Wirtschaft

Inflationsausgleich oder Leistungskürzungen

Siemsen: Honorierung reicht nicht mehr für alle Aufgaben der Apotheken

tmb | Viele Standespolitiker kritisieren die jüngsten Sparpläne von Bundesgesundheitsminister Lauterbach. Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, denkt dabei weiter. Wenn das Honorar nicht mehr für die viele Arbeit in den Apotheken reicht, sollte die Politik entscheiden, welche Leistungen der Apotheken künftig wegfallen sollen. Dies wäre die Alternative zu einer angemessenen Honorierung der Apotheken mit Inflationsausgleich.

Siemsen sieht durch die jüngsten Sparpläne von Bundesgesundheitsminister Lauterbach die „gute und geordnete Versorgung der Patienten durch die Apotheken“ bedroht. Das Honorar werde radikal um etwa 140 Millionen Euro gekürzt, aber „die Zitrone namens Apotheke ist ausgepresst“, erklärt Siemsen. Die von Lauterbach erwähnten Effizienzreserven hätten die Apotheken schon in den letzten 15 Jahren gehoben. Die flächendeckende Versorgung durch die über 18.000 Apotheken beanspruche nur 19 Promille der Gesamtkosten im Gesundheitswesen, rechnet Siemsen vor und verweist zum Vergleich auf die knapp 100 gesetzlichen Krankenkassen, die für ihre Verwaltung über vier Prozent der Mittel verbrauchen würden.

Foto: AZ/tmb

Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen sieht die Versorgung der Patienten bedroht.

„Todesstoß für zahlreiche weitere Apotheken“

Siemsen erwartet, dass die geplanten Maßnahmen das Ende für weitere Apotheken bedeuten werden: „Dieser Radikaleingriff wird der Todesstoß für zahlreiche weitere Apotheken sein, die allein durch den fehlenden Inflationsausgleich der letzten 20 Jahre zu Tausenden schon in den letzten Jahren aus wirtschaftlichen Gründen schließen mussten.“ Damit würden die Leistungen der Apothekerschaft mit Füßen getreten, erklärt Siemsen. Seine düstere Einschätzung beruht vor allem auf der Gesamtproblematik der Apothekenhonorierung. Denn der Gesetzgeber und die Krankenkassen hätten den Apotheken in den letzten Jahren zahlreiche neue Aufgaben aufgeladen. Hinzu kämen die „derzeit riesigen Inflationsraten“. Dann reiche das gesetzlich festgesetzte Honorar auf der Grundlage von 2002 nicht mehr aus, um alle Aufgaben der Apotheken zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund hatte die Kammerversammlung der Apothekerkammer Hamburg erst am 20. Juni – also vor Bekanntwerden der jüngsten Sparpläne – einen Antrag für den Deutschen Apothekertag verabschiedet, den Festzuschlag auf Rx-Arzneimittel gemäß der Inflation seit Einführung dieser Honorierungsform zu erhöhen (siehe AZ 2022, Nr. 26, S. 4).

Weniger Notdienst und Öffnungszeiten wie Arztpraxen?

Als weiteren Belastungsfaktor nennt Siemsen den „eklatanten Fachkräftemangel“, dem die Apotheken auch wegen fehlender Ertragskraft nicht finanziell entgegenwirken könnten. Siemsen folgert: „20 Jahre Verweigerung der Bundesminister für Gesundheit und Wirtschaft, das gesetz­liche Honorar der Apotheken den gestiegenen Kosten anzupassen, zeigen seit geraumer Zeit Wirkung.“ Daraus zieht Siemsen die logische Konsequenz, dass die Honorierung nicht mehr für alle Aufgaben reicht. Diesen Gedanken führt Siemsen weiter und fordert die Politik auf zu entscheiden, welche Leistungen oder Aufgaben der Apotheken wegfallen sollen. „Soll der Notdienst ausgedünnt oder abgeschafft werden? Sollen die unendlichen Dokumentationspflichten für Rezepturen, Hygiene, Betäubungsmittel, Sonderarzneimittel oder Importe wegfallen? Sind individuell hergestellte Rezepturen noch zu leisten? Oder sollen die Öffnungszeiten auf Praxisniveau reduziert werden?“, fragt Siemsen und ergänzt, die Apotheken würden zahlreiche wichtige Leistungen einschränken müssen, um ihre Türen nicht für immer abschließen zu müssen. |

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