Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom: Ein schlimmer Finger

Von Sprichwörtern und Redensarten

Prof. Dr. Andreas Kaapke

Finger, Fingernägel und einzelne Fingertypen sind vielfach Anlass für Sprichwörter und Redensarten. Wenn jemand etwas ahnt oder etwas gut beherrscht, spricht man von „etwas im kleinen Finger haben“. Ins Gegenteil gerät es, wenn sich jemand etwas aus den Fingern saugt, also sich etwas ausdenkt, etwas ausschmückt oder einfach nur lügt. Mut und Entschlossenheit zeigt derjenige, der den Finger in die Wunde legt und damit auch weniger angenehme oder aber sehr entscheidende Dinge anspricht und beim Namen nennt. Nachsicht übt die Person, die bei fehlerhaftem oder unkorrektem Verhalten „durch die Finger sieht“, und wenn jemand etwas beeinflusst oder sich einmischt, hat er seine Finger (seine Hand) im Spiel. Es tut oft Not, dass man Dinge hinterfragt, kritisch prüft und im Auge behält, drum sagt man hier „jemandem auf die Finger sehen“. Und noch eines obendrauf setzt man, wenn man „mit Fingern auf eine Person zeigt“ und damit deren Verhalten bloßstellt, etwas anprangert oder aber auf diese Person explizit aufmerksam machen möchte.

Wenn man etwas wirklich haben will, sich danach verzehrt und vieles dafür täte, es zu bekommen, leckt man sich alle zehn Finger danach. Faulenzer und Tagdiebe sowie notorische Delegierer rühren keinen Finger oder, anders formuliert, machen für keinen anderen die Finger krumm.

Eine besondere Kunst ist es, wenn es gelingt, jemanden für sich einzunehmen, gar gefügig zu machen, ihn mit Freundlichkeiten, Charme und netten Worten zu bezirzen – also ihn um den kleinen Finger zu wickeln.

Wenn Vorfreude aufkommt, wenn man es nicht mehr abwarten kann, man den großen Drang verspürt, endlich etwas zu tun, juckt es einen sprichwörtlich in den Fingern.

Aber Finger haben auch nicht selten sehr negative Ausprägungen. Lange Finger macht der Langfinger, umschrieben wird damit der Ideenreichtum von Dieben. Und dem Grabscher wird nachgesagt, seine Finger nicht bei sich lassen zu können. Zwar gehörte einem nach altem Recht etwas, wenn man es in die Finger bekommt, aber gleichermaßen wird damit zum Ausdruck gebracht, dass man sich einer Sache ungerechtfertigterweise ermächtigt.

Bei all diesen Punkten kann sich der jeweils Betroffene schon mal die Finger verbrennen oder sich in den Finger (bisweilen auch ins eigene Fleisch) schneiden. Und wundern darf sich derjenige auch nicht, wenn er entsprechend zurechtgewiesen wird oder gar eine Strafandrohung erhält und demnach etwas auf die Finger bekommt.

Allesamt macht dies mehr als deutlich, dass das Fingerspitzengefühl im Umgang mit anderen Menschen eine wichtige Eigenschaft ist. Andere fassen etwas nur mit spitzen Fingern an, weil sie sich ekeln, ängstigen oder gar eine Phobie entwickelt haben. Man kann nun an allen oder an fünf bzw. zehn Fingern ablesen, was dies zu bedeuten hat – Finger spielen in deutschen Redensarten eine tatsächlich herausragende Rolle. Der Fingernagel oder nur Nagel ergänzt dies noch, denn dringliche Dinge werden z. B. umrissen mit „es brennt mir unter den Nägeln“. Auch bei den Nägeln gibt es die kritische Analyse, indem die Nagelprobe vollzogen wird, und wenn Geiz und Gier ins Spiel kommen, gönnt man dem anderen nicht das Schwarze unter den Nägeln. Schließlich sind es die ganz schlimmen Finger, die sich unberechtigterweise etwas unter den Nagel reißen, sich also etwas aneignen, was ihnen nicht gehört.

Einer der markantesten Finger ist der Daumen. Daumen hoch oder Daumen runter gilt als nonverbales Signal für Zustimmung oder Ablehnung, als Bewertung für die vorgestellte Sache. Und wenn man jemandem in einer schwierigen Sache Erfolg und gutes Gelingen wünscht und in Gedanken bei ihm ist, dann drückt man ganz fest die Daumen. Die einen sagen ungefähr, die anderen circa, wieder andere nennen es grob geschätzt und alle meinen damit auch Pi mal Daumen oder über den Daumen gepeilt. Und wenn man etwas nicht hergeben möchte, im eigenen Besitz zu belassen gedenkt oder einfach nicht verausgaben will, dann hält die Person den Daumen drauf. Da muss die Gegenseite schon mal hartnäckig bleiben, den Druck erhöhen und somit Zwangsmaßnahmen ergreifen, also die Daumenschrauben anlegen. Nun, da die Kolumne fast vollbracht, liegt es an mir, ob ich nach dem Schreiben untätig werde, mich zurücklehne oder Däumchen drehe.

Es sind die kleinen Fingerzeige der deutschen Sprache, die einen zum Nachdenken anregen. Der erho­bene Zeigefinger mahnt, der international verbreitete Stinkefinger als Geste zeigt dem Gegenüber die ganze Abscheu. Den Apotheken drücke ich weiterhin die Daumen, mögen sie ihre Finger im Spiel haben, zu jeder Zeit das nötige Fingerspitzengefühl beweisen und natürlich sich nicht ein einziges Mal die Finger verbrennen. |

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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