Die Seite 3

Eine Frage des Vertrauens

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

„Apotheken stellen keine Impfzertifikate wegen Sicherheitslücken mehr aus!“ Solche Schlagzeilen sorgten in der letzten Woche für große Verunsicherung und Unmut. Was war geschehen? Das „Handelsblatt“ hatte unter Berufung auf zwei IT-Experten öffentlich gemacht, dass es ein Leichtes sei, sich Zugang zu dem Portal des Deutschen Apothekerverbands (DAV) zu verschaffen und gefakte digitale COVID-19-Impfzertifikate auszustellen (s. S. 9). Der DAV hat daraufhin das Ausstellen der Zertifikate über sein Portal gestoppt – und es entbrannte eine Diskussion darüber, ob nicht die beiden IT-Experten, die Unterlagen gefälscht hatten und sich so unberechtigterweise Zugang verschafft haben, das Problem seien und angezeigt werden müssten. Denn wenn ein gefälschter Scheck eingelöst werde, schließe man ja auch nicht gleich die betroffene Bank.

Doch so einfach ist es nicht. Das Impfzertifikat ist ein digitaler Nachweis, auf den man sich verlassen können muss, jeglicher Zweifel an der Echtheit kann drastische Einschnitte beispielsweise für die Reisefreiheit bedeuten. Umso unverständlicher ist es, dass der DAV und das Bundesministerium für Gesundheit nicht umgehend auf erste Hinweise zu Sicherheitslücken reagiert haben. Verheerend, wenn es stimmt, dass mit dem Portal der Markt für gefälschte Impfzertifikate im Internet erst so richtig in Schwung gekommen ist (s. „IT-Sicherheitsexperten im Interview“ DAZ.online, 23.07.2021). Die Verantwortlichen haben so das Vertrauen in die Apotheken massiv erschüttert. Dabei werden viele Kundinnen und Kunden den Apotheken wirklich dankbar gewesen sein, dass hier schnell und unkompliziert das digitale Impfzertifikat ausgestellt werden konnte. Die Arztpraxen waren dazu nicht in der Lage, auf die Zusendung der Codes durch die Impfzentren musste man wochenlang warten.

Apotheken haben in der Pandemie immer wieder gezeigt, wie sie mit niederschwelligen Angeboten schnell helfen können. Solche Angebote sind mehr denn je gefragt. Jetzt, wo es genügend Impfstoff gibt, wird offenkundig, dass mit komplizierter digitaler Impfterminvergabe viele nicht erreicht werden, vielen ist es dann auch schlicht zu lästig, zu einem entfernt liegenden Impfzentrum zu fahren. Mobile Impfteams dorthin zu schicken, wo große Gruppen vor allem noch ungeimpfter junger Leute zusammenkommen, scheint das Gebot der Stunde. „Niederschwellige Angebote“ ist die Zauberformel. Denn, oh Wunder, im direkten persönlichen Gespräch kann man diejenigen, die Zweifel haben, besser erreichen und überzeugen als mit aufwendigen Werbekampagnen.

Solche Angebote machen Apotheken Tag für Tag, sie werden sie jetzt auch verstärkt im Rahmen von Modellprojekten für Grippeimpfungen machen (s. S. 44). Warum eigentlich nicht gleich auch für Coronaimpfungen? Ordnungsgemäße Lagerung und sichere Rekonstitution sind hier sicher besser zu gewährleisten als durch mobile Impfteams, die bei sommerlichen Temperaturen unter widrigen Bedingungen den Impfstoff an die Frau oder den Mann bringen sollen. Schnell kann hier mühsam erzeugtes Vertrauen in die Impfung wieder verspielt werden. Das darf gerade an dieser Stelle nicht auch noch passieren.

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