Arzneimittel und Therapie

Vor Hypoglykämien gefeit

Weniger Unterzuckerungen unter Calcium-Kanal-Blockern

mab | Schwere Hypoglykämien sind eine gefürchtete und schwere Nebenwirkung von Sulfonylharnstoffen und Gliniden. Beide Substanzklassen inhibieren ATP-abhängige Kalium-Kanäle und führen so zu einer Depolarisation der Betazellen des Pankreas. In Folge öffnen sich spannungsabhängige Calcium-Kanäle, Calcium strömt ein, und Insulin wird freigesetzt. Vorherige Fallberichte führten zur Annahme, dass die gleichzeitige Einnahme solcher Arzneistoffe mit Calcium-Kanal-Blockern das Risiko für Hypoglykämien senken kann, indem diese die Calcium-Kanäle inhibieren und so die Insulin-Sekretion beeinflussen. Diese Hypothese hat eine amerikanische Arbeitsgruppe in einer selbstkontrollierten Fallserie ausge­testet. Eingeschlossen wurden knapp 30.000 Typ-2-Diabetiker, die neben Insulin-sekretierenden Pharmaka (u. a. Glimepirid, Glibenclamid, Nateglinid, Repaglinid) auch mit einem Calcium-Kanal-­Blocker (u. a. Amlodipin, Diltiazem, Felodipin, Verapamil) therapiert wurden. Als Negativ-Kontrolle dienten 24.000 Patienten, die Metformin und (k)einen Calcium-Kanal-Blocker erhielten. Und tatsächlich: Bei gleichzeitiger Anwendung von Sulfonylharnstoffen und Gliniden mit Calcium-Kanal-­Inhibitoren war das Risiko für Hypoglykämien im Vergleich zur alleinigen Anwendung der Insulin-sekretierenden Pharmaka deutlich niedriger (adjustierte Risikoreduktion [aRR] von Glimepirid: 0,79; Glibenclamid: 0,81; Nateglinid: 0,74; Repaglinid 0,84). Da auch das Hypoglykämie­risiko unter Metformin und Calcium-Kanal-Blockern reduziert war (aRR: 0,91), gehen die Wissenschaftler davon aus, dass keine Interaktionen zwischen Sulfonylharnstoffen/Gliniden und den Calicum-Kanal-Blockern für den Effekt verantwortlich sind, sondern andere Mechanismen, die nun in weiteren Studien untersucht werden sollen. |

Literatur

Nam YE et al. Association Between Serious Hypoglycemia and Calcium-Channel Blockers Used Concomitantly With Insulin Secretagogues. JAMA Netw Open2021;4(9):e2124443. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.24443

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