Arzneimittel und Therapie

Fünf, sieben oder sogar zehn Jahre?

Wie lange bei Brustkrebs antihormonell behandelt werden sollte

Die optimale Dauer der Hormontherapie bei postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom ist bislang unbekannt. Bei den meisten Patientinnen werden fünf oder zehn Jahre gewählt. Einer neuen Studie zufolge liegt die günstigste Therapiedauer in der Mitte, nämlich bei sieben Jahren.

Brustkrebspatientinnen mit einem operablen Hormonrezeptor-positiven Karzinom haben in der Regel eine gute Prognose, und ihre Fünf-Jahres-Überlebensraten sind relativ hoch. Dennoch besteht über mindestens 20 Jahre nach der Diagnose ein erhöhtes Risiko für das Wiederauftreten der Erkrankung. Um die Wahrscheinlichkeit für ein Rezidiv zu reduzieren, werden antihormonelle Therapien eingesetzt. Gleichzeitig beeinträchtigen die auftretenden Nebenwirkungen – unter anderem Hitzewallungen, Arthralgien, Osteoporose, kognitive Beeinträchtigungen – häufig die Adhärenz. Um die Frauen nicht übermäßig zu strapazieren, kommt daher der optimalen Behandlungsdauer eine große Bedeutung zu. Wie lange die Hormontherapie idealerweise dauern sollte, wurde von einer österreichischen Arbeitsgruppe in einer breit angelegten prospektiven Phase-III-Studie (SALSA-Studie) analysiert. An ihr nahmen 3484 postmenopausale Hormonrezeptor-positive Patientinnen mit einem mittleren Rezidivrisiko teil. Alle Probandinnen waren ohne Rezidiv und hatten bereits fünf Jahre lang eine Hormontherapie erhalten (die eine Hälfte hatte Tamoxifen, die andere Hälfte Aromatase-Hemmer oder Tamoxifen plus Aromatase-Hemmer in Sequenz erhalten). 1 : 1 randomisiert erhielt die eine Gruppe weitere zwei Jahre eine Hormon­therapie mit dem Aromatasehemmer Anastrozol (Zwei-Jahres-Gruppe; n = 1603), die andere Gruppe weitere fünf Jahre (Fünf-Jahres-Gruppe; n = 1605). Der primäre Studienendpunkt war das krankheitsfreie Überleben. Sekundäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben, die Zeit bis zum Auftreten eines kontralateralen Mammakarzinoms, die Zeit bis zum Auftreten eines zweiten Primärkarzinoms und die Rate an klinischen Knochenbrüchen.

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Kein Unterschied im Gesamtüberleben ...

Nach einer Beobachtungszeit von circa zehn Jahren hatten in beiden Gruppen 20,9% der Patientinnen ein Rezidiv; 87% waren in beiden Gruppen noch am Leben. Bei diesen Endpunkten konnte also kein Unterschied festgestellt werden, und eine längere Therapie verbesserte die Resultate nicht zusätzlich. Keine Subgruppe von Patientinnen – definiert nach Alter, Tumorgröße und Befall von axillären Lymphknoten – zeigte einen statistisch signifikanten Vorteil für die längere Behandlung. Bei den meisten sekundären Endpunkten wurde bis auf eine Ausnahme (Knochenbrüche) kein Unterschied festgestellt.

... aber mehr Nebenwirkungen und schlechtere Adhärenz

80% der Patientinnen der Zwei-Jahres-Gruppe nahmen die Medikation konsequent bis zum zweiten Jahr ein; in der Fünf-Jahres-Gruppe waren es nur rund 67%. Wie zu erwarten war das Risiko für Knochenfrakturen in der Gruppe, die zusätzlich fünf Jahre mit Aromatase-Inhibitoren behandelt wurde, höher als unter der kürzer andauernden Therapie (6,3% versus 4,7%; Hazard Ratio: 1,35; 95%-Konfidenzintervall: 1,00 bis 1,84). Auch wurde häufiger mindestens eine schwerwiegende Nebenwirkung in der Fünf-Jahres-Gruppe (40,2%) als in der Zwei-Jahres-Gruppe (26,5%) beobachtet.

Mögliche Konsequenzen

Ein Editorial zu dieser Studie merkt an, dass nunmehr eine starke Evidenz vorliegt, bei Patientinnen mit geringem oder mittlerem Risiko eine Aromatasehemmer-Therapie nicht um fünf Jahre zu verlängern, da mit keinem weiteren Benefit zu rechnen ist. Hinzu kommt, dass dadurch unerwünschte Wirkungen verringert werden können. In der Praxis kann somit die Therapie ein Stück weit individualisiert werden und sich an dem Rezidivrisiko, der Verträglichkeit und der Präferenz der Patientin orientieren. |

Literatur

Gnant M et al. Duration of Adjuvant Aromatase-Inhibitor Therapy in Postmenopausal Breast Cancer. N Engl J Med 2021; 385:395-405

Goodwin, P. Extended Aromatase Inhibitors in Hormone-Receptor–Positive Breast Cancer. N Engl J Med 2021; 385:462-463

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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