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Auf hoher See

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

2021 war ein besonderer Deutscher Apothekertag. Die Hauptversammlung der Apothekerinnen und Apotheker ­tagte, nachdem sie im Vorjahr Corona-bedingt ausfallen musste, nach wie vor unter außergewöhnlichen Umständen: Von den 324 angemeldeten Delegierten waren 260 persönlich angereist und 64 virtuell zugeschaltet, Abstimmungen fanden damit zum ersten Mal rein digital statt, und eine Messe als Rahmenprogramm gab es nicht.

Nach dem unfreiwilligen Sabbatjahr galt es zudem, einiges Neues zu entdecken. So blickt die Apothekerschaft auf eine frische ABDA-Spitze und hat mit Gabriele Regina Overwiening endlich auch eine Kollegin als oberste Standesvertreterin. Hinzu kamen viele neue und vor allem junge Gesichter unter den Delegierten. Kurzum: Die zwei Tage in Düsseldorf vergingen für die meisten wohl so schnell wie im Flug, und niemand traute sich offenbar, die harmonische Stimmung beim großen Kennenlernen zu durchbrechen.

Doch Gelegenheiten für einen kritisch-konstruktiven Austausch hätte es zu Genüge gegeben. Zahlreiche Anträge lieferten die Vorlage für weitreichende Diskussionen, die zum Teil auch geführt wurden, aber viel zu schnell in Abstimmungen oder Ausschüssen mündeten (S. 58). Ob Approbationsordnung, ­Makelverbot, Abgrenzung der Telepharmazie zur Telemedizin, Verstetigung von Corona-Regeln, Vergütungsanpassung oder Dienstleistungen: Antworten auf drängende Fragen blieben sowohl die ABDA als auch der Bundesgesundheitsminister der Hauptversammlung schuldig. Und wenn Beschlüsse gefasst wurden, dann viel zu vage. Approbationsordnung ändern, aber wie? Mehr Honorar, aber wie?

Allein zu der zum Jahreswechsel angekündigten Einführung der E-Rezepte und pharmazeutischen Dienstleistungen verlangte man von den Verantwortlichen keine erhellenden Statements. Dabei wäre gerade der DAT – vor allem live und in Farbe – die beste Gelegenheit gewesen, solche Themen auf den Tisch zu bringen.

Unter finanziellem und personellem Aufwand haben sich die allermeisten Apotheken in den letzten Jahren an die Telematikinfrastruktur angeschlossen, um zum Stichtag, der nun immer wieder verschoben wird, für die Patienten und ihre E-Rezepte da zu sein. Gleiche Situation bei den pharmazeutischen Dienstleistungen: Der Apothekenklima-Index (AZ 2021, Nr. 39, S. 5) brachte überraschend zutage, dass vier von fünf Apotheken bereits Maßnahmen für die neuen Dienstleistungen planen, wie Fortbildungen, Investitionen, Per­sonalaufbau und Offizinumbau. Die ­ABDA attestiert der Branche eine „hohe Bereitschaft zu Vorbereitungen“ und schränkt gleichzeitig ein, dass „Leistungsinhalte noch nicht bekannt sind“. Nicht bekannt, weil sie nicht bekannt gegeben werden!

Die Apotheken befinden sich derzeit auf hoher See und schaukeln dem anstehenden Regierungswechsel sowie einer Zukunft entgegen, die der DAT 2021 auch nicht wirklich aufhellen konnte.

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