Gesundheitspolitik

Der Referenzvalidator als Schiedsrichter

Das neue Tool zum E-Rezept war ein großes Anliegen des DAV – doch was genau macht er?

cm | Mit dem sogenannten Referenzvalidator gibt es bald ein neues Tool, das bei E-Rezepten überprüfen soll, ob der erzeugte Datensatz korrekt ist. Doch was macht dieser Validator genau? Und wie kann die Apotheke ihn nutzen? Darüber sprach die AZ mit Hannes Neumann, Produktmanager für das E-Rezept bei der Gematik.
Foto: Gematik

Hannes Neumann Der Referenzvalidator ist vor allem wichtig auf der Entwicklungsebene.

Schritt für Schritt schleicht sich das E-Rezept in die Versorgung ein. Inzwischen sind bereits mehr als 17.400 elektronische Verordnungen ausgestellt und beliefert worden (Stand: 18. Mai 2022). In den vergangenen Tagen sorgte allerdings eine Meldung für Aufsehen, wonach man in Berlin aktuell an einem sogenannten Referenzvalidator arbeitet, der dafür sorgen soll, dass nur korrekt ausgestellte E-Rezepte in den Fachdienst ge­langen. Viele Kolleginnen und Kollegen sind irritiert – immerhin wurde es ihnen seit jeher als einer der großen Vorteile für die Apotheken verkauft, dass formale Fehler beim E-Rezept nicht mehr möglich sein sollen. Die AZ wollte es genau wissen und fragte nach bei Hannes Neumann, Produktmanager für das E-Rezept bei der Gematik: Wozu braucht man den Referenzvalidator konkret?

Abgleich von Datensätzen

Neumann beruhigt zunächst: Auch jetzt schon ist es nicht möglich, ein E-Rezept in den Fachdienst zu stellen, bei dem zum Beispiel die Signatur des Arztes oder die Dosieranweisung fehlt. „Dafür haben wir bereits die nötigen Prüfmechanismen im Fachdienst implementiert“, erläutert er im Gespräch mit der AZ.

Der Referenzvalidator hat eine andere Funktion. Er gleicht ab, ob der erstellte Datensatz mit den Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband zu den Verordnungsdaten sowie den Vorgaben des Deutschen Apothekerverbands (DAV) und des GKV-Spitzenverbands zu den Abgabedaten auf technischer Ebene übereinstimmt. „Grundsätzlich haben KBV, DAV und GKV definiert, wie solch ein Datensatz auszusehen hat“, sagt Neumann. Bei den einzelnen Software-Implementierungen könne es jedoch zu unterschiedlichen Interpretierungen und Umsetzungen der Vorgaben kommen, sodass sich die erzeugten Datensätze in Nuancen von­einander unterscheiden. „Der Referenzvalidator ist sowas wie ein Schiedsrichter, eine unabhängige Instanz, die entscheidet: Dieser Datensatz entspricht den Vorgaben oder eben nicht.“

Extra-Schutz

Die Funktion bietet den Apotheken also einen Extra-Schutz vor Retaxationen. Denn wenn der Referenzvalidator grünes Licht gibt, können die Krankenkassen den Datensatz technisch nicht so einfach beanstanden. Um sicherzustellen, dass alle Beteiligten mit dem Verfahren einverstanden sind, sollen GKV-Spitzenverband, DAV und KBV gemeinsam die Eckpunkte dafür festlegen. Ursprünglich hatte der DAV dieses Tool entwickelt, gibt nun die Zuständigkeit aber an die Gematik ab. Sie wird sich um die Weiterentwicklung und den Betrieb kümmern.

Wann und wie soll der Referenzvalidator genau zum Einsatz kommen? Ist er ein Instrument für den täglichen Gebrauch in den Apotheken? „Rein theoretisch kann man mit dem Referenzvalidator jedes Rezept individuell prüfen“, erklärt Neumann. „Viel wichtiger ist das Modul allerdings vor allem auf der Entwicklungsebene.“ Stellt sich heraus, dass es bei den Datensätzen, die das System eines Software-Herstellers erzeugt, Unstimmigkeiten gibt, kann dieser nachbessern, sodass künftig die Datensätze zu den Vorgaben passen.

Daher wird der Referenzvalidator zwingende Voraussetzung in den Testfällen für das Bestätigungs- und Zertifizierungsverfahren der Arztsysteme bei Gematik und KBV.

Wenige Berührungspunkte mit dem Apothekenalltag

Nach Neumanns Einschätzung wird die individuelle Apotheke mit dieser Funktion wenige bis keine direkten Berührungspunkte haben. Unmöglich sei das aber nicht, denn das Modul werde natürlich auch den Apotheken­software-Herstellern und Apo­thekenabrechnungszentren zur Verfügung gestellt, ebenso wie allen anderen Beteiligten an der Prozesskette. Sie können ent­scheiden, ob und wie sie es ihren Kunden ermöglichen wollen, den Referenzvalidator zu nutzen.

Noch ist der Referenzvalidator übrigens nicht einsatzbereit, wie DAV-Vorstandsmitglied Anke Rüdinger kürzlich im Interview mit dem ABDA-Newsroom sagte (s. AZ Nr. 20, 2022, S. 8). Sie erwartet, dass dies im November der Fall sein wird. Bis dahin fordert sie eine Regelung, die Apotheken vor Retaxationen aus rein technischen Gründen schützt. |

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