Management

Von Charmeoffensive bis Sabotage

Wie Sie sich vor manipulativen Persönlichkeiten schützen können

Wenn wir uns gegen unseren Willen in einer misslichen Lage befinden, sind wir vielleicht einem Manipulator auf den Leim gegangen. Persönlichkeiten, die manipulieren, benutzen andere Menschen zu ihrem eigenen Vorteil und lassen sich ungern in die Karten gucken. Dem zu trotzen kann nervenaufreibend sein, es gibt jedoch einige gute Vorgehensweisen, die sich unabhängig von Hierarchie und Status anwenden lassen.

Jeder hat diese Szene schon einmal erlebt oder davon gehört: Ein Kind wirft sich heulend und schreiend im Geschäft auf den Boden und trommelt mit den Fäusten auf dem Linoleum herum. Manipulation ist kein Privileg von Erwachsenen, es ist eine Kulturtechnik, bei der wir bestimmte Verhaltensweisen an den Tag legen, mit denen wir erfolgreich bekommen, was wir uns wünschen. Das Ziel ist es, unsere bewussten und unbewussten Bedürfnisse zu befriedigen. Jeder von uns beeinflusst also ein klein wenig – oder etwas mehr – seine Umwelt. Ethisch verwerflich wird Manipulation, sobald jemand anders Schaden nimmt oder dazu angestiftet wird, gegen seine Überzeugungen zu handeln.

Foto: Prazis Images/AdobeStock

Befinden Sie sich in den Fängen eines Manipulators? Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Techniken manipulative Personen einsetzen und was Sie dem entgegensetzen können, um Ihre eigene Strahlkraft nicht zu verlieren.

Manipulative Techniken – ein Überblick

Manipulative Personen sondieren ihre Umgebung. Sie wissen genau, wen sie beeinflussen können, wer leicht aus dem Konzept zu bringen ist und wer nicht. Mühelos können sie die Schwachstellen anderer Personen einschätzen und wissen, auf welche Art sie diese in ihren Bann ziehen. Das Vorgehen eines Manipulators folgt meist einem strukturierten Ablauf. Der Manipulator baut Nähe und Vertrauen zu seinem „Opfer“ auf. Dann spickt er die Gespräche mit immer mehr Spitzen, Abwertungen und kritischen Kommentaren, um das Gegenüber zu verunsichern und zu isolieren. Gewiefte Manipula­toren schaffen es, dass dem Be­troffenen das Vertrauen von der Führungskraft und den Kollegen entzogen wird, sodass ihm Unterstützung und Hilfe meist verwehrt bleiben. Der erste Schritt, um sich gegen manipulatives Verhalten wehren zu können, ist daher, dieses treffsicher zu erkennen.

Die Ankertechnik: Zu Beginn erhält der Gesprächspartner eine Information vom Manipulator, die als Bezugsgröße das nachfolgende Gespräch bestimmt. In einer Gehaltsverhandlung könnte so ein Ankersatz wie folgt lauten: „In unserer Apotheke sind Gehälter nach Tarifvertrag üblich.“ Was sich erstmal positiv anhört, macht es z. B. für eine junge, unsichere PTA schwieriger, nach einem übertariflichen Gehalt zu fragen. Gut über marktübliche Gehälter informiert zu sein und zu wissen, was man selbst an Kompetenzen mitbringt, hilft bei der weiteren Verhandlung.

Die Tränen: Wenn eine gestan­dene Frau oder ein gestandener Mann in Tränen ausbricht, ist das in den meisten Fällen mit starken Emotionen verbunden und eine sehr unangenehme Situation für alle Beteiligten. Ein Beispiel für so eine Situation wäre eine un­erwartete Kündigung. Die Tränen können echt oder eine manipula­tive Masche sein. Wer allerdings aus Mitleid nachgibt, verkompliziert die Lage meistens nur, sofern die grundsätzliche Entscheidung bereits getroffen ist.

Die Charmeoffensive: Eine Kol­legin bittet Sie ganz höflich um Hilfe, sie lächelt schüchtern und legt den Kopf ein wenig schief. Wer könnte da schon „Nein“ sagen. An kollegialer Hilfe ist nichts auszusetzen, aber eine charmante Art, das „Schöne-Augen-Machen“, genauso wie überzogenes Lob, plötzliche Geschenke und Beschwich­tigungen können manipulative Maschen sein. Sätze wie: „Wenn das jemand schaffen kann, dann Sie“ oder „Sie sind doch die Säule des Unternehmens“ sollten einen aufhorchen lassen, wenn es darum geht, noch mehr Arbeit zu übernehmen. Falls Ihnen ein Manipulator einmal einen Gefallen tut, macht er das nicht ohne Grund. Er wird eine üppige Gegenleistung für sein Entgegenkommen erwarten, also Vorsicht. Gerne unterschreiten charmante Manipula­toren die übliche körperliche Distanz, legen eine Hand auf die Schulter oder auf den Unterarm, um ihre „Zugewandtheit“ zu unterstreichen. Sich dem zu entziehen, gibt ein klares körpersprachliches Signal, dass diese Tricks nicht funktionieren.

Unter Druck setzen: Einige manipulative Persönlichkeiten arbeiten mit Druck und treiben den Gesprächspartner emotional oder körperlich in die Enge. Sich viel Platz zu nehmen und sich z. B. auf den Schreibtisch des anderen zu setzen, wird ergänzt durch despektierliche Äußerungen. „Ich glaube kaum, dass Sie woanders so einen guten Job finden wie diesen, wenn Sie überhaupt irgendeinen finden“ oder „Das Bisschen, was Sie da tun, ist doch nicht der Rede wert“.

Sabotage: Das Verstecken von Alltagsgegenständen und Arbeitsmaterialien ist eine Möglichkeit, den Geschädigten zu nerven oder sogar das Selbstbewusstsein an­zukratzen.

Intrigen schmieden: Es gibt Mitmenschen, die sehr genau kalkulieren, wem sie was erzählen und wo sie Informationen zu ihren Gunsten fälschen. Ein mögliches Vorgehen für sie wäre: Das Selbstwertgefühl einer ungewünschten Kollegin ankratzen, indem ihr „ganz im Vertrauen“ berichtet wird, wie wenig der Chef und die Kollegen von ihr halten. Oder den Chef hinter dem Rücken der Kollegin ausschweifend über deren Fehler zu informieren. Ein wenig Stress und Eigendynamik kommen dazu und schon bald hat sich das Problem von selbst erledigt, wenn die Kollegin kündigt. Intrigen sind schwer zu durchschauen, wenn sie gut gemacht sind. Es muss nicht immer ein gezielter Akt sein. Dass mit unterschied­lichen Versionen einer Geschichte Kollegen gegeneinander ausgespielt werden, kommt häufiger vor.

Innere Klarheit hilft gegen Manipulation von außen

Sich klar darüber zu werden, was man selbst möchte, hilft dabei, sich nicht manipulieren zu lassen. Wer die Leitfragen beant­worten kann: „Was will ich? Was kann ich? Was ist üblich (z. B. bei Verhandlungen markt­üblich)?“, wappnet sich ganz passabel gegen die Beeinflussung von außen. Zielführend sind auch die nachfolgend geschilderten Verhaltensweisen.

Schnell an die Öffentlichkeit gehen: Einen Manipulator zu entlarven, ist meist gar nicht so einfach. Am wichtigsten ist es, sich bei einer Manipulation frühzeitig an die Führungskraft zu wenden oder eine Vertrauensperson anzusprechen. Sonst steht im Zweifelsfall die Aussage des Manipulators gegen die Aussage des Geschädigten. Mit der schnellen Bitte um Hilfe wird der vom Manipulator geplanten Isolation vorgebeugt, und häufig geben sich in diesem Zusammenhang andere Betroffene zu erkennen. Wer das Verhalten zu lange ignoriert, gibt dem Manipulator Zeit, mehr Unheil zu stiften.

Gesunde Distanz: Wenn jemand Ihnen vorgaukelt, wie wichtig Sie sind, oder Sie privilegiert behandelt, aber Sie auf der anderen Seite bei Kollegen schlechtmacht oder Sie drängt, gegen Ihren Willen zu handeln, dann ist Misstrauen angesagt. Lassen Sie sich nicht blenden und distanzieren Sie sich frühzeitig.

Mut zur Konfrontation: Viele Manipulationsversuche machen sich soziale Konventionen oder den Wunsch von jemandem, zu einer Gruppe zu gehören, zunutze. Es ist an Kommentaren zu erkennen wie: „Hier machen das alle so“ oder „Sie sind doch sozial sehr engagiert und deswegen genau der Richtige für diese Aufgabe“. Dabei sind viele Aufgaben nicht so dringend, wie es dargestellt wird. Wenn Sie sich unsicher sind, bitten Sie sich Bedenkzeit aus. Dann haben Sie Zeit, sich Argumente zu überlegen, warum Sie die zusätzliche Aufgabe nicht übernehmen können, und lassen sich nicht überrumpeln.

In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, Manipulationen direkt, zur Not auch öffentlich anzusprechen oder darauf hinzuweisen, dass irgendetwas nicht stimmt. Das entspricht zwar nicht der feinen englischen Art, aber der Manipulator weiß so, dass er durchschaut wurde, egal ob es sich um Schmeicheleien oder Fehlinformationen handelt. Eine mögliche Anmerkung könnte sein: „Sie schmeicheln mir. Verfolgen Sie damit ein bestimmtes Ziel?“ Eingreifen wird möglich und derjenige, der manipuliert werden sollte, bekommt die Kontrolle zurück. Die Grenze ist klar gesetzt.

Übermittler und Geheimnis­krämer: Lassen Sie sich nicht vor den Karren spannen. Lehnen Sie jedes Verhalten ab, was Sie ethisch nicht vertreten können, damit hinterhältiges Verhalten nicht zur Normalität wird. Seien Sie aufrichtig und geradeheraus und fördern Sie dieses Verhalten als Führungskraft bei Ihren Mitarbeitern. Wenn Ihnen „Insiderinformationen“ anvertraut werden, Sie über Besonderheiten in Kenntnis gesetzt werden oder Botschaften weiterleiten sollen, helfen Rückfragen wie etwa: „Warum erzählen Sie mir das?“

Manipulation im Team

Jeder hat eine schwache Stelle. Auf welche Manipulationstechnik fallen Sie immer wieder herein? Sind es große Krokodilstränen oder wenn Sie unter Druck gesetzt werden? Wenn ein Kunde Sie das nächste Mal strammstehen lässt und laut wird, denken Sie kurz darüber nach, ob er verständlicherweise wütend ist oder ob er eine Show abzieht, um zu bekommen, was er möchte.

Wenn Sie als Führungskraft einen Manipulator im Team haben, geben Sie diesem klar zu verstehen, dass Sie dieses Verhalten nicht tolerieren. Damit tun Sie einen guten Dienst für das Betriebsklima.

Was Sie bei all den Gedanken über Manipulation allerdings nicht vergessen dürfen: Manchmal ist ein Lob einfach nur ein Lob und eine nette Geste eine nette Geste. Erhöhte Aufmerk­samkeit sollten Sie sich für die Momente vorbehalten, wenn sich die Verdachtsfälle häufen. |

Anja Keck ist Fachapothekerin, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin, www.anjakeck.de

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