Wirtschaft

Wann die Apotheke das Licht ausknipsen muss

Neue Verordnung regelt kurzfristige Maßnahmen zum Energiesparen in Gebäuden – auch Apotheken sind adressiert

Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Russland reduziert seine Gas­importmengen mehr und mehr – die Bundesregierung rechnet nicht damit, dass sich die Situation bald verbessert. Es gilt also, Energie zu sparen. Auch Betriebe wie Apotheken sind dazu auf­gerufen – unter anderem durch eine seit 1. September geltende Verordnung aus dem Bundeswirtschaftsministerium.

Die Bundesregierung hat in den vergangenen Wochen schon die Frühwarn- und Alarmstufe sowie den Notfallplan Gas ausgerufen. Doch nun will sie auch konkrete Energiesparmaßnahmen umsetzen – kurzfristig und auf ein halbes Jahr limitiert. Geregelt werden diese in der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSikuMaV), die am vergangenen Donnerstag in Kraft getreten ist und bis Ende Februar 2023 gelten wird. „Bei der Energieeinsparung handelt es sich um eine Gemeinschaftsaufgabe von Politik, Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern. Jede eingesparte Kilowattstunde hilft ein Stück weit aus der Ab­hängigkeit von russischen Gas­lieferungen heraus“, heißt es zur Erklärung in der Verordnung.

Auch die Apotheken sind von den Vorsorgemaßnahmen zur Vermeidung von unnötigem Energieverbrauch sowie einer Mangelsituation betroffen. Die Verordnung sieht zum Teil Ausnahmen vor – allerdings nicht für Apotheken.

Welche Maßnahmen treffen die Apothekenbetriebe?

Außenbeleuchtung und Werbeanlagen: Untersagt wird unter anderem die Beleuchtung von Gebäuden von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung. Ist die Beleuchtung erforderlich, um die Verkehrssicherheit zu erhalten oder andere Gefahren abzuwehren, und kann sie nicht kurzfristig durch andere Maß­nahmen ersetzt werden, ist sie also weiterhin zulässig. Allerdings: Die Regelung fällt in einen Abschnitt, in dem es um „öffent­liche Nichtwohngebäude“ geht – privatwirtschaftliche Gebäude wie Apotheken sind hiervon nicht erfasst. Sie dürfen demnach ihre Außenbeleuchtung anlassen – solange es sich nicht um eine Werbeanlage handelt.

Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen ist nämlich von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages untersagt. Auch hier gilt eine Ausnahme, wenn die Beleuchtung zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden kann.

Apotheken-A als Werbeanlage

Trifft dieses Verbot auch das leuchtende Apotheken-A? Handelt es sich dabei um eine Werbeanlage im Sinne der Verordnung? In den Bauverordnungen der Länder findet sich zumeist die Definition, dass Werbeanlagen alle ortsfesten Einrichtungen sind, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind. Dies umfasst neben Schildern auch Schaukästen. Und nach der Rechtsprechung und dem Prinzip der Rechtseinheit sind damit auch Schaufenster der Apotheken sowie das Apotheken-A gemeint. Das heißt: Hier ist das Licht in der fraglichen Zeit abzudrehen.

Foto: Bihlmayerfotografie/AdobeStock

Eine Ausnahme besteht, wenn die Apotheke dienstbereit ist. Hier greift die „Abwehr einer anderen Gefahr“: Die Dienstbereitschaft der Apotheken dient einer Arzneimittelversorgung rund um die Uhr und dadurch der Gewährleistung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung, insbesondere in akuten Bedarfssituationen. Den betroffenen Kunden muss es möglich sein, die dienstbereite Apo­theke einfach anhand der Beleuchtung ausfindig zu machen, um sie aufsuchen zu können. Eine Werbe­anlage, die zu diesem Zweck beleuchtet wird, dient dem Schutz der Allgemeinheit und der flächendeckenden Arzneimittel­versorgung.

Für Apotheken, die auf der Basis freiwilliger Öffnung dienstbereit sind, gehört die eingeschaltete Beleuchtung ebenfalls zur Sicherheitsbeleuchtung für das Personal und die Kunden.

Keine dauerhaft geöffneten Türen

Ladentüren: Die Verordnung regelt überdies, dass Ladentüren von beheizten Geschäftsräumen geschlossen gehalten werden müssen. Dauerhaft geöffnete Laden­türen, bei denen der Austritt von Wärme zu befürchten ist, sind also nicht zulässig. Nach den Vorgaben der Apothekenbetriebs­ordnung (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1b) sind die Apothekenbetriebsräume durch Wände oder Türen von öffentlichen Verkehrsflächen und Ladenstraßen abzutrennen. Die Rechtsprechung ging bislang meist davon aus, dass Apotheken deshalb ohnehin verpflichtet sind, ihre Türen geschlossen zu halten. Ob dies noch zeitgemäß ist, wird infrage gestellt. Für die nächsten sechs Monate steht aber fest: Die Pflicht, die Türen geschlossen zu halten, wenn sie nicht gerade als Ein- und Ausgang genutzt werden, ist jetzt auf den gesamten Handel gestreckt.

Raumtemperatur in Arbeits­räumen: Der Verordnungsgeber sieht für Arbeitsstätten zudem die Möglichkeit vor, die Mindest­raumtemperatur zu senken. Die Mindestraumtemperatur darf bei 19 Grad Celsius liegen, wenn leichte und überwiegend sitzende Tätigkeiten ausgeübt werden. Bei körperlich leichter und überwiegender Tätigkeit im Stehen oder Gehen kann sie auf 18 Grad Celsius gesenkt werden.

Die Arbeitsstätten im gewerblichen Bereich sollen sich damit dem Vorbild der öffentlichen Hand anschließen – dort werden die genannten Mindesttemperaturen allerdings als Höchsttemperaturen festgelegt. Privaten Betrieben wird lediglich ermöglicht, unter Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Konformität die Raumtemperatur auf die genannten Celsiusgrade zu beschränken. Dies bildet die Grundlage für Selbstverpflichtungen von Betrieben und betrieblichen Vereinbarungen zur Energieeinsparung.

Für Apotheken bedeutet dies, dass eine Raumtemperatur von 18 Grad Celsius in den Betriebsräumen gewährleistet werden muss. Eine Einschränkung hinsichtlich der Höchsttemperatur existiert für sie jedoch nicht. Die Klimaanlage darf also laufen.

Was droht bei Zuwiderhandlungen?

Die Verordnung enthält keine Regelungen über Folgen von Verstößen. Insbesondere verzichtet sie auf Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände. Auch eine markt­regelnde Tendenz lässt sich in den Vorschriften nicht erkennen. Eine solche wäre für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Voraussetzung für Abmahnungen durch Wettbewerber oder Abmahnvereine. Zweck der Verordnung ist die Verbrauchsbeschränkung zur Vorbeugung einer Gasmangellage und zur Ressourcensicherung – und nicht der Schutz des Wettbewerbs. Letztlich ist dennoch anzuraten, die Vorgaben zu beachten, um Ressourcen zu sparen und auch dem Fall vorzubeugen, dass Gerichte in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten möglicherweise eine andere Rechtsauffassung haben.

Weitere Maßnahmen der Regierung

Zum 1. Oktober 2022 wird überdies die „Verordnung über mittelfristig wirksame Effizienz- und Energiesparmaßnahmen“ (EnSimiMaV) mit einer Geltungsdauer von zwei Jahren in Kraft treten. Beide Verordnungen bilden nun, neben der Befüllung der Gasspeicher und der Senkung des Erdgasverbrauchs in der Stromerzeugung, die dritte Säule des Energiesicherungspakets. |

Dr. Bettina Mecking, Justiziarin und 
stellvertretende Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein; 
Kirsten Sucker-Sket

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