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Sieben Anträge, eine neue AMTS-Schulung und die Forderung nach mehr Geld

Kammerversammlung in Hamburg: Inflationsausgleich und Nachhaltigkeit im Fokus

HAMBURG (tmb) | Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg verabschiedete am 20. Juni sieben Anträge für den Deutschen Apothekertag, darunter sechs Anträge zum Umweltschutz und zur Nachhaltigkeit und die Forderung nach mehr Geld für die Apotheken. Außerdem wird es in Hamburg künftig ein eigenes Schulungs­konzept zur Arzneimitteltherapie­sicherheit (AMTS) geben.
Foto: DAZ/tmb

Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen

Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen wies in seinem Bericht auf die Inflation hin. Alle Preise steigen, aber der Festzuschlag auf Rx-Arzneimittel als Hauptertragsquelle der Apotheke dümpele seit zwei Jahrzehnten auf dem gleichen Niveau. Für die ABDA gebe es aber immer Gründe und Ausflüchte, gerade jetzt keine Erhöhung zu fordern (siehe AZ 2022, Nr. 26, S. 4). Vor diesem Hintergrund ent­wickelte sich in der Diskussion ein Antrag zum Deutschen Apothekertag. Darin soll der Gesetz- und Verordnungsgeber aufgefordert werden, den Festzuschlag für Rx-Arzneimittel gemäß der Inflation seit 2004 anzupassen. Auf eine Erhöhung des Apothekenrabatts soll verzichtet werden. Eine etwaige Senkung der Mehrwertsteuer soll ertragsneutral für die Apotheken umgesetzt werden (siehe auch S. 14).

Sechs Anträge zur Nachhaltigkeit

Außerdem beschloss die Kammerversammlung, die in Hamburg eine Versammlung aller anwesenden Kammermitglieder ist, sechs weitere Anträge für den Deutschen Apothekertag. Vier davon stammen von einer bundesweiten Initiative von Apothekern zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit. Demnach sollen die ABDA und ihre Mitgliedsorganisationen anstreben, mit allen ihren Funktionen bis 2030 klimaneutral zu werden. Außerdem soll die ABDA einen Nachhaltigkeitsbeauftragten ernennen. Dies könne auch eine ehrenamtliche Funktion sein. Der dritte Antrag zielt darauf, negative Umwelt- und Klimafolgen von Arzneimitteln zu verringern. Gemäß dem vierten Antrag sollen Konzepte für klimaneutrale Apotheken entwickelt und gefördert werden. Vizepräsidentin Petra Kolle betonte, dass auch viele kleine Maßnahmen eine Wirkung hätten. Außerdem sei das Energiesparen auch finanziell vorteilhaft. In der Diskussion stellten sich die Kühlung von Apotheken und Lieferfahrzeugen sowie die IT-Technik als Haupttreiber für den Energieverbrauch heraus. Die Apotheken und die Fahrzeuge des Großhandels würden heruntergekühlt, aber es gebe keinen Nachweis, dass dies wirklich nötig sei. Eine gute Isolierung der Fahrzeuge und eine Kühlbox für die wirklich empfindlichen Arzneimittel würden möglicherweise ausreichen. Außerdem wurde die Bonpflicht als ökologisch unsinnig kritisiert, zumal bei steuer­lichen Prüfungen nur die ohnehin vorhandenen digitalen Daten beachtet würden. Daraufhin wurden spontan zwei weitere Anträge für den Deutschen Apothekertag entwickelt. Demnach soll die Bonpflicht für den Einzelhandel sofort aufgehoben werden und der Gesetzgeber soll aufgefordert werden, stets die Wirkungen auf den Klimaschutz und die Nachhaltigkeit in der Gesetzgebung zu prüfen. Alle Anträge wurden ohne Gegenstimme angenommen.

Personalmangel in der „Life-Science-Stadt“

Siemsen ging in seinem Bericht auch auf den Personalmangel ein. Trotz aller Bemühungen würden mindestens in jeder zweiten Apotheke Mitarbeiter fehlen. Leider behandle die Universität Hamburg den Studiengang Pharmazie „eher stiefmütterlich“. Für die selbst­ernannte Life-Science-Stadt scheine Pharmazie nicht wichtig zu sein, folgerte Siemsen. Leider seien bisher noch keine Gespräche mit den Verantwortlichen zustande gekommen.

Lange Wege zur Strukturreform und zur Approbationsordnung

Zur ABDA-Strukturreform ließ Siemsen erkennen, dass er noch einen langen Weg erwartet. Eine schlankere Struktur führe zu Verlustängsten. Dies betreffe hier eher das Ehrenamt, weil die meisten hauptamtlichen Abteilungsleiter in den nächsten Jahren in Rente gehen. Zum Positionspapier für die Novelle der Approbationsordnung bekräftigte Siemsen, dies sei ein Kompromiss. Der ABDA-Gesamtvorstand und auch der Hamburger Kammervorstand hätten lange und kontrovers über die Inhalte diskutiert. Leider hätten die Studierenden das Papier in ihrer Vollversammlung abgelehnt. Trotzdem meint Siemsen, wir seien „einen deut­lichen Schritt weiter“. Denn „die Alternative einer kontroversen Auseinandersetzung der Player hätte sicher keinen besseren Start für die Neuordnung gebracht“, erklärte Siemsen.

Schwierigkeiten rund um die Dienstleistungen

Im Zusammenhang zu den neuen pharmazeutischen Dienstleistungen beklagte Siemsen die Reaktionen der verfassten Ärzteschaft. Diese habe „die große Maschinerie angeschmissen“, um mit „Fake-News“ die Stimmung gegen die Apotheken anzufeuern und sich „als alleinige Retter der Entrechteten zu inthronisieren“. Der Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, Prof. Dr. Henrik Herrmann, schließe sich dem jedoch nicht an (siehe DAZ 2022, Nr. 25, S. 12). Nach Einschätzung von Herrmann gebe es genug Probleme, die man besser gemeinsam angehen solle. Diese Sicht könne er nur begrüßen, erklärte Siemsen. Weiter stellte Siemsen fest, die Honorierung der Dienstleistungen sei „eine fast unlösbare Aufgabe“ gewesen. Denn „eine unbegrenzte Anzahl von honorierten Leistungen steht einem begrenzten Budget gegenüber“. Siemsen begrüßte die gefundene Lösung mit einem garantierten Auszahlungsbetrag und den floatenden Beträgen, aber er kritisierte den zugrunde gelegten Kalkulationsansatz von 42 Euro für eine PTA-Stunde, denn „welcher Handwerker fakturiert 42 Euro für eine Gesellenstunde?“

Neue AMTS-Schulung für Hamburg

Die Dienstleistungen zur Medikationsanalyse und zur pharmazeutischen Betreuung dürfen nur von Apothekerinnen oder Apothekern angeboten werden, die eine Schulung gemäß dem Curriculum der Bundesapothekerkammer (BAK) absolviert haben. Viele Apothekerkammern bieten weitergehende Fortbildungen zur AMTS, beispielsweise Athina oder Apo-AMTS. Ein solches Angebot hat die Kammerversammlung nun auch für Hamburg beschlossen, aber die Apothekerkammer Hamburg verfolgt dabei ein eigenes Schulungskonzept. Vizepräsidentin Stefanie Eckard erklärte, das Konzept soll niederschwellig sein und innerhalb von drei bis sechs Monaten zu einer Qualifikation führen. Außerdem sollen sich die Kollegen dabei sicher fühlen. Es baue auf dem BAK-Curri­culum auf, das den ersten Schulungsbaustein darstelle. Die weiteren Elemente stellte Dr. Dorothee Dartsch vor. Nach einer fünfstündigen Schulung in Präsenz sollen innerhalb von sieben Tagen drei Fälle online bearbeitet werden. Dazu gehören Diskus­sionen und eine Musterlösung. Solche Schulungen hätten in Hamburg bereits vor Jahren stattgefunden. Im neuen Konzept folgen zusätzlich ein Fall-Workshop, bei dem maximal zehn Teilnehmer jeweils einen realen Patientenfall vorstellen, und ein Anwendertreffen, das als Life-Online-Veranstaltung stattfindet. Anschließend können die Absolventen weitere solche Anwendertreffen besuchen. Wer das BAK-Curriculum zur Medi­kationsanalyse nach dem 28. April 2015 absolviert hat, kann direkt in die Schulungsphase mit dem Fall-Workshop einsteigen, um das Hamburger AMTS-Zertifikat zu erwerben. Die Grundqualifikation soll drei Jahre gelten. Für die Verlängerung müssen Fortbildungspunkte bei Veranstaltungen zur AMTS erworben werden. Das Angebot soll nach den Sommerferien beginnen, sodass die ersten Teilnehmer die Schulung bis Weihnachten durchlaufen können. |

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