Steuer

Die Apotheke steuerfrei übergeben

Was Sie bei einer Nachfolge innerhalb der Familie beachten sollten

Die eigene Apotheke nicht verkaufen zu müssen, sondern vererben zu können oder sie innerhalb der Familie zu übergeben, ist eine wunderbare Sache. Doch die eigenen Kinder nicht nur mit der Verantwortung für das eigene Lebenswerk, sondern auch mit Steuern zu belasten, wollen viele Eigentümer vermeiden. Ob und wie das möglich ist, erklärt Steuerberaterin Doreen Rieck von der Treuhand Hannover.

Um den Fortbestand von Unternehmen zu fördern, wird die Übertragung von Betrieben seit jeher bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer begünstigt. So können Unternehmen mit einem Wert von bis zu 1 Million Euro komplett steuerfrei verschenkt oder vererbt werden. Bei Betrieben mit höheren Werten sind nur ca. 15 Prozent des Wertes steuerpflichtig und auch dies kann durch ein Wahlrecht zur vollständigen Freistellung noch umgangen werden. Um die Begünstigungen zu erhalten, müssen allerdings einige Voraussetzungen eingehalten werden.

Was fällt unter das begünstigte Betriebsvermögen?

Begünstigt ist nur das Betriebsvermögen, welches für die Führung des Betriebes notwendig ist. Nicht begünstigt ist dagegen Verwaltungsvermögen, wozu beispielsweise an Dritte vermietete Immobilien, bestimmte Beteiligungen an Kapitalgesellschaften oder bestimmte Grenzen überschreitende Finanzmittel (Bankguthaben, Forderungen und so weiter) gehören. Übersteigt das Verwaltungsvermögen 90 Prozent des Betriebswertes, ist der Betrieb insgesamt nicht begünstigt.

Zwei Möglichkeiten der Begünstigung

Für die Begünstigung des Betriebsvermögens stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Zum einen kann die Regelverschonung in Anspruch genommen werden. Dabei werden 85 Prozent des Betriebsvermögens steuerfrei gestellt. Für die restlichen 15 Prozent wird noch ein Abzugsbetrag von 150.000 Euro gewährt. Der Abzugsbetrag verringert sich jedoch, soweit die 15 Prozent den Betrag von 150.000 Euro über­steigen, um die Hälfte des übersteigenden Betrages.

Zum besseren Verständnis ein Beispiel: A vererbt eine Apotheke mit einem Wert von 600.000 Euro. Von diesem Wert werden 85 Prozent, also 510.000 Euro steuerfrei gestellt. Für die restlichen 15 Prozent, also 90.000 Euro, wird der Abzugsbetrag gewährt, sodass kein steuerpflichtiger Wert mehr verbleibt.

Es gibt allerdings auch Fälle, bei denen es bei einem steuerpflichtigen Erwerb bleibt: A vererbt eine Apotheke mit einem Wert von 1.500.000 Euro. Von diesem Wert werden 85 Prozent, also 1.275.000 Euro steuerfrei gestellt. Für die restlichen 15 Prozent, also 225.000 Euro, kommt der Abzugsbetrag von 150.000 Euro in Betracht. Der Abzugsbetrag verringert sich jedoch um 37.500 Euro (225.000 Euro – 150.000 Euro = 75.000 Euro geteilt durch 2 = 37.500 Euro). Von den 225.000 Euro wird daher nur noch ein Abzugsbetrag von 112.500 Euro abgezogen, sodass es bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 112.500 Euro verbleibt.

Statt die Regelverschonung in Anspruch zu nehmen, kann zum anderen aber auch die vollständige Verschonung gewählt werden. Hierbei werden 100 Prozent des Wertes des Betriebes steuerfrei gestellt.

Voraussetzungen für den Erhalt der Begünstigungen

Um eine Begünstigung zu erhalten, müssen drei Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehören die Behaltensfrist, die Lohnsummenregelung sowie die Entnahmeregelung. Ein Überblick, was darunter zu verstehen ist:

Behaltensfrist: Damit die Begünstigungen gewährt werden, muss der Betrieb fortgeführt werden – bei der Regelverschonung über einen Zeitraum von fünf Jahren und bei der vollständigen Verschonung über einen Zeitraum von sieben Jahren. Wird der Betrieb innerhalb dieses Zeitraums verkauft oder aufgegeben, entfällt die Begünstigung rückwirkend, gegebenenfalls anteilig.

Lohnsummenregelung: Die im übertragenen Unternehmen ins­gesamt in den letzten fünf Jahren durchschnittlich gezahlte Lohnsumme (Ausgangslohnsumme) darf innerhalb der Behaltensfrist die in der Tabelle 1 angegebenen Prozente der Ausgangslohnsumme, die von der Anzahl der Beschäftigten im Zeitpunkt des Erbfalls/der Schenkung abhängig sind, nicht unterschreiten.

Tab. 1: Prozente der Ausgangslohnsumme, abhängig von der Anzahl der Beschäftigten
Bei 1 bis 5 Mitarbeitern
Bei 6 bis 10 Mitarbeitern
Bei 11 bis 15 Mitarbeitern
Ab 16 Mitarbeitern
Regelverschonung
keine Lohnsumme
mindestens 250%
mindestens 300%
mindestens 400%
vollständige Verschonung
keine Lohnsumme
mindestens 500%
mindestens 565%
mindestens 700%

Wird die geforderte Lohnsumme nicht erreicht, entfällt die gewährte Steuerbegünstigung nicht vollständig, sondern nur in dem Verhältnis, in dem die erforderliche Quote unterschritten wird.

Beispiel:

Die Ausgangslohnsumme beträgt 540.000 Euro. Es werden 16 Mit­arbeiter beschäftigt.

Als Lohnsumme müssen daher bei Inanspruchnahme der Regelverschonung nach fünf Jahren 400 Prozent, entsprechend 2.160.000 Euro, erreicht werden. Es werden folgende Löhne gezahlt:

  • Jahr 1: 540.000 Euro
  • Jahr 2: 560.000 Euro
  • Jahr 3: 500.000 Euro
  • Jahr 4: 510.000 Euro
  • Jahr 5: 480.000 Euro
  • Gesamt: 2.590.000 Euro

Die Mindestlohnsumme ist erreicht.

Abwandlung: Nach der Über­nahme des Betriebes wurden mehrere Mitarbeiter entlassen.

  • Jahr 1: 540.000 Euro
  • Jahr 2: 360.000 Euro
  • Jahr 3: 370.000 Euro
  • Jahr 4: 380.000 Euro
  • Jahr 5: 390.000 Euro
  • Gesamt: 2.040.000 Euro

Die Mindestlohnsumme wird um 120.000 Euro unterschritten. Das sind 5,56 Prozent der Ausgangslohnsumme. In dieser Höhe entfällt die Vergünstigung.

Entnahmeregelung: Die Entnahmen innerhalb der Behaltensfrist dürfen die Gewinne und Einlagen nicht um mehr als 150.000 Euro überschreiten. Sind die Entnahmen höher, erfolgt eine anteilige Kürzung der Steuerbefreiung.

Welcher Wert wird angesetzt?

Wie den vorherigen Absätzen entnommen werden konnte, ist die Ermittlung des Betriebswertes ein wichtiger Faktor, wenn ein Betrieb verschenkt oder vererbt wird. Hinsichtlich der Wertermittlung gibt es zwei Möglichkeiten. Einerseits kann der Wert mittels eines Sachverständigen-Gutachtens nachgewiesen werden. Für die Erstellung eines solchen steht Ihnen die betriebswirtschaftliche Abteilung der Treuhand Hannover GmbH Steuerberatungsgesellschaft gern zur Verfügung.

Wird dem Finanzamt, andererseits, kein Gutachten vorgelegt, ermittelt sich der Wert anhand eines im Bewertungsgesetz geregelten vereinfachten Ertragswertverfahrens. Dieses Verfahren ist sehr pauschal und wird für alle Arten von Betrieben angewendet. Auf der Grundlage des durchschnittlichen Gewinns der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt wird unter Anwendung eines Kapitalisierungsfaktors von 13,75 ein Unternehmenswert ermittelt.

Für Apotheken ist der mit diesem Verfahren ermittelte Wert regel­mäßig zu hoch. Eine nachteilige Auswirkung ergibt sich aufgrund der steuerlichen Begünstigungen nicht immer sofort. Jedoch kann es gerade in Fällen, in denen zum Beispiel die Behaltensfrist nicht eingehalten wird, aufgrund des hohen Wertes zu Steuernachzahlungen kommen. Es gilt daher abzuwägen, ob die Erstellung eines Gutachtens über den Wert der Apotheke im Einzelfall sinnvoll ist.

Experten-Fazit

Aufgrund von Begünstigungen im Erbschaftsteuergesetz kann eine Apotheke oftmals übergeben oder vererbt werden, ohne dass Schenkung- oder Erbschaftsteuer entsteht. Voraussetzung ist jedoch unter anderem die Fortführung des Unternehmens und die Einhaltung der Lohnsummenklausel. Bezüglich des Wertes der Apotheke ist gegebenenfalls die Erstellung eines Gutachtens sinnvoll, um den Ansatz eines zu hohen Wertes durch das Finanzamt zu vermeiden. |

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