Aus den Ländern

„Weniger Krankenhauseinweisungen und weniger Tote!“

LAK Baden-Württemberg begrüßt pharmazeutische Dienstleistungen

STUTTGART (du) | Die Implementierung der pharmazeutischen Dienstleistungen sind für Dr. Martin Braun, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg ein Meilenstein für die Apotheke wie für die Patienten. Im Rahmen der dritten Sitzung der 17. Vertreterversammlung am 21. Juni appellierte er eindringlich an die Basis, jetzt für die Umsetzung zu sorgen. Hilfestellung bekamen die Delegierten von Dr. Nina Griese-Mammen, Abteilungsleiterin für wissenschaftliche Evaluation im Geschäftsbereich Arzneimittel der ABDA.

Voll des Lobes und der Anerkennung zeigte sich Braun für die geleistete Arbeit der ABDA- Vertreter, die in zähen Verhandlungen den Weg frei für die pharmazeutischen Dienstleistungen gemacht haben.

Foto: LAK BW

Dr. Martin Braun, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg

„Yes we can!“

Man werde in Zukunft wesentlich stärker als bislang als Heilberufler wahrgenommen werden. Denn Braun ist überzeugt: „Wir können das und wir werden das auch umsetzen!“ Den kritischen Stimmen, die den Apotheken die Kompetenz für diese Aufgaben absprechen, allen voran denen aus der baden-württembergischen Ärzteschaft, begegnete er mit großem Unverständnis. Insbesondere den Vorwurf, Apotheken würden mit diesen Dienstleistungen abzocken, konterte er, dass es ihm nie in den Sinn kommen würde, in Sachen Igel-Leistungen der Ärzte von Abzocke zu sprechen. Möglicherweise hätten die ärztlichen Kollegen auch die Ausführungen zum Gesamtpaket der pharmazeutischen Dienstleistung nicht gelesen. Das könne das Halbwissen erklären. Braun ist überzeugt: „Die pharmazeutischen Dienstleistungen werden dafür sorgen, dass es weniger Krankenhauseinweisungen und weniger Tote geben wird!“

Informationen aus erster Hand

Der Startschuss zu den pharmazeutischen Dienstleistungen ebnete Dr. Nina Griese-Mammen den Weg, über das brandneue spannende Thema im Rahmen der Vertreterversammlung zu sprechen und zur Umsetzung zu motivieren. Dabei hatte sie einige Tipps im Gepäck, mit denen ein ein­facher Einstieg in dieses neue Aufgabengebiet gelingen soll.

Foto: DAZ/Moll

Dr. Nina Griese-Mammen, Abteilungsleiterin für wissenschaftliche Evaluation im Geschäftsbereich Arzneimittel der ABDA

Ein Rückblick

In einem Rückblick skizzierte sie den langen Weg von der Idee bis hin zur gesetzlichen Grundlage für die pharmazeutischen Dienstleistungen, die mit dem Vor-Ort-Apotheken-­Stärkungsgesetz gelegt wurde. Es folgte ein weiterer zäher Weg mit erfolglosen Verhandlungen zwischen dem Deutschen Apothekerverband und dem GKV-Spitzenverband, der zum Anruf der Schiedsstelle führte. Am 10. Juni 2022 wurde nun endlich der schrift­liche Schiedsspruch verkündet. Dieses Datum wird als Start der pharma­zeutischen Dienstleistungen in die ­Geschichte eingehen. Vonseiten der ABDA sei es wichtig gewesen, dass die angebotenen Dienstleistungen aus den Feldern Prävention, Verbesserung der Adhärenz und Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit stammen, betonte Griese-Mammen. Zudem sollten Dienstleistungen angeboten werden, die einfach zu erbringen sind und solche, die komplexer und anspruchsvoller sind. Dies sei mit dem jetzt beschlossenen Dienstleistungs­katalog erst einmal erfüllt.

Die Dienstleistungen

Die Präventionsmaßnahme „Standardisierte Blutdruckmessung zur Risikoerfassung hoher Blutdruck“ könne vom pharmazeutischen Personal ohne weitere ­Qualifikation erbracht werden. Die erweiterte Einweisung in die korrekte Anwendung und das Üben der Inhalationstechnik darf von pharmazeutischem Personal mit abgeschlossener Ausbildung angeboten werden, diese Dienstleistung soll der Adhärenzförderung dienen. Und dann gibt es drei komplexe Dienstleistungen zur Ver­besserung der Arzneimitteltherapie­sicherheit, die auf Basis einer Medika­tionsanalyse 2a durchzuführen sind: die erweiterte Medikationsberatung bei Polypharmazie, die pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie und die pharmazeutische Betreuung bei Organtransplantierten. Für diese Dienstleistungen ist eine achtstündige Fortbildung auf Basis des Curriculums der Bundesapothekerkammer (BAK) „Medikationsanalyse, Medikationsmanagement als Prozess“ Voraussetzung. Hier werden die Kenntnissen und Fertigkeiten zur Durchführung der Medikationsanalyse Typ 2a und des darauf basierenden Medikationsmanagements als Prozess vermittelt. Darüber hinaus werden folgende Fort- oder Weiterbildungen als gleichwertige Qualifikation akzeptiert:

  • ATHINA
  • ARMIN
  • Apo-AMTS
  • Medikationsmanager BA KlinPharm
  • Weiterbildung Geriatrische Pharmazie
  • Weiterbildung Allgemeinpharmazie

In allen diesen Fort- und Weiterbildungen sei die strukturierte Medikationsanalyse 2a ein wichtiger Bestandteil, nicht hingegen in der Weiterbildung Onkologische Pharmazie, weshalb diese als Qualifikation nicht reiche, erklärte Griese-Mammen. Sie verwies darauf, dass auf Aufforderung der Krankenkasse eine gültige Bescheinigung über eine entsprechende Fort- und Weiterbildung vorzulegen sei, wenn man eine dieser drei auf der Medikationsanalyse 2a basierenden Dienstleistungen abrechnen möchte.

Foto: LAKBW

Am Dienstag in der vergangenen Woche tagte die 17. Vertreterversammlung zum dritten Mal.

Weitere Tipps

Darüber hinaus erklärte Griese-Mammen, wie die einzelnen Dienstleistungen dokumentiert werden müssen und an welcher Stelle wie das Einverständnis des Patienten einzuholen ist. Für weiterführende Informationen verwies sie auf die entsprechenden Seiten der ABDA. Hier seien alle Informationen zu den Dienstleistungen strukturiert abrufbar. Neben Arbeitshilfen finden sich dort praktische Hinweise zur Vorbereitung der jeweiligen Dienstleistungen, zur Prüfung der Anspruchsberechtigung, zur Dokumentation sowie zum Abschluss einer Vereinbarung zwischen Patient und Apotheker in Kurz- und Langfassung. Unterzeichnet werden könne die Kurzfassung, es müsse nur sichergestellt sein, dass der Patient die Möglichkeit zur Einsicht in die Langfassung habe, so Griese-Mammen. Dazu könne man die Langfassung auf seiner Homepage zur Verfügung stellen oder aber in der Apotheke auslegen. Die Quittierung der Dienstleistung erfolge beim ersten Kontakt auf der Vereinbarung. Bei der vertraglichen Vereinbarung empfahl Griese-Mammen vor allem bei den komplexen Dienstleistungen mit Medikationsanalyse darauf zu achten, dass der Patient den Apotheker von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Arzt entbindet und auch der zu kontaktierende Arzt von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Apotheker entbunden wird. So sei gewährleistet, dass der Arzt informiert werden und Probleme und Lösungs­vorschläge mit dem Arzt diskutiert werden können. Vor dem Hintergrund der ärztlichen Kritik plädierte Griese-Mammen dafür, immer wieder klarzumachen, dass der Arzt besonders bei den komplexen pharmazeutischen Dienstleistungen von den Vorarbeiten des Apothekers profitiere, denn er könne auf dieser Basis einfach weiterarbeiten und seine Therapie optimieren.

Auch auf die Deckelung des Honorartopfes ging Griese-Mammen ein. Wenn das Volumen von 150 Millionen Euro nicht ausreicht, müsse priorisiert werden. Dann würden bevorzugt die komplexen auf der Medikationsanalyse beruhenden Dienstleistungen abgegolten, gefolgt von der Inhalatorschulung. Allerdings erhält jede Apotheke, die pharmazeutische Dienstleistungen durchführt, eine garantierte Summe von 1000 Euro. |

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