Arzneimittel und Therapie

Kohlenmonoxid - die unsichtbare Gefahr

Neue Leitlinie gibt Empfehlungen bei potenziellen Vergiftungen

Man kann es nicht sehen, man kann es nicht riechen, man kann es nicht schmecken: Kohlenmonoxid. Das Gas gilt als heimtückisch, da es auch in Räumen auftritt, in denen sich keine potenzielle Kohlenmonoxid-Gefahrenquelle befindet. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e. V. (DIVI) hat vor Kurzem Empfehlungen für die Erkennung, Diagnostik und Behandlung bei Kohlenmonoxid-Vergiftungen herausgegeben.
Foto: Ralf Geithe/AdobeStock

Schutz bieten Rauch- und Kohlenmonoxid-Warngeräte, die in jedem Haushalt installiert werden sollten.

Kohlenmonoxid (CO) entsteht bei unvollständiger Verbrennung von Kohlenstoff-haltigen Materialien. Die häufigste und eindeutigste Ursache einer Kohlenmonoxid-Exposition ist ein Brand. Doch auch eine defekte Gastherme, der defekte Kaminabzug zu Hause oder das Rauchen von Shishas können Gefahrenquellen sein. Diese sind besonders tückisch, da sich das farb- und geruchlose Gas hier oft unbemerkt verbreiten kann. Dringt Kohlenmonoxid in unsere Lungen, bindet es mit hoher Affinität an das Hämoglobin in den Erythrozyten und verhindert so das Binden von Sauerstoff und damit die Versorgung der Organe. Das Atemgift kann neuropsychologische Störungen verursachen oder - im schlimmsten Fall – zum Erstickungstod führen.

Was können Laienhelfer tun?

Grundsätzlich gilt: Liegt der Verdacht einer Kohlenmonoxid-Vergiftung vor, versuchen Sie, sich bzw. die betroffene Person schnellstmöglich von der Expositionsquelle zu entfernen und an die frische Luft zu gelangen. Auch das Öffnen von Fenstern und Türen für eine schnelle Frischluftzufuhr ist sinnvoll. Sind Sie als Ersthelfer vor Ort, können durch die Rettungsstelle angeleitete Maßnahmen getroffen werden. Wichtig ist auch hier, auf den Eigenschutz zu achten - vor allem, wenn die Gefahrenquelle nicht klar bestimmt werden kann. Bei Symptomen wird in jedem Fall eine Krankenhauseinweisung empfohlen.

Keine eindeutigen Symptome

Die Symptome einer Kohlenmonoxidvergiftung können sehr unscharf sein. So treten bei leichten Intoxikationen

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Schwächegefühl
  • Übelkeit und Erbrechen

auf, während sich schwere Intoxikationen durch

  • Orientierungsstörungen
  • Bewusstseinsstörungen
  • Krampfanfälle
  • Angina pectoris
  • Herzrhythmusstörungen
  • Dyspnoe, Tachypnoe
  • Lungenödem
  • EKG-Veränderungen oder pathologische kardiale Biomarker
  • metabolische Azidose
  • sehr hohe CO-Hb-Werte (Blutgasanalyse-Wert bei Expositionsende)

äußern. In der Leitlinie wird daher darauf hingewiesen, dass eine Kohlenmonoxid-Vergiftung bei den entsprechenden Symptomen in Betracht gezogen werden soll. Für eine genaue Diagnose kann eine Blutgasanalyse durchgeführt werden, um die CO-Hb-Werte zu bestimmen. Hierfür kann venöses, arterielles oder kapillares Blut verwendet werden. Zur Orientierung kann zuvor durch den Rettungsdienst auch das nichtinvasive 8-Wellen-Pulsoximeter verwendet werden. CO-Hb-Werte von mindestens 3 bis 4% werden als nicht normal eingestuft. Bei Rauchern können Symptome auch erst bei über 10% CO-Hb auftreten. Ob eine akute oder chronische Vergiftung vorliegt, kann nicht mit Gewissheit gesagt werden. In jedem Fall sollte sofort eine 100%ige Sauerstoffatmung oder -beatmung eingeleitet werden, um das Kohlenmonoxid schnellstmöglich aus dem Körper zu eliminieren. Die Prognose bei der Vergiftung ist von der Expositionszeit und der Kohlenmonoxid-Konzentration abhängig. Oft kommt auch die Mehrfachexposition mit weiteren ­Gasen dazu. Spätsymptome können verzögert einsetzende neurologische Defizite oder kardiale Schädigungen sein. Diese treten meist innerhalb des ersten Monats nach Vergiftung auf. Eine kognitive und kardiologische Nachuntersuchung ist daher sinnvoll. |

Literatur
Diagnostik und Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung. S2k-Leitlinie der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI e. V.). AWMF-Registernummer: 040-012, Stand November 2021

Laura Kneller, MSc Toxikologie

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