Aus den Ländern

Präsenz und Zukunft

Pharmazieräte für die Weiterentwicklung der Apotheken

Die Freude war groß, dass die 68. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) e. V. vom 10. bis 13. Oktober 2021 in Quedlinburg als Präsenzveranstaltung stattfinden konnte, natürlich unter Einhaltung der 3G-Regel. Rund 65 ehrenamtliche Pharmazieräte und Amtsapotheker aus ganz Deutschland trafen sich mit Vertretern der zuständigen Ministerien und der Standesvertretungen. Sie diskutierten über Fragen zur Apothekenüberwachung und über den Umgang mit neu eingeführten Dienstleistungen.

Ein Schwerpunkt war die Beschäftigung mit der Zukunft der Apotheke und speziell mit neuen Aufgaben für die Apotheke. Die Ergebnisse der zweieinhalb­tägigen Arbeitstagung wurden in einer Resolution verabschiedet – siehe den Beitrag „Forderungen zum Schutz der Vor-Ort-Apo­theke: Resolution der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschland (APD) e. V. auf S. 9 in diese Ausgabe der DAZ. Auch unter www.pharmazierat.de können Sie die Resolution nachlesen.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands, Christian Bauer, eröffnete die Tagung mit einem Dank an die Apotheken für die bravouröse Leistung in diesen Zeiten der Pandemie. Trotz der vielen hinzugekommenen Aufgaben während der Pandemie sei es aber richtig und wichtig, sich auch mit der Zukunft der Apotheke zu beschäftigen: mit zukünftigen zusätzlichen pharmazeutischen Dienstleistungen und mit möglichen Aufgaben als Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Es sei neben der Überwachung auch eine Aufgabe der APD, sich Gedanken über die Weiterentwicklung der Apotheken als unverzichtbarer Bestandteil des Gesundheitswesens zu machen. Grußworte sprachen für das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt der zuständige Referats­leiter Maurice Tost und für die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt der Präsident Dr. Jens-Andreas Münch.

Der neue Vorstandder APD ab 1. Januar 2022: Dr. Walter Taeschner (Schatzmeister), Kerstin Schack (2. Vorsitzende), Marco Bubnick (1. Vorsitzender), Christian Züllich (Beirat), Dr. Michael Sax (Beirat) (v. l.) Foto: APD

Makel- und Zuweisungsverbot: BMG hat ein Auge auf Einhaltung

Als Nachfolger für den sich seit Ende August 2021 im Ruhestand befindlichen Ministerialrat Hans-Georg Will begrüßten die Pharmazieräte Regierungsdirektor Thiemo Steinrücken aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Er berichtete über die enorme Arbeit des Ministeriums während der Corona-Pandemie und stellte den wesentlichen Beitrag der Apotheken zur Eindämmung des Infektionsgeschehens heraus. So wurde z. B. die Versorgung mit Corona-Impfstoffen durch die Apotheken innerhalb drei Wochen aus dem Boden gestampft. Viele der getroffenen Regelungen seien für die Apotheken sehr sinnvoll und sollten beibehalten werden. Der Nacht- und Notdienstfonds (NNF) habe sich als sehr vielseitiges Instrument zur Abrechnung erwiesen. Auch das Makel- und Zuweisungsverbot wurde gestärkt. Das BMG wird mögliche Umgehungsstrategien genau beobachten und gegebenenfalls nachschärfen.

Als derzeitige Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Arzneimittel-, Apo­theken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen“ der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden berichtete die Referentin am Hessischen Ministe­rium für Soziales und Integration, Referat V 3 A „Arzneimittel- und Apothekenwesen“, Dr. Julia Heger, in einem Online-Vortrag aus den Sitzungen. Auch hier standen natürlich Pandemiethemen im Mittelpunkt. Aus dem Apothekenbereich sollten im Bereich der Ordnungs­widrigkeiten § 34 ApBetrO neue Tatbestände (z. B. nicht angezeigte wesent­liche Änderungen der Betriebsräume nach § 4 Abs. 6 ApBetrO) aufgenommen werden. Auch der Verbleib der ­Dokumentationen nach Schließung einer Apotheke sollte geregelt werden. Dies alles wurde als Forderung an das BMG gestellt.

Benkert: Absage an Vertretung durch PTA

Der Präsident der Bundesapothekerkammer, Thomas Benkert, informierte über die aktuelle Berufspolitik und lobte die Apotheken für die tolle Gemeinschaftsleistung zur Bewältigung der Pandemie. Es sei derzeit eine Festigung der ordnungspolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die freiberufliche und inhabergeführte Apotheke erfolgt. Bei der konkreten Frage nach den geplanten Dienstleistungen verwies er auf die gescheiterten Verhandlungen und den ausstehenden Schiedsspruch. Einer Forderung nach einer auch nur stundenweise Vertretung durch eine PTA erteilte er eine klare Absage.

Der Geschäftsführer Recht der ABDA, Lutz Tisch, berichtete über Entwicklungen im Bereich Arzneimittel- und Apothekenrecht und über aktuelle Gesetzgebungsverfahren, die die ABDA intensiv begleitet. Das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) habe für die Apotheken bestimmte Dinge festgeschrieben wie die Botendienstgebühr, die Regelungen zu ­automatisierten Abgabestationen (§ 17 Abs. 1b ApBetrO) oder die Einführung von bezahlten pharmazeutischen Dienstleistungen. Allerdings berge das fehlende Rx-Versandverbot nach wie vor Risiken, auch auf europäischer Ebene.

Zum Vormerken

Die nächste Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) e. V. findet vom 9. Oktober bis 12. Oktober 2022 in Lübeck statt.

Alle Resolutionen und Berichte der Pharmazierätetagung 2021 können unter www.pharmazierat.de nachgelesen werden.

Die Zulässigkeit eines auch regional begrenzten Versandhandels und die genehmigungsfreie Aufstellung von Bestellboxen neben Rezeptsammel­stellen berge die Gefahr, dass die Arzneimittelversorgung auf eine reine Logistik reduziert werde mit einer Schwächung der Präsenzapotheke und ihrer Instrumente der Arzneimittelversorgung. Bei den Dienstleistungen als zukünftiges Standbein gelte es sich bewusst zu machen, dass diese nicht unbedingt apothekenpflichtig (apothekerpflichtig?) sein müssen. Pharmazeutische Dienstleistungen sollten auf jeden Fall an die öffentliche Apotheke vor Ort gebunden sein (siehe auch Resolution) und seien als Ergänzung der Haupttätigkeit „ordnungs­gemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung“ zu sehen und nicht als Ersatz. Auch bei der Frage nach der Durchführung von pharmazeutischen Dienstleistungen außerhalb der Apothekenbetriebsräume muss überlegt werden, ob es sich z. B. um eine an die Apotheke gebundene Leistung handelt oder wie die Aufsicht oder der Datenschutz gewährleistet ist (z. B. Home-Office). Es bestehe immer die Gefahr, dass diese Dienstleistungen auch andere, eventuell sogar fachfremde Personen anbieten bzw. von kapitalkräftigen Unternehmen vermarktet werden.

Grippeschutzimpfung und ­andere Dienstleistungen

Dr. Markus Reiz, Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand des Apothekerverbandes Nordrhein, referierte über das Pilotprojekt „Grippeschutzimpfung in Apotheken“. Andere Länder in Europa seien uns weit voraus und die Erfahrungen hätten gezeigt, dass die Apotheken die Impfquote der Bevölkerung deutlich erhöht und auch die Ärzte mehr geimpft hätten. Bei der Grippeschutzimpfung veranlasse der Apotheker eigenständig eine Leistung und rechne diese ab. Die digitale Unterstützung bei der Datenerhebung funktioniere ausgezeichnet. Die schon ausgewerteten Evaluationsergebnisse des Modellprojekts seien eindeutig als Erfolg zu werten. Die Grippeschutzimpfung in Apotheken sollte möglichst bald als Regelleistung für alle Versicherten eingeführt werden.

Vision für den Apotheker 2048

Einen zum Nachdenken anregenden Vortrag zum Thema „Apotheker 2048: pharmazeutischer Dienstleister oder Arzneimittel-Roboter“ hielt der Herausgeber der Deutschen Apotheker Zeitung und ehemalige Chefredakteur, Apotheker Peter Ditzel. Er zeigte die Entwicklung des Apothekerberufes ausgehend vom Edikt von Salerno bis jetzt. Daraus entwickelte er Ideen und Visionen für zukünftige Aufgaben des Apothekers und der Apotheke. Pharmazeutische Dienstleistungen sollten nur durch Vor-Ort-Apotheken möglich sein, z. B. Apps und Wearables in der Apotheke; 3-D-Drucker für eine patientenindividuelle Arzneimittelherstellung, Apotheker im „Sprechzimmer“ für alle Fragen zu AMTS und Arzneimittel, Impfen, Behandlung von Bagatellerkrankungen usw. Die Apotheken werden sich zukünftig unterschiedlich differenzieren.

Dr. Walter Taeschner, Lörrach, Mitglied im European Pharmacist Forum (EPF), berichtete, was in anderen Ländern Europas schon an bezahlten Dienstleistungen durch die Apotheken erbracht wird. Dr. Wolfgang Kircher, Peißenberg, betonte, dass die Adhärenzverbesserung einen weit größeren Einfluss auf die Verbesserung der Volksgesundheit habe als viele Therapieinnovationen. Wenn konventionelle Arzneimittel ergänzt werden durch Devices zum drahtlosen digitalen Monitoring, kann die Apotheke vor Ort die Einnahme und die korrekte Handhabung kontrollieren und gegebenenfalls intervenieren. |

Christian Bauer, Vorsitzender der APD

Herzlichen Dank

Die ausgezeichnete Vorbereitung der Tagung und des Rahmenprogramms, in Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleister und die Finanzen lagen beim Schatzmeister der APD, Dr. Walter Taeschner, in bewährten Händen. Ein herzliches Dankeschön dem Vorstand der APD, Kerstin Schack, Dr. Walter Taeschner, Marco Bubnick, Christian Züllich und den ehemaligen Vorstandsmitgliedern Dr. Ute Stapel und Dr. Wolfgang Kircher, für die Vorbereitung, Unterstützung und Durchführung der Tagung. Die APD bedankt sich für die freundliche Unterstützung der Tagung bei folgenden Firmen und Institutionen: ABDA, Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, Alliance Healthcare, Sanacorp, Deutscher Apotheker Verlag, Wepa und VSA.

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