Aus der Hochschule

„Aller Anfang ist schwer“

Erleichterung des Einstiegs in den Apothekenalltag für Pharmaziestudierende

In einem neukonzipierten und freiwilligen Seminar konnten 26 Pharmaziestudierende in Heidelberg erste Einblicke in die Apothekenpraxis erhalten. Neben relevanten Indikationsgebieten der Selbstmedikation wurden auch weitere wichtige Aspekte des Berufseinstiegs als Pharmazeutin bzw. als Pharmazeut (z. B. Rezeptbelieferung, Medizinprodukte, aber auch Themen wie Resilienz) von den engagierten Dozenten erörtert.

Montagnachmittag, eine ältere Dame betritt die öffentliche Apotheke und tritt an die Theke. Der junge Pharmazeut im Praktikum (PhiP) begrüßt sie freundlich und fragt, wie er ihr helfen könne. „Ich glaube, ich habe Vaginalpilz“, berichtet die Kundin. „Dafür bin ich offensichtlich (noch) nicht der Fachmann“, denkt sich der PhiP, lächelt freundlich und sucht verzweifelt Blickkontakt mit dem Apotheker an der Kasse nebenan.

Foto: Isabelle Pfaff

Praxisnah stellten die Dozenten gängige Präparate der Selbstmedikation, aber auch Kundenzeitschriften sowie weitere apothekenrelevante Bestandteile vor.

Ähnliche Situationen erleben die meisten Pharmazeutinnen und Pharmazeuten, wenn sie die ersten Beratungsgespräche führen: voller Motivation und pharmazeutischer Sachkenntnis, aber ohne die nötige Vorbereitung auf den Apothekenalltag. Dr. Cornelius Domhan und Dr. Philipp Uhl, Dozenten am Institut für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, haben diese Momente selbst erlebt und daher ein neues freiwilliges Seminar ins Leben gerufen, das interessierte Studierende des 6. und 8. Fachsemesters besser auf den Berufsalltag im Praktischen Jahr in einer öffentlichen Apotheke vorbereiten soll. Fünf Tage lang haben sich die 26 Teilnehmenden ganztägig in Präsenz getroffen und apothekenrelevante Themen durch Vorträge, praktische Übungen und rege Diskussionen erarbeitet.

Foto: Isabelle Pfaff

Die Dozenten stellten Beratungsgespräche nach und zeigten mithilfe ihrer Apothekenerfahrung, wie man sich in schwierigen Beratungssituationen kompetent verhält.

Die behandelten Themenfelder waren vielseitig und umfassten relevante Indikationen der Selbstmedikation wie z. B. Schmerzen, Übelkeit und Erkältungen, aber auch den Ablauf der Beratung zu Antibiotika, Sodbrennen oder Kopfläusen. Beispielsweise lernten die Studierenden in Vorträgen über die Selbstmedikation bei Erkältungskrankheiten die Unterschiede verschiedener Halsschmerzpräparate kennen, sowohl in Bezug auf die Indikationen als auch auf Preise, Erfahrungswerte und wichtige Hinweise bei der Beratung. Im Anschluss daran konnte das Gelernte durch simulierte Beratungsgespräche näher vertieft werden.

Zusätzlich wurden auch weitere im Apothekenalltag hochrelevante Themen wie z. B. Rezeptbelieferungen, der Arztausweis, das Notfallsortiment, Wirtschaftlichkeit sowie Plausibilitätsprüfungen, welche im Studium oft kaum Beachtung finden, diskutiert. Auch Verbandsstoffe wurden in diesem Seminar thematisiert. Dafür stand eine große Auswahl an Anschauungsmaterial zur Verfügung. Auch die Verwendung eines Blutzuckermessgerätes konnte so von allen Teilnehmenden mit einem individuellen Gerät geübt werden. Abgerundet wurden die praktischen Übungen durch die Präsentation einer Milchpumpe. Dank ihrer Erfahrungen als Kinderkrankenschwester konnte eine Teilnehmerin uns Studierenden dabei wertvolle Tipps und Tricks mit auf den Weg geben. Für den letzten Tag des Seminars wurden außerdem drei Pharmaziepraktikantinnen und -praktikanten eingeladen, die von ihren aktuellen Erfahrungen im Praktischen Jahr berichteten und Fragen der Seminarteilnehmerinnen und -teilnehmer beantworteten.

Foto: Isabelle Pfaff

Gruppenfoto am Ende des Seminars Glückliche Gesichter zeigen den erfolg­reichen Lernprozess dieses Pilotprojekts.

Regen Diskussionsbedarf boten Themen wie z. B. die „Pille danach“, Kommunikation und Resilienz im Arbeitsalltag. Wie gehe ich mit jungen Kundinnen um, welche mich um die Pille danach bitten? Muss ich die Eltern informieren? Wie spreche ich über sensible Themen? Wie bringe ich die unterschiedlichen Anforderungen von Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber und Kundin oder Kunde unter einen Hut?

Am Ende der Woche waren sich alle Teilnehmenden einig: Ein Apothekenpraxisseminar wünschen wir uns nicht nur für Studierende der Universität Heidelberg, sondern für Pharmaziestudierende deutschlandweit. „Aufgrund der langjährigen Erfahrungen der beiden Dozenten konnten sie viele gute Praxistipps mitgeben und ein paar lustige Anekdoten erzählen. Allgemein war die Stimmung im Kurs entspannt und auf Augenhöhe, sodass man sehr schnell die anfängliche Angst vor den ersten Beratungsgesprächen überwinden konnte“, fasste eine Teilnehmerin ihre Eindrücke der Woche zusammen. Ein erfolgreiches Pilotprojekt geht damit zu Ende. Wir Studierenden bedanken uns herzlich bei Dr. Domhan und Dr. Uhl und wünschen uns, dass dieses Seminar hoffentlich auch nächstes Jahr wieder stattfinden kann. |

Amelie Rapp und Laura Nolte studieren im siebten Semester Pharmazie an der Universität Heidelberg. Isabelle Pfaff, Luise Kauk und Ronja Ebner haben ihr Pharmaziestudium im September mit dem zweiten Staatsexamen abgeschlossen und vor Kurzem ihr Praktisches Jahr begonnen.

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