Die Seite 3

Millionenschwerer Aktionismus

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist einfach ein Macher im Kampf gegen COVID-19! Schon im Frühjahr 2020 hat er in großem Stil Masken eingekauft, im Dezember brachte er die kostenlosen FFP2-Masken für die besonders gefährdeten Älteren auf den Weg. Impfstoffe, so sein Versprechen, wird es bis zum Sommer in diesem Jahr für alle geben. Schnelltests auf SARS-CoV-2 kann in Zukunft jeder jederzeit selbst durchführen, und kurzerhand hat er nun auch noch für 400 Millionen Euro 200.000 Dosen von den Antikörpern eingekauft, die Ex-Präsident Trump das Leben gerettet haben sollen.

Also alles im Lot? Leider mitnichten! Berechtigungsscheine für FFP2-Masken lassen immer noch auf sich warten. Impfungen können nicht wie geplant durchgeführt werden. Denn Biontech und Pfizer haben kurzerhand die zu­gesagten Liefermengen reduziert. Und auch die Firma AstraZeneca, die noch auf die bedingte EU-Zulassung für ihren Vektorimpfstoff wartet, hat schon einmal eine Kürzung der für die EU im ersten Quartal zugesagten 80 Millionen Dosen auf 31 Millionen angekündigt.

Der Unmut in der Lockdown-gebeutelten Bevölkerung wächst. Aber er wächst auch in den Apotheken. So ist der Ärger groß, dass pharmazeutisches Personal, das tagtäglich kranke Menschen berät und versorgt, wie alle im Einzelhandel Beschäftigten erst in Gruppe 3 geimpft werden soll. Ob das noch im Sommer sein wird, erscheint ausgesprochen unwahrscheinlich.

Derweil darf aber in den Apotheken aufgeklärt und gestritten werden über Preis, Sinn und Zweck von FFP2- und OP-Masken, gerne auch über Trage­dauer und Recycling. Und darüber, wann man denn nun endlich den Corona-Test für zu Hause erwerben darf und was eigentlich mit den in großem Stil ein­gekauften Antikörpern ist.

Nun, Corona-Selbsttests wird es wohl bald geben. Und ja, die Antikörper Bamlanivimab und Casirivimab/Imdevimab sollen auch zeitnah zur Ver­fügung stehen (s. S. 32), aber nur in Universitätskliniken für besonders gefährdete Infizierte im Frühstadium der Erkrankung. Eine EU-Zulassung für solche im Sinne einer passiven Immunisierung wirkenden Antikörper wurde noch nicht beantragt. In den USA gibt es dafür Notfallzulassungen, aber schon seit letztem Jahr. Warum jetzt also dieser Aktionismus?

Vielleicht weil Impfstoffe nicht so schnell zum Game Changer werden dürften wie angekündigt, die Stimmung angesichts der hohen (Todes-)Zahlen und immer neuer Corona-Mutanten zu kippen droht und alle auf erlösende Nachrichten warten. Doch auch die Antikörper werden das Ruder nicht rumreißen können. Darüber kann selbst der millionenschwere Aktionismus unseres Bundesgesundheits­ministers nicht hinwegtäuschen.

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