Wirtschaft

Britische Apotheken am Limit

Immer mehr Aufgaben – doch an Geld und Anerkennung mangelt es

jb | Bei mehreren Berufsgruppen im britischen Gesundheitswesen stehen die Zeichen auf Streik. Einspringen sollen nach Vorstellung der Regierung die Apotheken. Doch die winken ab. Noch mehr unbezahlte Aufgaben könnten sie nicht stemmen. Die Situation dürfte deutschen Apotheken bekannt vorkommen.

Der britische National Health Servi­ce (NHS) hat zu kämpfen. Das von Steuermitteln getragene System gilt als marode, wenig leistungs­fähig und chronisch unterfinanziert. Nun steht es Medienberichten zufolge kurz vor dem Kollaps. Denn ähnlich wie hierzulande kehren zunehmend überlastete Mitarbeiter, vor allem in der Pflege, dem System den Rücken. Bei den Verbleibenden stehen die Zeichen nun auf Streik, es geht u. a. um höhere Löhne. An zwei Tagen im Dezember will das Pflegepersonal die Arbeit niederlegen und auch andere Berufsgruppen wie die Nachwuchs-Ärzteschaft, die Physiotherapeuten und die Rettungs­dienste denken über Streik nach oder haben schon konkrete Pläne.

Apotheken als Retter?

In die Bresche springen sollen die Apotheken. Es gibt Pläne seitens der Regierung, dass sie darin geschult werden könnten, eigenmächtig Antibiotika abzugeben und kleinere Beschwerden zu diagnostizieren. So soll die Nachfrage nach Arztbesuchen reduziert werden. Doch abgesehen davon, dass sich das so schnell nicht organisieren ließe, scheint die Situation der Apotheker in Groß­britannien nicht besser zu sein als die der Beschäftigten im NHS. Sie seien erschöpft, überarbeitet und kämen mit Mühe über die Runden, ist in einem Beitrag im Magazin „The Pharmacist“ zu lesen.

Apotheken seien nicht in der Lage, während der Streiks das System zu entlasten, erklärt dort der Vorsitzende des Nationalen Apo­thekerverbandes, Andrew Lane. Er schließt sich Warnungen von Standesvertretern an, die bereits darauf hinwiesen, dass die öffent­lichen Apotheken überlastet seien und ohne zusätzliche Mittel keine weiteren Dienstleistungen anbieten könnten. Andere Apothekenfunk­tionäre äußern sich ähnlich. Leyla Hannbeck, Geschäftsführerin der Association of Independent Multiple Pharmacies, bezeichnet die Situa­tion als „inakzeptabel“. „Wir können nichts tun, und wir werden auch nichts tun können, wenn wir nicht mehr Geld bekommen“, sagt sie. Es gehe nicht mehr, dass die Apotheken immer mehr für immer weniger Geld tun, ohne dafür eine Anerkennung zu erhalten.

Grundsätzlich wären Apotheken dem Bericht zufolge schon geeignet, den NHS zu entlasten, aber eben nicht in der aktuellen Situa­tion. Schon oft hätten Apothekenteams gezeigt, dass sie in der Lage und willens seien, mit ihrem niedrigschwelligen Angebot in der Krise einzuspringen, heißt es. Doch diesen Winter steuerten sie selbst auf eine Krise zu, da jahrelange Unterfinanzierung, Effizienzzwang und Personalprobleme ihren Tribut forderten. |

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