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Ohne höheres Fixhonorar geht es nicht

Kammerversammlung Brandenburg: Zum 30-jährigen Jubiläum kommt Ministerinnen-Besuch

POTSDAM (ks) | Die jüngste Kammerversammlung der Landesapothekerkammer Brandenburg fand zwar ohne große Feierlichkeiten im Potsdamer Apothekerhaus statt – dennoch war sie etwas Besonderes: Anlässlich des 30-jährigen Kammer­jubiläums kam mit Ursula Nonnemacher (Grüne) erstmals eine Ministerin zu Besuch. Eines der großen Themen des Tages war wieder einmal der Nachwuchs- und Fachkräftemangel.

Die Sorge um den Nachwuchs ist und bleibt ein Dauerbrenner in Brandenburg. Das machte Kammerpräsident Jens Dobbert in seinem Bericht deutlich. In seiner gesamten zehnjährigen Präsidentschaft bemüht er sich bereits um Lösungen. Ganz oben auf der Agenda steht für ihn die Schaffung eines Pharmaziestudiengangs in Brandenburg – dem einzigen Bundesland, das keinen zu bieten hat. Die Kammer verabschiedete in den vergangenen Jahren Resolutionen, Dobbert führte zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Landesregierung. Verständnis für sein Anliegen fand er zwar fast überall – nur fühlten sich die jeweils Angesprochenen nicht zuständig. Zeitweilig sah es so aus, als könne tatsächlich ein Gesundheitscampus Brandenburg inklusive Pharmazie aufgebaut werden – an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus. 2021 taten sich die Apotheken mit Ärzten und Zahnärzten im Land zusammen, um eine gemeinsame „Hochschule für Heilberufe“ zu fordern. Doch alle Hoffnungen versickerten bislang im märkischen Sand. Auch wenn es schwer ist, bei all diesen Rückschlägen motiviert zu bleiben – Dobbert sucht weiter das Gespräch. Als Nächstes stehen solche mit der privaten Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB) an. Dobbert nutzte die Anwesenheit der Ministerin für einen weiteren Vorstoß: Das Sozialgesetzbuch V sieht vor, dass ein gemeinsames Gremium aus Vertretern eines Landes, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen und der Landeskrankenhausgesellschaft sowie weiteren Beteiligten gebildet werden kann. Dieses „gemein­same Landesgremium“ kann sodann Empfehlungen zu sektorenübergreifenden Versorgungsfragen abgeben – auch zur Notfallversorgung. Spätestens jetzt, findet Dobbert, ist es an der Zeit, die Apotheker in dieses in Brandenburg bereits existierende Gremium aufzunehmen – denn es stehen viele neue Aufgaben für die Apotheken an.

Foto: LAK Brandenburg

Seltener Besuch Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert begrüßte Landes­gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) zur Kammerversammlung.

Neue Dienstleistungen: Kein neues Standbein

Da sind zum einen die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen. Dobbert ist erfreut, dass das große Geheimnis um diese Leistungen nun endlich gelüftet ist. „Aus meiner Sicht ist für jede Apotheke was dabei“, sagte er. Etwas Wasser müsse er allerdings doch in den Wein gießen: Ein zweites Standbein für die Vergütung seien die Dienstleistungen nicht. Sie seien ein „Add-on“, das den Berufsstand aufwerte. Aber das führe nicht daran vorbei, dass auch die Vergütung für die Arzneimittelabgabe dringend angepasst werden müsse. Denn sie sei weiterhin das Grundfundament der Apotheken. Es müsse sichergestellt sein, dass den Mitarbeitern angemessene Gehälter gezahlt werden können und Investitionen sowie ein Verdienst für die Inhaber möglich sind. Anders als in anderen Branchen könnten Apotheken nämlich ihre Kostensteigerungen in vielen Bereichen eben nicht an die Endverbraucher weitergeben.

Dobbert warf zudem einen Blick auf das kommende E-Rezept. Er hat keine Bedenken, dass die Apotheken im September bereit sein werden. „Wir sind schon lange auf dem digitalen Trip.“ Er appellierte aber auch nochmals an alle Kollegen: „Bereiten Sie sich vor und triezen Sie Ihre Softwarehäuser.“ Eine weitere wesentliche Neuerung, die die Apotheken in diesem Jahr erwartet, ist die Grippeimpfung als Regelleistung. In Brandenburg hatte man schon mit den Modellprojekten Probleme. Hier fasste man im Schulterschluss mit den Ärzten eine Reso­lution, dass Apotheken nicht impfen werden und die Ärzte kein Dispensierrecht einfordern. Nun, so Dobbert, sei die Situation eine andere. Allerdings sei er weiterhin der Meinung: „Das Impfen ist keine originäre Aufgabe der Apotheke.“

Nonnemacher: Kein Scheck für die Pharmazie-Fakultät

Ursula Nonnemacher, Ärztin und seit November 2019 Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg, nutzte ihren Besuch bei den Apothekern, um ihnen Dank und Respekt auszusprechen – nicht nur für ihre Leistungen in der Pandemie, sondern auch für ihren Einsatz im normalen Betrieb. Einen „Scheck für eine Pharmaziefakultät“ habe sie allerdings nicht in der Tasche – gesprächsbereit zeigte sich die Ministerin dennoch. Das Land brauche schließlich die Apotheken vor Ort; ihr flächendeckendes Netz habe sich auch in der Pandemie bewährt. „Sie sind nicht durch Versandapotheken zu ersetzen“, stellte die Ministerin klar. Noch sei die flächendeckende Versorgung nicht gefährdet, dafür sorgten auch fünf Zweigapotheken und 70 Rezeptsammelstellen im Land. Nun müsse man dafür Sorge tragen, dass das auch so bleibt. Es gebe durchaus Ideen, wie Apothekenniederlassungen auf dem Land gefördert werden könnten. Allerdings seien solche Fördermodelle angesichts der Haushaltssituation nicht praktikabel – überall gebe es starke Sparauflagen. Auch die Personalsorgen der Apothekenbetriebe nimmt Nonnemacher ernst. Doch der Fachkräftemangel treffe nicht die Apotheken allein: „Alle konkurrieren massiv um die knappe Ressource junge Menschen.“ Auch um die Diskussion um einen möglichen Pharmaziestudiengang im Land will sich die Ministerin nicht drücken. Doch die Lage sei nun so, dass ein solcher nicht (mehr) geplant ist. Schon für die Medizin in Cottbus werde es schwer. Auch die PTA-Ausbildung sprach Nonnemacher an. Sie ist in Brandenburg derzeit nur in Eisenhüttenstadt möglich. Das Land fördert diese Ausbildung – dennoch sei sie nicht konkurrenzfähig mit anderen Ausbildungen, für die eine Vergütung gezahlt werde, betonte die Ministerin. Gut seien die Stipendien, die Apotheken gewähren. Doch nötig seien wei­tere „kreative Lösungen“.

Nonnemacher erklärte, sie werde sich auch auf Bundesebene weiter für die Stärkung der Vor-Ort-Apotheken einsetzen. Was den Ruf nach einer besseren Packungsvergütung betrifft, wollte sie allerdings keine Versprechungen machen – auch die Ärzte hätten Forderungen und viele Kliniken befänden sich in Liquiditätsschwierigkeiten. Dobberts Anregung, die Apotheker in das Landesgremium zur sektorenübergreifenden Versorgungsfragen aufzunehmen, will die Ministerin prüfen.

Ideen für eine PTA-Aus­bildungsvergütung

Was die gewünschten „kreativen Lösungen“ bei der PTA-Ausbildung betrifft, gibt es übrigens schon eine Idee. Diese brachte der Leiter der PTA-Schule in Eisenhüttenstadt, Clemens Tründelberg, in die Kammerversammlung mit. Er zeigte in einem Vortrag die schwierige Situation auf: 24 Schüler kann er in einer Klasse aufnehmen. Gab es 2015/2016 noch 71 Bewerbungen, sank die Zahl seitdem beständig. 2020/21 waren es noch 46, von denen letztlich 22 tatsächlich starteten. Mehr als die Hälfte habe mittlerweile einen Migrationshintergrund. In diesem Jahr stellen sich aber nur noch 13 Schüler der Prüfung. Der Rest der Klasse sei bereits abgesprungen.

Das Stipendien-Programm, an dem sich 95 Apotheken im Land beteiligten, sei zwar gut, aber offenbar reicht es nicht. Was Tründelberg vermisst, ist auch ein vermehrtes Engagement der Apothekenleiter. Der PTA-Beruf sei vielen noch immer unbekannt. Jede Apotheke, die PTA suche, sollte in ihrem Schaufenster mit einem Plakat darauf aufmerksam machen. Immerhin handele es sich um sichere, krisenfeste und familienfreundliche Arbeitsplätze. Allerdings sei es nicht einfach, junge Menschen für den Beruf zu gewinnen, wenn ebenso dringlich Pflegekräfte, Azubis für die Sparkasse oder die Verwaltung gesucht werden – denn hier wird die Ausbildung ver­gütet. Da komme er auf einer Ausbildungsmesse mit einem „Null-Euro-Schild“ für einen Assistenzberuf ohne Aufstiegschancen nicht weit, so Tründelberg.

Der Schulleiter hat sich daher ein Modell zur Finanzierung der Ausbildungsvergütung überlegt: In einer Variante würden die Schüler 450 Euro in den ersten beiden Jahren erhalten. Dies würde die Apotheken 38 Euro im Monat kosten (Berechnungsgrundlage: 570 Apotheken finanzieren 48 Schüler, also zwei Klassen). In einer zweiten Variante erhielten die Azubis 450 Euro nur im ersten Jahr oder 225 Euro über zwei Jahre – dies wäre mit monatlich 19 Euro pro Apotheke zu realisieren. Mit 9,50 Euro im Monat könnten die Brandenburger Apotheken immerhin noch 225 Euro im ersten Jahr finan­zieren. Letztere Option ähnelt dem Stipendien-Modell, wobei hier die Summe von einer einzigen Apotheke aufgebracht werde.

Anträge für den DAT

Über diesen Vorschlag wird man sich jetzt Gedanken machen können. Wie wichtig das Thema den Apothekern ist, zeigt auch ein Antrag, den die Kammer Brandenburg beim kommenden Deutschen Apothekertag in die Hauptversammlung einbringen will. Mit diesem soll der Gesetzgeber auf­gefordert werden, „eine Grundlage zu schaffen, dass PTA während der schulischen Ausbildung eine Ausbildungsvergütung bekommen“. Die Delegierten der Kammerversammlung beschlossen zudem zwei weitere Anträge für den DAT. Bei ihnen stehen der Abbau von Bürokratie und die Abkehr von der Präqualifizierungspflicht der Apotheken im Mittelpunkt. |

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