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Neues zu SARS-CoV-2 in Kürze

mab | Die Welt steht Kopf aufgrund der Omikron-Variante von SARS-CoV-2. Klar ist bisher nur, dass sie etliche Mutationen im Spike-Protein trägt. Ob dies auch mit einer verminderten Schutzwirkung der Impfstoffe einhergeht, darüber tappt die Wissenschaft noch völlig im Dunklen. Was in den letzten Tagen zu der neuen Mutante bekannt wurde, haben wir in Kürze für Sie zusammengefasst.

RNA-Orakel verrät Sterberisiko

Noch immer ist kein eindeutiges Muster erkennbar, welche Personen schwer an COVID-19 erkranken und versterben werden und bei welchen die Infektion eher mild verläuft. Um mehr Licht ins Dunkel zu bringen, hat die Arbeitsgruppe um Brunet-Ratnasingham et al. immunologische Untersuchen an 279 positiv getesteten COVID-19-Patienten durchgeführt. Bei der Blutentnahme elf Tage nach Symptombeginn wurden unter anderem die Konzentrationen an viraler RNA, Rezeptor-bindendem Immunglobulin G sowie der Zytokine bestimmt. Anschließend wurden alle Patienten bis 60 Tage nach Symptombeginn nachbeobachtet. In diesem Zeitraum verstarben 13 Patienten, knapp die Hälfte davon zwischen Tag 30 und 60 nach Symptombeginn. Erwartungsgemäß waren bei den verstorbenen Patienten an Tag 11 ein hoher Zytokin-Wert und niedrige Antikörpertiter messbar. Zudem fiel auf, dass das Plasma der verstorbenen Patienten zum Messzeitpunkt hohe Spiegel an viraler RNA enthalten hatte. Die Wissenschaftler sehen hier einen wichtigen Marker, der Patienten mit hohem Sterberisiko frühzeitig identifizieren kann [Brunet-Ratnasingham E et al. Science Advances 2021. doi: 10.1126/sciadv.abj5629].

Grafik: GEMINI/AdobeStock

Omikron-Variante hält die Welt weiter in Atem

Knapp einen Monat ist es inzwischen her, seitdem in Afrika erstmals von der neuen SARS-CoV-2-Variante Omikron (B.1.1.529) berichtet wurde. Seitdem breitet sie sich weltweit in rasender Geschwindigkeit aus. So hat nun am Wochenende auch Thailand den ersten Fall bei einem amerikanischen Touristen, der aus Spanien eingereist ist, vermeldet. Auch in Europa blickt die Wissenschaft beunruhigt auf die steigenden Zahlen: So war in Dänemark am Sonntag (5. Dezember) ein sprunghafter Anstieg auf 183 bestätigte Omikron-Infektionen gemeldet worden, in Großbritannien beziffern sich diese auf ganze 246 Fälle. In Deutschland waren bis zum Redaktionsschluss 15 bestätigte Fälle bekannt. Von der Weltgesundheitsorganisation WHO wird Omikron als besorgniserregende Variante eingestuft. Grund dafür sind die zahlreichen Mutationen, von denen 32 auf das Spike-Protein von SARS-CoV-2 entfallen, welches das Target der zugelassenen Impfstoffe ist. Ob dadurch der Immunschutz von Geimpften beeinträchtigt ist, ist nach wie vor unklar. Nachdem zunächst nur der Moderna-Präsident Stephen Hoge von einer Anpassung seines mRNA-Impfstoffs gegen Omikron berichtet hatte, sieht nun auch der Biontech-Chef Ugur Sahin diese als notwendig an. Auf der Konferenz „Reuters Next“ am Wochenende ging er zwar grundsätzlich davon aus, dass auch die bisherigen Impfstoffe Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bieten. Jedoch glaubt er, „[...] dass wir ab einem bestimmten Zeitpunkt einen neuen Impfstoff gegen diese neue Variante benötigen werden“. Die Frage sei nicht, ob, sondern wann ein neuer Impfstoff gegen die Omikron-Variante gebraucht werde. Und auch bei genesenen Personen scheint Omikron den aufgebauten Immunschutz zu umgehen: In einer im Preprint veröffentlichten Studie berichten Forscher aus Kapstadt, dass es während der vierten Infektionswelle unter der Omikron-Variante zu einem deutlichen Anstieg an Reinfektionen gekommen war. Während der zweiten (unter der Beta-Variante) und dritten Welle (unter der Delta-Variante) sei solch ein Anstieg an Reinfektionen nicht feststellbar gewesen. Für ihre Analyse hatten die Wissenschaftler bis zum 27. November 2021 alle knapp 2,8 Millionen positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Personen in Afrika ausgewertet. 35.670 hatten sich reinfiziert, da sie innerhalb von mehr als 90 Tagen ein zweites Mal ein positives Testergebnis erhalten hatten. Auch der neue Gesundheitsminister der SPD, Karl Lauterbach, äußert sich besorgt in der ARD-Sendung von Anne Will: „Wir müssen damit rechnen, dass diejenigen, die bereits geimpft sind, gefährdet sind, sicher aber die, die genesen sind oder nur einfach geimpft sind, oder bei denen die Impfung länger zurückliegt.“ Dagegen klang Anthony Fauci, Immunologe und Berater des US-Präsidenten Joe Biden, gegenüber dem Fernsehsender CNN am Sonntag optimistisch. Zwar sehe man einen Übertragungsvorteil bei der Omikron-Variante. Jedoch könne dieser nach derzeitiger Einschätzung nicht gleichzeitig mit schwereren Erkrankungen in Verbindung gesetzt werden. Um definitive Aussagen zu treffen, räumt er jedoch ein, sei es noch zu früh [News-Ticker von merkur.de, Abruf am 6. Dezember 2021 und Pulliam JR et al. MedRxiv 2021.doi:10.1101/2021.11.11.21266068].

Drei Hypothesen zum Ursprung der Omikron-Variante

Die Wissenschaft ist sich einig, dass die Omikron-Variante aufgrund ihres unterschiedlichen Mutationsmusters wohl nicht aus der Alpha- oder Delta-Variante entstanden ist. Aufgrund der enormen Abweichung zu anderen Virusgenomen geht man inzwischen davon aus, dass sie erstmals 2020 aufgetreten sein muss und sich dann im „Dunkeln“ weiterentwickelt hat. Wie diese Dunkelheit ausgesehen haben könnte, darüber haben Wissenschaftler drei Hypothesen: Zunächst ging man davon aus, dass sich Omikron in einem chronisch infizierten COVID-19-­Patienten entwickelt haben könnte. Durch eine krankheits- oder Arzneimittel-bedingte Immunsuppression konnte das Virus mehrfach mutieren, so geschehen in einem Fallbericht über eine junge HIV-Patientin, die aufgrund einer unkontrollierten HIV-­Infektion mehr als sechs Monate lang SARS-CoV-2 in sich trug. Laut dem Virologen Christian Drosten sprechen gegen diese Hypothese jedoch Er­fahrungen mit anderen chronischen Infektionen bei immunsupprimierten Patienten wie Influenza- und oder anderen Viren. Zwar kommt es in diesen Menschen zu vermehrten Immun-­Escape-Mutationen, jedoch treten auch gehäuft Mutationen auf, die die Übertragung von Mensch zu Mensch verringern. Dies ist bei Omikron aber nicht der Fall. Er geht vielmehr davon aus, dass sich Omikron in einer Population mit hoher Infektionsrate bei gleichzeitig niedriger Sequenzierungsrate entwickelt hat, die ein früheres Entdecken der Mutation verhindert hat. So gab es seiner Meinung nach während der Winterwelle im südlichen Afrika lange Zeit viele Infektionen, die das Virus unter einen „enormen evolutionären Druck“ gesetzt haben. Die dritte, nicht minder beunruhigende Hypothese geht von einer Entwicklung von Omikron in Tieren aus. Dass diese Hypothese keinesfalls an den Haaren herbeigezogen ist, zeigt eine Analyse, in der 80% der Weiß­wedelhirsche, die zwischen Ende November 2020 und Anfang Januar 2021 in Iowa beprobt wurden, SARS-CoV-2 in sich trugen. Ob und welche der Hypothesen sich tatsächlich bewahrheitet, wird sich wohl erst in Zukunft zeigen [Kupferschmidt K. Science 2021. doi: 10.1126/science.acx9754]. |

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