Metabolismus

Zu viel Bilirubin

Morbus Meulengracht und die Folgen für den Arzneistoffwechsel

Von Tony Daubitz | Mutationen und Polymorphismen tragen zur Vielfalt und Evolution des Lebens bei. Aber wo enden die verschiedenen Spielarten der Natur und ab wann spricht man von einer genetisch bedingten Krankheit? In dieser Grauzone ist Morbus Meulengracht anzusiedeln, ein Enzymdefekt, der den Bilirubin-Stoffwechsel beeinträchtigt. Für die Betroffenen ist die Veränderung harmlos. Im Gegenteil, sogar ein günstiger Einfluss auf verschiedene Krankheiten wird diskutiert. Ernst zu nehmen ist aber die veränderte Elimination bestimmter Arzneistoffe.

Wenn rote Blutkörperchen ihr Lebensende erreicht haben, werden sie von Phagozyten in Leber, Milz und Knochenmark abgebaut. Dabei entsteht mit Bilirubin das Abbauprodukt des Hämoglobins, das normalerweise in der Leber glucuronidiert und mit der Galle ausgeschieden wird (s. Abb. 1). Dieser Glucuronidierungsschritt ist bei Menschen mit der Stoffwechselbesonderheit Morbus Meulengracht durch genetischen Polymorphismus um ca. 30% vermindert. Ablesbar ist dies an erhöhten Bilirubin-Werten im Blut. Phasenweise steigen die Spiegel so stark, dass eine Gelbsucht entsteht. Bemerkbar mach sich diese Stoffwechselunregelmäßigkeit zum ersten Mal in der Adoleszenz. Die Hormonumstellung beeinflusst den Bilirubin-Metabolismus, sodass mehr Bilirubin im Blut anflutet und sich als vorübergehender Ikterus präsentiert. Bei Stress oder Infektionen schnellen die Bilirubin-Werte ebenfalls nach oben und münden oft in eine Gelbsucht. Uncharakteristische Begleitsymptome wie Unterleibschmerzen oder Müdigkeit können Betroffene zusätzlich plagen [1]. Entdeckt wurde diese Anomalie übrigens nicht von Einar Meulengracht selbst, sondern 1901 von Augustin Gilbert und Pierre Lereboullet. Einar Meulengracht führte das Syndrom 1939 dann als Icterus intermittens juvenilis in die deutsche Literatur ein. Gebräuchlich sind deshalb heute beide Bezeichnungen: Morbus Meulengracht und Gilbert-Syndrom. Ca. 5 bis 9% der Bevölkerung sind betroffen, es ist also keine Seltenheit. Krankheitswert hat diese Stoffwechselvarietät allein jedoch nicht, da die Leber nicht geschädigt wird [1]. Erhöhte Transaminasen gehören daher nicht zu den Laborkennzeichen. In Kombination mit anderen Vorerkrankungen wie einem Neugeborenen-Ikterus, Glucose-6-phosphat-Mangel oder Thalassämie kann sich ein Morbus Meulengracht aber durchaus negativ auswirken. Trotz aller Harmlosigkeit ist die Diagnosestellung wichtig, sodass andere, gefährlichere Leberleiden ausgeschlossen werden können. Die Diagnose verunsichert die Patienten oft, obwohl streng genommen keine Krankheit vorliegt, nur eine Stoffwechselunregelmäßigkeit. Entkräftet werden können Bedenken aber z. B. damit, dass ein Morbus Meulengracht möglicherweise sogar Vorteile mit sich bringt. Bilirubin besitzt ausgesprochen antioxidative Eigenschaften. Höhere Blutspiegel sind deshalb kein Nachteil. In der Tat zeigen verschiedene Studien, dass ein Morbus Meulengracht mit geringeren Prävalenzen an koronarer Herzkrankheit, weniger Gefäßschäden bei einem Diabetes mellitus und einem geringeren Risiko für eine Krebserkrankung assoziiert ist [2].

Abb. 1: Bilirubin ist ein Abbauprodukt des Hämoglobins. Nach einer Lebensdauer von 120 Tagen werden die Erythrozyten von Phagozyten in Leber, Milz und Knochenmark abgebaut. Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin wird über das Zwischenprodukt Biliverdin zu Bilirubin transformiert und in den Blutstrom abgegeben. Dort wird dieses sogenannte indirekte Bilirubin an Albumin gebunden und in der Leber von der UDP-Glucuronosyltransferase UGT1A1 einfach oder zweifach mit Glucuronsäure konjugiert und kann in dieser löslichen Form über die Galle ausgeschieden werden. Konjugiertes Bilirubin wird auch direktes Bilirubin genannt.

Die Ursache liegt in den Genen

Die Glucuronidierung von körpereigenen und körperfremden Stoffen ist ein wichtiger Bestandteil des Stoffwechsels. Der menschliche Organismus besitzt insgesamt zwei Familien der dafür zuständigen Glucuronosyltransferasen: UGT1 und UGT2. Die Enzyme übertragen Glucuronsäure von UDP-Glucuronat auf unpolare Stoffe. Das konjugierte Molekül ist hydrophiler und kann vom Körper ausgeschieden werden. Die einzige für die Glucuronidierung des Bilirubins zuständige UDP-Glucuronosyltransferase ist die UGT1A1, Mitglied der UGT1A-Unterfamilie. Verschiedene genetische Veränderungen des Enzyms können unterschiedliche Folgen für den Bilirubin-Stoffwechsel haben. Morbus Meulengracht bildet dabei nur das unkomplizierte Ende eines Spektrums an UGT1A1-vermittelten Bilirubin-Stoffwechselstörungen. Mittlerweile wurden mehr als 100 Polymorphismen des UGT1A1-Gens beschrieben. Seltene Mutationen des Gens können die Aktivität des Enzyms komplett einschränken oder nur noch eine kleine Restaktivität hinterlassen. Diese Krankheitsbilder heißen Crigler-Najjar-Syndrom 1 und 2.

Als ursächlich für den Morbus Meulengracht gilt in den meisten Fällen eine autosomal-rezessiv vererbte Insertion zweier Basenpaare in den Promoter des UGT1A1-Gens. Dieser Polymorphismus wurde 1995 von Piter Bosma und Kollegen entdeckt und trägt seitdem die Bezeichnung UGT1A1*28 [3]. Die geringere Stoffwechselaktivität des Enzyms bei dieser Variante resultiert aus einer geringeren Transkription des veränderten Gens. Wie häufig der UGT1A1*28-Polymorphismus anzutreffen ist, variiert je nach ethnischer Zugehörigkeit [4]. 16% der Europäer, 8% der Ägypter und 23% der Afro-Amerikaner sind homozygote Träger. In Asien kommt diese Variante deutlich seltener vor, dafür werden teils andere Varianten wie UGT1A1*27 oder *62 mit dem Gilbert-Syndrom in Verbindung gebracht [4]. Auffällig ist, dass man von einer Prävalenz des Morbus Meulengracht von 5 bis 9% ausgeht, obwohl in 16% der kaukasischen Bevölkerung die UGT1A1*28-Variante homozygot vorkommt. Man spricht von unvollständiger Penetranz des Genotyps. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen lautet, dass mehrere Polymorphismen gleichzeitig vorhanden sein können und zum Phänotyp des Morbus Meulengracht beitragen [4].

Eine verringerte Glucuronidierungsrate der mutierten UDP-Glucuronosyltransferase 1A1 hat aber nicht nur Konsequenzen für den Bilirubin-Stoffwechsel, sondern auch für die Ausscheidung von Arzneistoffen und Hormonen. Verschiedene Substanzen sind Substrate dieses Enzyms (s. Tab.), z. B. SN-38, ein Metabolit des Chemotherapeutikum Irinotecan, das Glycosid des Podophyllotoxins Etoposid sowie natürliche Estrogene und Ethinylestradiol. Da Veränderungen des Enzyms somit den Stoffwechsel der Estrogene beeinflussen, wird postuliert, dass ein Morbus Meulengracht das Brustkrebsrisiko erhöhen kann. Dieser Zusammenhang ist aber noch nicht zweifelsfrei bewiesen [4]. Für die Praxis hingegen spielt die Rolle des Enzyms bei der Glucuronidierung bestimmter Arzneistoffe eine größere Bedeutung.

Tab.: UDP-Glucuronosyltransferasen (UGT) und deren Substrate (nach: Mutschler Arzneimittelwirkungen [19])
UGT
Substrate
1A1
Bilirubin, Ethinylestradiol, Estradiol, SN-38 ­(Irinotecan-Metabolit), Etoposid
1A3
Norbuprenorphin
1A4
Amitriptylin, Imipramin
1A6
Naproxen, Paracetamol
1A9
Propofol
2B7
Codein, Ibuprofen, Ketoprofen, Lorazepam, ­Morphin, Naproxen

Paracetamol ist umstritten

Am Anfang soll das für die tägliche Beratung in den Apotheken besonders wichtige Paracetamol stehen. Die Hepatotoxizität besonders hoher Dosen ist bekannt. Ist bei einer Ausscheidungsstörung wie dem Morbus Meulengracht also besondere Vorsicht angesagt? Die Fachinformation bejaht und begrenzt die Tagesdosis auf 2 g des Wirkstoffes gegenüber den üblichen 4 g. Prof. Dr. Wolfgang Rascher vom Universitätsklinikum Erlangen äußert sich in dem von der Arzneimittelkommission der Ärzteschaft herausgegebenen „Arzneiverordnung für die Praxis“ (AVP) zurückhaltend [5]. Klare Hinweise für eine erhöhte hepatische Toxizität therapeutischer Paracetamol-Dosen bei Morbus-Meulengracht-Patienten seien nicht zu finden, die Einnahme unproblematisch. Ein Blick in die Literatur offenbart zuerst wenig ergiebiges Studienmaterial. Die aussagekräftigste Studie, auf die sich auch Rascher bezieht, stammt aus dem Jahre 1999 [6]. 32 gesunden Probanden und 16 Teilnehmern mit Morbus Meulengracht wurde in einer einzigen Gabe 1,5 g Paracetamol verabreicht und die Metaboliten mittels Urinproben bestimmt. Toxizitätsreaktionen traten bei keinem der Teilnehmer auf, auch war im Mittel der Anteil glucuronidierter Metabolite zwischen Gesunden und den Morbus-Meulengracht-Probanden nicht unterschiedlich. Bei genauerem Hinsehen offenbarte sich den Autoren aber eine Subgruppe der Morbus-Meulengracht-Teilnehmer, bei denen die Glucuronidierung von Paracetamol teilweise eingeschränkt war und im Gegenzug mehr oxidierte Stoffwechselprodukte (Mercaptursäure- und Cystein-Konjugate des toxischen Metaboliten N-Acetyl-p-benzochinonimin, s. Abb. 2) im Urin nachgewiesen wurden, bei gleichem Serum-Bilirubin-Spiegel. Morbus-Meulengracht-Patienten bilden somit ein heterogenes Kollektiv [6]. Dieser Befund erklärt womöglich auch vorangegangene, kleinere Studien, in denen mal ein Glucuronidierungs­defekt für Paracetamol bei Morbus Meulengracht nachgewiesen wurde und mal nicht. Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, dass Paracetamol in der Tabelle gar nicht als Substrat der UDP-Glucuronosyltransferase 1A1 gelistet ist, sondern durch das 1A6-Isoenzym glucuronidiert wird. Tatsächlich scheinen aber auch die 1A9- und 1A1-Trans­ferasen eine wenn auch untergeordnete Rolle zu spielen [7]. In diesem Zusammenhang ist wissenswert, dass bei Morbus-Meulengracht-Patienten oft zusätzlich zum UGT1A1*28-Polymorphismus andere Polymorphismen des UGT1A1-Gens selbst, sowie Polymorphismen der anderen für UDP-Glucuronosyltransferasen codierenden Gene nachgewiesen werden, z. B. auch Varianten des UGT1A6-Gens [4, 8]. Damit wird das Bild sehr komplex, es liefert aber auch möglicherweise eine Erklärung, warum bei manchen Morbus-Meulengracht-Patienten Paracetamol-Elimination verändert sei kann. Trotz möglicher Unterschiede im Metabolismus finden sich in der Literatur keine eindeutigen Toxizitätshinweise, eine akute und damit kurzfristige Einnahme scheint ungefährlich bei dieser Stoffwechselbesonderheit zu sein. Der Warnhinweis in der Fachinformation ist trotzdem nicht ganz unangebracht, da die diskutierte Studie nur eine hoch dosierte Einmalgabe von 1,5 g Paracetamol untersucht hat, die unter der in der Fachinformation zugelassenen täglichen Höchstmenge von 2 g liegt.

Abb. 2: Biotransformation von Paracetamol, das hauptsächlich konjugiert als Glucuronid und Sulfat ausgeschieden wird. Sind diese Stoffwechselwege gesättigt, wird das Analgetikum durch verschiedene CYP-Enzyme zu toxischen Metaboliten oxidiert. Das bedeutendste Produkt ist das N-Acetyl-p-benzochinonimin (NAPQI), das durch Glutathion entgiftet wird. Das entstehende Konjugat wird zu Cystein- und Mercaptursäure-Konjugaten umgewandelt und mit dem Urin ausgeschieden.

Vorsicht bei Irinotecan

Anders gelagert ist der Fall bei dem Zytostatikum Irinotecan (z. B. Roboirino®), einem Topoisomerase-I-Inhibitor, bei dem eine Toxizität bei Morbus-Meulengracht-Patienten belegt ist. Das halbsynthetische Camptothecin-Derivat ist indiziert bei kolorektalem Karzinom. Das Prodrug Irinotecan wird zunächst in der Leber zum aktiven SN-38 metabolisiert, das seinerseits durch die UDP-Glucuronosyltransferase 1A1 glucoronidiert und über die Galle ausgeschieden wird. Zu den häufigsten Nebenwirkungen der Behandlung gehören schwere Durchfälle und Veränderungen des Blutbildes. Mehrere Metaanalysen retrospektiver Studien weisen auf mögliche Risiken für Morbus-Meulengracht-Patienten hin [2]. Bei diese Patienten war das Risiko erhöht sowohl für die gefürchteten Durchfälle als auch Neutropenien, insbesondere bei hohen Dosierungen über 180 mg Irinotecan je m2 Körperoberfläche. Sollte die Therapie also bei einem bestehenden Morbus Meulengracht entsprechend angepasst werden? Oder sollte gar jeder Patient vor der Chemotherapie mit Irinotecan auf Polymorphismen der UDP-Glucuronosyltransfer­ase 1A1 getestet werden? Schließlich ist anzunehmen, dass eine angepasste Dosierung die Toxizität vermindert und den Therapieerfolg erhöht. Die Datenlage hierzu steht noch auf tönernen Füßen. Verschiedene prospektive Studien zu einer an den Stoffwechsel angepassten Dosierung ergaben bislang keinen Vorteil, weder im Hinblick auf die Effektivität noch die Sicherheit der Behandlung [9, 10, 11]. Die deutsche S3-Leitlinie „Kolorektales Karzinom“ z. B. empfiehlt keine allgemeine Genotypisierung der UDP-Glucuronosyltransferase 1A1 vor Therapiebeginn [12]. Die Irinotecan-Fachinformation sieht ebenfalls keinen Bedarf für eine Therapieanpassung auch bei einem homozygoten UGT1A1*28-Polymorphismus des Enzmys [13]. Patienten sollten die indizierte Anfangsdosis erhalten und auf die hämatologische Toxizität hin überwacht werden. Lediglich wenn Toxizitäten bei einer vorangegangen Behandlung mit Irinotecan beobachtet wurden, sollte die Anfangsdosis reduziert werden. Demgegenüber empfiehlt die FDA bei einem homozygoten UGT1A1*28-Polymorphismus die Dosis von vornherein zu reduzieren [14]. Eine konkrete Zahl wird aufgrund der dünnen Datenlage von Fachinformation und FDA aber nicht genannt.

Gelbsucht durch HIV-Medikamente und Zytostatika

Ungemach droht aber nicht nur vonseiten der UGT1A-Substrate sondern auch von deren Inhibitoren. Der heute nur noch selten eingesetzte HIV-Protease-Inhibitor Atazanavir (Reyataz®) ist ein solches Beispiel. Zusätzlich zur UGT1A1 hemmt die Substanz auch die Isoenzyme UGT1A3 und UGT1A4. Die Einnahme von Atazanavir an sich verursacht durch die potente UGT1A-Hemmung schon fast regelhaft einen Anstieg des unkonjugierten Bilirubins im Serum. Ein möglicher daraus resultierender Ikterus ist der häufigste Grund, weshalb Patienten die Behandlung abbrechen [15]. In Verbindung mit Morbus Meulengracht werden stärkere Bilirubin-Anstiege und ein höheres Risiko für Gelbsucht-Episoden beschrieben [16]. Insbesondere, wenn noch zusätzliche aktivitätseinschränkende Polymorphismen in den Genen weiterer UGT-Isoenzymen berücksichtigt wurden, erhärtete sich die Assoziation, wie eine weitere Studie berichtete [17]. In der Atazanavir-Fachinformation findet sich allerdings kein gesonderter Warnhinweis für Morbus-Meulengracht-Patienten. Sofern sich eine für den Patienten inakzeptable Gelbsucht einstellt, sollte das Präparat gewechselt werden. Eine Dosisreduktion ist in diesem Fall indiskutabel, da niedrigere Atazanavir-Plasmaspiegel Resistenzen des HI-Virus gegen den Protease-Inhibitor fördern [18]. Für das verwandte, allerdings nicht mehr im Handel befindliche Indinavir gelten ähnliche Zusammenhänge. Auch Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Pazopanib (Votrient®), Nilotinib (Tasigna®) oder Erlotinib (Erlotinib-ratiopharm®) stehen in diesem Zusammenhang als UGT1A-Inhibtoren im Fokus [2]. Der klinische Stellenwert dieser Interaktion ist noch nicht geklärt, daher existieren keine entsprechenden Empfehlungen zur Dosis­anpassung. Die Fachinformationen raten bei einer Therapie von Morbus-Meulengracht-Patienten mit Erlotinib zur ­Vorsicht. Für Pazopanib und Nilotinib wird empfohlen, die Therapie zu unterbrechen oder abzusetzen, sobald sich eine Hepatotoxizität in Form stark erhöhter Transaminasen und/oder Bilirubin-Werten manifestiert – unabhängig vom Vorliegen eines Morbus Meulen­gracht.

Geringes Interesse vonseiten der Forschung

Die Auswahl an Wirkstoffen, die mindestens teilweise Substrate der UDG-Glucuronosyltransferase 1A1 sind, ist noch größer. Buprenorphin, Ezetimib, Losartan und Ibuprofen gehören dazu, um nur einige zu nennen. Als weitere Inhibitoren des Enzyms gelten u. a. Gemfibrozil und Tocilizumab. Meist gibt es aber keine hinreichenden Hinweise auf toxische Nebenwirkungen für Patienten mit Morbus Meulengracht. Als Wermutstropfen muss hinzugefügt werden, dass das Forschungsinteresse an Morbus Meulengracht gering ist. Wie bereits anklang, ist die Datenlage vor allem oft eins: unzureichend. In Anbetracht der Komplexität der Verstoffwechselung der Arzneistoffe bleiben einige Zusammenhänge sicherlich im Dunkeln. In der Apotheke kann dazu beigetragen werden, etwas Licht in die Sache zu bringen. Berichtet ein Morbus-Meulen­gracht-Patient von Gelbsucht-Episoden im Zusammenhang mit bestimmten Arzneimitteln, kann mit einer Meldung über unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei der AMK mitgeholfen werden, die Datenlage zu verbreitern. |

Literatur

 [1] Fretzayas A et al. Gilbert Syndrome. Eur J Pediatr 2012;171:11-15

 [2] Nelson RS et al. UGT1A1 Guided Cancer Therapy: Review of the Evidence and Considerations for Clinical Implementation. Cancers (Basel) 2021;13:1566

 [3] Bosma PJ et al. The genetic basis of the reduced expression of bilirubin UDP-glucuronosyltransferase 1 in Gilbert‘s syndrome. N Engl J Med 1995;333:1171-1175

 [4] Strassburg CP. Pharmacogenetics of Gilbert Syndrome. Pharmacogenomics 2008;9:703-715

 [5] Rascher W. Paracetamol beim Morbus Meulengracht. AVP 2020;47:49-50

 [6] Esteban A, Pérez-Mateo M. Heterogeneity of paracetamol metabolism in Gilbert‘s syndrome. Eur J Drug Metab Pharmacokinet 1999;24:9-13

 [7] Allegaert K et al. Intra- and interindividual variability of glucuronidation of paracetamol during repeated administration of propacetamol in neonates. Acta Paediatr 2005;94:1273-1279

 [8] Köhle C et al. Frequent co-occurrence of the TATA box mutation associated with Gilbert‘s syndrome (UGT1A1*28) with other polymorphisms of the UDP-glucuronosyltransferase-1 locus (UGT1A6*2 and UGT1A7*3) in Caucasians and Egyptians.

 [9] Fujii H et al. Dose adjustment of irinotecan based on UGT1A1 polymorphisms in patients with colorectal cancer. Cancer Chemother Pharmacol 2019;83:123–129

[10] Catenacci DVT et al. Evaluation of the Association of Perioperative UGT1A1 Genotype-Dosed gFOLFIRINOX with Margin-Negative Resection Rates and Pathologic Response Grades Among Patients with Locally Advanced Gastroesophageal Adenocarcinoma: A Phase 2 Clinical Trial. JAMA Netw Open 2020;3:e1921290

[11] Páez D et al. Pharmacogenetic clinical randomised phase II trial to evaluate the efficacy and safety of FOLFIRI with high-dose irinotecan (HD-FOLFIRI) in metastatic colorectal cancer patients according to their UGT1A 1 genotype. Br J Cancer 2019;120:190–195

[12] Kolorektales Karzinom. S3-Leitlinie, Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF), Langversion 2.1, 2019, AWMF Registrierungsnummer: 021/007OL

[13] Fachinformation Riboirino 20 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

[14] FDA Prescribing Information Camptosar,® Biochem Pharmacol 2003;65:1521-1527

[15] Laprise C et al. Atazanavir and Other Determinants of Hyperbilirubinemia in a Cohort of 1150 HIV-Positive Patients: Results from 9 Years of Follow-Up. AIDS Patient Care STDS 2013; 27:378–386

[16] Rotger M et al. Gilbert syndrome and the development of antiretroviral therapy-associated hyperbilirubinemia. J Infect Dis 2005;192:1381-1386

[17] Lankisch TO et al. Gilbert‘s disease and atazanavir: from phenotype to UDP-glucuronosyltransferase haplotype. Hepatology 2006;44:1324-1332

[18] Fachinformation Reyataz® 50 mg Pulver zum Einnehmen

[19] Geisslinger G, Menzel S, Gudermann T, Hinz B, Ruth P. Mutschler Arzneimittelwirkungen. Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie. 11., völlig neu bearbeitete Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart

Autor

Dr. Tony Daubitz, Studium der Pharmazie an der Universität Leipzig; Diplomarbeit in Basel an der Hochschule für Life Sciences der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) zu antientzündlichen Eigenschaften von Bambusextrakten; Promotion am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin zur Pharmakologie von Anionenkanälen.

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