herbst und Winter könnten neue Corona-Regeln und damit verbundene Gefährdungsbeurteilungen auf die Filialleitung zukommen; der Umfang ist momentan unklar.

Details sind in § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und in § 3 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) geregelt. Wer solche Beurteilungen nicht oder nur fehlerhaft durchführt, muss mit Geldbußen bis zu 5000 Euro rechnen (§ 25 ArbSchG). „Das Gesetz richtet sich eigentlich an Arbeitgeber“, so Hansen. „Klären Sie jedoch, was in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbart wurde: Hat die Apothekenleitung Ihnen die Pflicht zur Gefährdungs­beurteilung übertragen? Dann sollten Sie sich die entsprechenden Arbeitszeiten für die Durchführung geneh­migen lassen.“

ADEXA-Mitglieder können ihre Arbeitsverträge in der Rechtsabteilung prüfen lassen und auch gerne die Filial­leitersprechstunde an jedem Mittwoch von 13.30 bis 14.30 Uhr in Anspruch nehmen: Tel. (040) 80 03 08 17. |

Schon jetzt vormerken – das nächste Webinar für die Filialleitung

Das nächste Live-Webinar mit ADEXA-Juristin Minou Hansen findet am Mittwoch, 31. August 2022, von 19.30 Uhr bis 20.00 Uhr statt. Teilnehmen können ADEXA-Mitglieder und Nichtmitglieder, die als Filialleitung tätig sind oder sich für diese Schlüsselposition interessieren. Infos und Anmeldung: www.adexa-online.de/aktuelles/termine.

Michael van den Heuvel

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