Die Seite 3

Friendly fire

Foto: DAZ/Alex Schelbert

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Die Verteilung der FFP2-Masken macht wieder einmal deutlich, in welcher Zwickmühle der Staat steckt: Einerseits muss er Risikogruppen vor den Auswirkungen der Corona-Pandemie bestmöglich schützen. Andererseits stellt sich die Frage, inwiefern die Bevölkerung selbst in Schutzausrüstung investieren soll. Fürsorgepflicht versus Eigenverantwortung – das Ergebnis ist auch hier ein Kompromiss. Die Anzahl der kostenlosen Masken pro Person ist begrenzt und deckt nicht wirklich den Bedarf. Wer es also ernst meint, wird sich zwangsläufig auf eigene Kosten mit mehr ausstatten müssen. Außerdem werden seit der zweiten Phase der Verteilaktion zwei Euro Eigenbeteiligung pro sechs Masken fällig. Sage und schreibe 33 Cent je Exemplar sollen „zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme beitragen“ – welche Art von Selbstdisziplin wird eigentlich durch diesen Kleckerbetrag gefördert?

Es liegt mal wieder an den Apotheken zu vermitteln und zu erklären, weshalb auch zuzahlungsbefreite Ver­sicherte hierbei zur Kasse gebeten werden. Gleichzeitig hat das Bundes­gesundheitsministerium die Regelung so unscharf formuliert, dass sich nicht wenige Apotheken ermuntert fühlen, mit Rabattaktionen um die Gunst der Bedarfsberechtigten zu werben. Eine Eigenbeteiligung sei eben keine Zuzahlung und dürfe den Kunden somit er­lassen werden – diese Auffassung hat sich inzwischen verbreitet. ABDA, Kammern und Verbände appellieren verzweifelt an ihre Mitglieder, die Masken-Voucher nicht für Marketingzwecke zu missbrauchen. Denn es droht ein fatales Signal an Politik und Gesellschaft: Apotheken als Ramschläden, in denen allein der Preis zählt und die es sich betriebswirtschaftlich offenbar leisten können, eine staatlich definierte Vergütung mit Preisnachlässen auszureizen.

Dabei geht es längst nicht mehr nur noch um das Einziehen oder Erlassen der zwei Euro. Es gibt Apotheken und Versender, die zusätzliche Gratismasken versprechen, Einkaufsgutscheine ausstellen sowie Wert- und Sachgeschenke anbieten. Aus Schleswig-Holstein ist jüngst sogar eine Kooperation zwischen einer Apotheke und einem Zeitungsverlag bekanntgeworden: 16 FFP2-Masken gibt es dort für die Leserinnen und Leser direkt nach Hause plus weitere Präsente – einfach die Vouchers unter dem Stichwort „Maske“ an die angegebene Postfach-Adresse einsenden. Damit werden ohne Not völlig neue Kreise in eine bisher orginäre Aufgabe der Apotheken einbezogen.

Wenn man realisiert, dass die Corona-Krise den meisten Apotheken im vergangenen Jahr rückläufige Kunden­zahlen beschert hat und dass jede sechste Apotheke durch die Insolvenz des Rechenzentrums AvP in finanzielle Schwierigkeiten bzw. Existenznöte geraten ist, dann grenzt es schon an Schizophrenie, dass zahlreiche Betriebe jetzt mit Maskenrabatten und Boni nur so um sich werfen. Wie soll sich unter diesem Eindruck überhaupt noch vermitteln lassen, weshalb nach wie vor eine Honorardynamisierung notwendig ist, inwiefern feste Arzneimittelpreise die flächendeckende Versorgung sichern und dass die in Aussicht stehende Vergütung für die pharmazeutischen Dienstleistungen kein Ausgangspunkt für Rabatte sein darf? Das Marketingfeuerwerk entpuppt sich bei näherer Betrachtung als gefährliches „Friendly fire“.

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