Die Seite 3

Mehr als nur Hilfsfeuerwehr

Fotos: DAZ/Alex Schelbert
Dr. Doris Uhl

Wenn es brennt, muss gelöscht werden. Dafür bedarf es nicht unbedingt einer professionellen Feuerwehr. Das hat uns die fast zwei Jahre andauernde Corona-Krise eindrucksvoll bewiesen. Galten bis kurz vor der Pandemie noch klare Zuständigkeitsgrenzen und Verantwortungsbereiche im Gesundheitssystem, haben sich die Vorzeichen innerhalb von Wochen und Monaten immer wieder deutlich geändert. Wer hätte gedacht, dass nicht-ärztliches Personal und sogar Laien auf eine Atemwegserkrankung testen dürfen? Was wurde innerhalb der Ärzteschaft protestiert und miteinander gerungen, als Jens Spahn kurz nach Amtsantritt verkündete, Apothekenimpfungen zu realisieren!

Dr. Armin Edalat

Die kühnen und zunächst belächelten (vielleicht sogar gefürchteten) Pläne des Ministers schwenkten um in den Pragmatismus der Bundesregierung. Diese durfte die Pandemieregeln weitgehend ohne parlamentarische Mitwirkung entscheiden. Und diese Entscheidungen waren notwendig – ohne Rücksicht auf Grabenkämpfe und Animositäten der Berufsgruppen und ihrer Interessenverbände. Wenn Arztpraxen und Ambulanzen es nicht schaffen, die sogenannten Bürger-Testungen durchzuführen, dann müssen weitere Anbieter wie Apotheken hierfür zugelassen werden. Wenn Booster-Impfungen breit und niederschwellig ausgerollt und angeboten werden sollen, dann kommen auch die Apotheken dafür infrage. Hier wartet niemand auf die Evaluation von Modellvorhaben nach mehreren Jahren.

Julia Borsch

Auch für logistische und bürokratische Aufgaben – man denke an die Impfstoffversorgung der Praxen und die Ausstellung digitaler Impfzertifikate – griffen die Verantwortlichen auf die Vor-Ort-Apotheken zurück. Ein flächendeckendes Netz mit kompetenten Fachkräften – hierauf will und kann niemand im Angesicht einer dynamischen Infektionslage verzichten.

Die Corona-Pandemie ist eine Katastrophe und bleibt hoffentlich ein Ausnahmezustand. Der Wunsch nach Normalität ist groß. Doch bleiben wir realistisch: Vielmehr müssen aufkeimende Pandemien in Zukunft noch vorausschauender und aktiver bekämpft werden, ohne jedes Mal aus dem Reaktionsmodus spontan entscheiden zu müssen. Die Apotheken haben bewiesen, dass sie hierbei eine der wichtigsten Institutionen sein können. Als es um die Maskenausgabe, Impfstofflogistik, Testungen und das Ausstellen der Impfzertifikate ging, standen sie parat, entwickelten die nötige Infrastruktur und versorgten die Menschen.

Offen bleibt jedoch die Frage, inwiefern dieses Engagement die Pharmazie im Allgemeinen und die Apotheken im Speziellen prägen und differenzieren wird. Bei Waldbränden und Hochwasser ist man froh um jede Hilfskraft, die mit anpackt: jede Schaufel, ­jeder Gartenschlauch, jeder LKW werden dann be­nötigt, um die Not zu lindern und die Krise zu meistern. Doch wie sieht es aus in „Friedenszeiten“? Ist man mit dem Ruf als Hilfsfeuerwehr gut beraten?

Die Pandemie kann und darf uns nicht aus der Pflicht nehmen, das Berufsbild und die pharmazeutische Kompetenz weiterzuentwickeln und der Gesellschaft aktiv anzubieten. „Wenn man uns braucht, ­stehen wir bereit“ lautete das Motto der Standesvertretung in den letzten beiden Jahren, und man wagte sich nur vorsichtig auf das bisher fremde Terrain der Testungen und Impfungen. Doch wenn es um Arzneimitteltherapiesicherheit, Medikationsoptimierung und klinisch-pharmazeutische Entscheidungen geht, dann ist das unser Metier. Hier können wir punkten, hier sind wir mehr als die Hilfsfeuerwehr. Das sollten wir zeigen – vor allem jetzt, wo die gesetzliche Grundlage für pharmazeutische Dienstleistungen geschaffen wurde. Packen wir es an …

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Danke Spahn!

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